Blood Sun
jetzt mit Essen, Wasser und einem Lederrucksack ausgestattet, den eine der Frauen gemacht hatte. Ein gebogenes Panga-Messer, das sich, wie er von Flint gelernt hatte, zum Zerteilen des Laubwerks besser eignete als jede Machete, hatte er in einem Schaft sicher am Gürtel befestigt. Das Wichtigste aber, um in der feindlichen Gegend zu überleben, war laut Flint eine Spezialwaffe: ein kleiner blauer Frosch.
Orsino Flint ging auf Zehenspitzen und berührte dabei kaum den Boden. Plötzlich schnellte seine Hand vo r – flink wie eine Schlang e – und fing das kleine Tier. Er winkte Max zu sich und zog einen schmalen Holzpfeil über die Haut des Froschs. Dasselbe tat er mit vier weiteren Pfeilen.
»Das ist ein Nervengift. Die Pfeile schießt du mit einem Blasrohr. Ein Tier bringst du damit zur Strecke, einen Menschen lähmst du zumindest für eine Weile. Umbringen kannst du ihn damit nicht, aber für ein paar Stunden außer Gefecht setzen. Sei vorsichtig, wenn du das Blasrohr benutzt.«
Er reichte Max die Pfeile, der sie in ein ausgehöhltes Rundholz steckte, das speziell für den Transport solcher Waffen vorgesehen war.
Über die verschiedenen Gifte, die eingeborene Völker verwendeten, wusste Max einiges aus der Zeit, die er in Afrika mit dem Sohn eines Buschmannes verbracht hatte. Er schob sich das Rundholz in den Gürtel; das ein Meter lange Blasrohr hatte er sich bereits mit einer dünnen Schnur um den Rücken geschlungen. Zuletzt hielt Flint ihm vier kleine Stoffbündel mit Kräutern hin.
»Das ist Tres Puntas «, erklärte er Max und öffnete eins der Päckchen. »Man streut dieses Pulver auf wunde Stellen. Wie schlimm eine Entzündung werden kann, weißt du ja schon. Und das hier«, er machte das nächste Bündel auf, »nimmst du, wenn du verletzt bist.«
Max hielt die Nase dicht über die zerstoßenen Blätter. Es war eine Mischung diverser schwacher Gerüche. »Was ist das?«
»Roter Klee und Ringelblume mit Basilikum und Amarant. Damit haben wir auch deine Schulter verarztet, erinnerst du dich?«
Max nickte. Im Dschungel konnte man alles finden, was man zum Überleben benötigte, wenn man wusste, wo man suchen musste. Aber es gab auch vieles, was einem schaden konnte, wenn man es nicht kannte.
»Also gut, lass uns aufbrechen«, sagte Flint.
Es war eine wilde Bootsfahrt. Der riesige Propeller trieb sie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit vorwärts. Xavier war nichts anderes übrig geblieben, als Max zu begleite n – Flint wollte ihn nicht länger im Dorf haben. Anfangs hatte Xavier noch vor Aufregung gekreischt, wenn Flint mit plötzlichen Schwenks den Biegungen des Flusses gefolgt und über weite Flächen grüner Wasserpflanzen gejagt war. Aber dann hatte dieser noch mehr Gas gegeben und ihnen gezeigt, was schnell sein auf einem schmalen, gewundenen Fluss, der mit jedem Kilometer enger wurde, wirklich bedeutete. Xavier war verstummt, hatte sich an den Handlauf geklammert und manchmal sogar die Augen zugemacht.
Max blickte unverwandt auf den Fluss. Er erkannte jedes Mal bereits kurz vorher die Stelle, die Flint im nächsten Augenblick ansteuern würde. Sah in Sekundenbruchteilen voraus, wo das Boot sinken und ihre Fahrt enden konnte.
Doch Flint kannte jedes Flüsschen und all seine Seitenarme. Er war im Dschungel genauso zu Hause wie der Jaguar.
Der Fluss verengte sich und war schließlich fast nur noch ein seichter Bach. Die Bäume über ihnen bildeten einen kühlen, schattigen Tunnel. Der Motor wurde langsamer und dann kam der große Ventilator allmählich zum Stillstand. Sie waren fast fünf Stunden unterwegs gewesen, und als der Lärm abbrach, konnten sie auch wieder die Vögel hören.
Flint ließ das Boot auf eine Schlammbank gleiten. »Hier gibt es keine Krokodile. Dafür sind wir zu weit stromaufwärts. Gebt aber acht auf Schlangen und Spinnen.«
Endlich stand das Boot still. Xavier zitterten die Knie von der rasanten Fahrt. Daher musste Max ihn beim Aussteigen stützen. Nachdem Flint das Boot an einem Baum vertäut hatte, ging er schnurstracks in den Wald. Max und Xavier folgten ihm. Auf dem steilen, matschigen Ufer war das Gehen mühsam, aber Max war sich sicher, dass dies noch der einfachste Teil der Strecke war.
Nach zwanzig Minute n – sie waren schweißüberströmt und ihre Lungen schmerzten vor Anstrengun g – hielt Flint an und ging in die Hocke. Xavier, den Max die letzten Meter hatte hochziehen müssen, stürzte das Wasser hinunter, das Flint ihm anbot. Nachdem alle
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