Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
ich dich einladen, um es wieder gutzumachen?«, bat ich. »Du tust immer alles. Zur Abwechslung regle ich das mal. Das Abendessen geht auf mich, und ich hole dich sogar ab.«
»In dem Subaru?«
Ich überhörte die Geringschätzung. »Bist du dabei oder nicht?«
Er war dabei. Wir trafen die notwendigen Verabredungen, und als ich auflegte, fühlte ich mich erheblich besser. Brayden war nicht sauer. Adrians Besuch hatte meine zarte, aufkeimende Beziehung also nicht verdorben. Alles war wieder im Lot – zumindest für mich.
Ich war an dem Tag nach dem Ball allein geblieben, weil ich Arbeit nachholen und dabei nicht in Stress geraten wollte. Am Montagmorgen begann die neue Schulwoche, business as usual. Eddie ging zur gleichen Zeit in die Cafeteria des Ostgebäudes wie ich, und wir warteten zusammen in der Schlange bei der Essensausgabe. Er wollte etwas über Adrians Besuch beim Ball wissen, und ich gab ihm eine polierte Version des Abends und sagte lediglich, dass Adrian betrunken gewesen sei und ich ihn hätte nach Hause bringen müssen. Unerwähnt ließ ich meine Rolle, wie es dazu gekommen war, dass sich die Königin für ihn eingesetzt hatte, oder die Bemerkung: »Du bist das schönste Geschöpf, das ich je auf dieser Erde habe wandeln sehen«. Und ganz gewiss ließ ich unerwähnt, wie mir zumute gewesen war, als Adrian mich berührt hatte.
Eddie und ich gingen zu den Tischen hinüber und trafen dort auf Angeline, die sich – ungewöhnlicherweise – bemühte, Jill etwas aufzuheitern. Normalerweise hätte ich Angeline für das, was sie beim Ball getan hatte, Vorhaltungen gemacht, aber es war ja kein Schaden entstanden … diesmal nicht. Außerdem lenkte mich Jill zu sehr ab. Wenn sie niedergeschlagen war, ging ich inzwischen sofort davon aus, dass mit Adrian etwas nicht stimmte. Eddie ergriff jedoch das Wort, bevor ich es tun konnte, denn er hatte etwas bemerkt, das mir nicht aufgefallen war.
»Kein Micah?«, fragte er. »Er ist vor mir zum Wohnheim raus. Darum hatte ich gedacht, er wäre vor mir hier.«
»Musstest du unbedingt fragen?« Angeline verzog das Gesicht. »Sie haben sich gestritten.«
Ich schwöre, Eddie wirkte jetzt erregter als Jill. »Was? Davon hat er nichts gesagt. Was ist passiert? Ihr beide habt am Samstag den Eindruck gemacht, als würdet ihr euch prächtig amüsieren.«
Jill nickte trübselig, schaute aber nicht von ihrer unberührten Mahlzeit auf. Ich konnte gerade so eben noch Tränen in ihren Augen erkennen. »Ja. Wir haben uns so sehr amüsiert, dass er tatsächlich gestern mit mir geredet und gefragt hat … nun, er hat gefragt, ob ich Thanksgiving mit seiner Familie verbringen wolle. Sie stammen aus Pasadena. Er war der Ansicht, er könne entweder die Genehmigung seitens der Schule bekommen oder mit euch reden.«
»Das klingt nicht weiter schlimm«, meinte Eddie vorsichtig.
»Thanksgiving mit seiner Familie ist eine ernste Angelegenheit! Es ist das eine, wenn wir hier zusammen rumhängen, aber wenn wir anfangen, das auszudehnen … wenn wir außerhalb der Schule gemeinsam auftreten … « Sie seufzte. »Es geht zu schnell. Wie lange würde ich verbergen können, was ich bin? Und selbst wenn das kein Thema wäre, ist es ohnehin nicht sicher. Schließlich bin ich einzig und allein hier, weil es eine sichere, kontrollierte Umgebung ist. Ich kann nicht einfach so verschwinden und Fremde kennenlernen.«
Es war ein weiterer Fortschritt, dass sie die Probleme einer beiläufigen Beziehung mit Micah akzeptierte. Ich gab einen neutralen Kommentar ab. »Hört sich an, als hättest du viel darüber nachgedacht.«
Jill sah scharf auf, beinahe so, als habe sie meine Anwesenheit nicht einmal wahrgenommen. »Ja. Das habe ich.« Sie musterte mich einige Sekunden lang, während ihr bekümmerter Ausdruck unerklärlicherweise weicher wurde. Sie lächelte. »Du siehst heute wirklich hübsch aus, Sydney. Wie das Licht auf dich fällt … es ist irgendwie umwerfend.«
»Ähm, danke«, sagte ich unsicher, weil ich nicht wusste, was diese Bemerkung ausgelöst hatte. Ich war ziemlich fest davon überzeugt, dass heute nichts Bemerkenswertes an mir war. Haar und Make-up waren wie immer, außerdem hatte ich vorhin eine weiße Bluse und einen karierten Rock der Schuluniform ausgewählt. Ich musste die Farborgie des vergangenen Wochenendes wieder wettmachen.
»Und der burgunderfarbene Besatz in deiner Bluse betont wirklich das Bernstein in deinen Augen«, fuhr Jill fort. »Er ist nicht so gut wie das
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