Blood Target: Thriller (German Edition)
wollte nicht schon wieder ein Blutbad im Zentrum einer Hauptstadt verursachen. Es war besser, einer Bedrohung auszuweichen, als sie zu neutralisieren.
Er musste irgendwo hineingehen, irgendwohin, wo sie nicht alle nachkommen konnten. In der Nähe gab es zahlreiche Bars und Cafés. Nicht schlecht, aber er suchte nach etwas, wo es weniger lebhaft zuging.
Er sah das schwarz-goldene Schild, und ihm war sofort klar, dass er gefunden hatte, wonach er suchte.
Kapitel 7
Victor wusste nicht genau, worin der Unterschied zwischen einer Tabledance-Bar und einem Striptease-Lokal bestand, aber das Etablissement, das er jetzt betrat, firmierte unter der ersteren Bezeichnung. Ein Schrank von Türsteher nahm ihn in Empfang und brachte ihn zu einem Kassenschalter. Dort bezahlte er bei einer älteren Frau den Eintritt und bekam einen kleinen Vortrag zum Thema Benimm-Regeln, der mit den Worten endete: »Auf gar keinen Fall anfassen!«
Er nickte und gelangte über ein paar breite Treppenstufen hinunter in den Hauptraum. Jetzt, am frühen Nachmittag, waren kaum Gäste da, und darum auch kaum Tänzerinnen. Die sehr überschaubare Personenzahl war ideal für Victors Zwecke.
Zu seiner Rechten zog sich ein breiter Tresen fast über die gesamte Länge des Raums. Er war mit einem Barkeeper besetzt, der sich die Zeit damit vertrieb, ein paar Tricks mit dem Cocktail-Shaker zu üben. Links befanden sich ein paar Türen. Sie führten zu den Toiletten oder trugen die Aufschrift NUR FÜR MITARBEITER . Dominiert wurde der Raum von einer U-förmigen Bühne mit insgesamt fünf, in gleichen Abständen montierten Stangen. Eine einsame Tänzerin bewegte sich zu der für solche Läden typischen, elektronischen Musik. Neun Männer saßen verteilt um die Bühne, so weit wie möglich voneinander entfernt, und starrten gebannt auf ihre lustlos-routinierten Verrenkungen. Dass in ihrem Gesicht nichts als gelangweilte Leere zu sehen war, schienen die Männer entweder nicht zu bemerken, oder es war ihnen egal. Am hinteren Ende war ein Torbogen zu erkennen, der in einen ultraviolett schimmernden Korridor führte. Dort irgendwo mussten die Räume für die privaten Vorführungen sein.
Außer den Plätzen direkt an der Bühne standen ein Dutzend runder Tische im Raum verteilt, jeder mit vier Stühlen. Vier Tische waren mit jeweils einem einzelnen Mann besetzt, ebenfalls mit möglichst viel Abstand zu den anderen. Drei von ihnen hatten Besuch von einer Tänzerin.
Die Musik war relativ leise, schließlich ließen sich Männer eher dazu überreden, sich von ihrem Geld zu trennen, wenn sie etwas hören konnten. Die Stühle waren mit einem Leopardenfell-Imitat bezogen, und an den Wänden hingen riesige Fotos von nackten Frauen in aufwendigen, vergoldeten Rahmen. Die schummerige Beleuchtung sollte eine verführerische Atmosphäre schaffen und gleichzeitig eventuelle Unzulänglichkeiten der Tänzerinnen verbergen. Anscheinend wollte man hier die Illusion eines niveauvollen Etablissements erzeugen, aber ein Klub, in dem Männer dafür bezahlen, dass Frauen sich ausziehen, wird mit dem Niveau vermutlich immer seine Mühe haben.
Victor war klar, dass er ein wenig deplatziert wirkte. Männer, die Anzüge trugen, waren um diese Zeit bei der Arbeit. Und Männer, die um zwei Uhr nachmittags in einem Striplokal saßen, konnten nicht einmal zwischen Einreiher und Zweireiher unterscheiden. Wenn er gewusst hätte, dass es ihn hierher verschlagen würde, er hätte sich ein bisschen unauffälliger gekleidet. Aber letztendlich spielte das keine Rolle. Diejenigen, die schon hier drinsaßen, brauchte er nicht davon zu überzeugen, dass er hier am richtigen Ort war.
Der Barkeeper sah aus, als dürfte er erst seit Kurzem selbst Alkohol konsumieren, aber auf Victors Bitte um ein Glas Orangensaft antwortete er mit einer Stimme wie ein Grizzlybär.
Vom Tresen aus war der Eingang nicht zu sehen. Er wollte seinen Verfolgern nicht auf die Nase binden, dass er wachsam war. Er wusste auch so, dass er beschattet wurde. Bei seiner Ankunft waren genau vierzehn Männer hier gewesen – neun entlang der Bühne, vier an den Tischen sowie der Barkeeper –, und auf keinem der leeren Tische stand ein Glas, das einem fünfzehnten gehören konnte, der vielleicht gerade auf der Toilette war oder sich eine Privatvorstellung genehmigte.
Er bezahlte seinen Orangensaft und setzte sich mit dem Glas an einen Tisch an der Rückwand. Von dort hatte er den Raum genau im Blick. Das war eine Grundregel, und
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