Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
Erinnerung. »Nicht, dass ich anschließend dort geblieben wäre. Ich habe Lee genommen und bin weg. Damals sind wir für eine Weile nach Los Angeles gezogen.«
»Dieser Marcus«, warf ich ein. »War er ein Wächter?«
»Ein Mensch. Er muss damals ungefähr in Ihrem Alter gewesen sein. Er wusste alles über die Jäger.«
»Davon gehe ich aus, wenn er sich mit ihnen in Verbindung gesetzt hat«, sagte Dimitri. »Aber er muss auch den Moroi freundlich gesinnt sein, wenn er Ihnen geholfen hat.«
»Oh ja«, bestätigte Clarence. »Sogar sehr freundlich.«
Dimitri sah mich an. »Meinen Sie … «
»Ja«, sagte ich, da ich seine Frage erriet. »Ich stelle fest, ob wir diesen Marcus finden können. Es wäre schön, eine Informationsquelle zu bekommen, die nicht mit diesen verrückten Kriegern identisch ist. Natürlich werde ich das alles auch melden.«
»Ich ebenfalls«, sagte Dimitri.
Obwohl Clarence kein solcher Experte für die Jäger war wie anscheinend dieser mysteriöse Marcus, hatte der alte Moroi doch überraschend viele Informationen für uns – Informationen, die bisher keiner von uns hatte hören wollen. Er bestätigte, was wir bereits hinsichtlich der »Hingabe an das Licht« der Jäger geschlussfolgert hatten. Die Gruppe konzentrierte sich (im Augenblick) auf Strigoi, und all ihre Hetzjagden waren sorgfältig geplant und organisiert. Sie hatten bestimmte ritualisierte Verhaltensweisen, insbesondere hinsichtlich ihrer jüngeren Mitglieder – deshalb war auch der aggressiven Gruppe, die Clarence bedrängt hatte, in ihrem Tun Einhalt geboten worden. Soweit Clarence es mitbekommen hatte, verhielt sich die Gruppe ihren neuen Rekruten gegenüber ziemlich hart und legte sehr viel Wert auf Disziplin und hervorragende Qualität.
Da die Uhr für Angelines Schonfrist gnadenlos ablief, mussten wir kurz darauf Schluss machen. Außerdem war ich dafür zuständig, Adrian nach Hause zu bringen, da wir es für das Beste hielten, jede Möglichkeit auszuschließen, dass jemand Dimitri bis zu Clarence zurückverfolgte. Darüber hinaus erkannte ich, dass Dimitri schon darauf brannte, gewisse Dinge in Gang zu setzen. Er wollte Sonyas Abreise vorbereiten und sich außerdem mit den Wächtern beraten – falls man Jill an einen anderen Ort bringen musste. Ihr Gesicht spiegelte wider, was ich im Hinblick auf den möglichen Ausgang dieser Beratung empfand. Wir hingen inzwischen beide an der Amberwood.
Während er Eddie noch auf die letzte Minute einige Anweisungen gab, nahm ich Sonya für ein leises Wort beiseite. »Ich … ich habe über etwas nachgedacht«, sagte ich.
Sie musterte mich eingehend und deutete dabei wahrscheinlich meine Aura und andere Aspekte meiner Körpersprache. »Worüber denn?«, fragte sie.
»Wenn Sie wollen … wenn Sie wirklich wollen, können Sie etwas von meinem Blut haben.«
Es war ein riesiges, riesiges Zugeständnis. Wollte ich das tun? Nein. Absolut nicht. Ich spürte immer noch die gleichen instinktiven Ängste, wenn es darum ging, Moroi mein Blut zu geben, selbst für wissenschaftliche Zwecke. Und doch hatten mich die Ereignisse des vergangenen Tages – und selbst der Überfall in der Gasse – allmählich dazu veranlasst, meine Weltsicht neu zu analysieren. Vampire waren nicht die einzigen Ungeheuer da draußen. Eigentlich waren sie überhaupt kaum als Ungeheuer zu bezeichnen, am wenigsten im Vergleich zu diesen Vampirjägern. Wie konnte ich einen Feind anhand der Rasse beurteilen? Mehr und mehr wurde ich daran erinnert, dass Menschen genauso wie Vampire zu Bösem fähig waren – und Vampire zu Gutem. Es waren Taten, die zählten, und Sonyas und Dimitris Taten waren edel. Sie kämpften für die Vernichtung des absolut Bösen, und so zimperlich ich bei dem Gedanken war, mein Blut zu geben, so groß war meine Gewissheit, dass es richtig war, ihnen zu helfen.
Sonya wusste genau, welches Opfer ich damit brachte. Ihr Gesicht blieb ruhig – keine Freudenschreie – , dann nickte sie ernst. »Ich habe meine Utensilien hier. Wenn Sie sich tatsächlich sicher sind, kann ich eine Blutprobe nehmen, bevor Sie aufbrechen.«
So rasch? Na ja, warum nicht. Es war das Beste, es hinter mich zu bringen – vor allem, wenn Sonya die Stadt ohnehin bald verlassen würde. Wir gingen in die Küche, wo die hygienischen Verhältnisse eine Spur besser zu sein schienen als im Wohnzimmer. Sonya war keine Ärztin, aber worin ihre Ausbildung auch bestanden hatte, sie verhielt sich genauso, wie ich es bei ärztlichen
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