Bloodlines: Die goldene Lilie (German Edition)
erwiderte ich, obwohl ich wirklich nicht so genau wusste, was es wohl nach sich ziehen mochte. »Nur zu. Ich warte.«
Sonya sah sich um und bemerkte anscheinend, dass ich nicht die Einzige war, die müde wirkte. »Vielleicht sollten wir zuerst was essen.« Bei diesen Worten hellte sich Eddies Miene auf.
»Ich werde gehen«, erbot ich mich. Es war ein Zeichen für meine Fortschritte, dass ich nicht mehr hyperventilierte, wenn Vampire von »Essen« sprachen. Ich wusste, dass sie kein Blut meinte, wenn die Dhampire und ich mit dabei waren. Außerdem gab es keinen Spender in der Nähe. Spender waren Menschen, die Moroi freiwillig Blut zur Verfügung stellten, weil sie davon high wurden. Alle hier wussten zu gut Bescheid und scherzten in meiner Nähe nicht darüber. »Einige Blocks entfernt gibt es ein gutes Thai-Restaurant, da bekommt man was zum Mitnehmen.«
»Ich werde helfen«, erklärte Adrian eifrig.
»Ich werde helfen«, sagte Sonya. »Als Sie das letzte Mal Besorgungen gemacht haben, waren Sie stundenlang weg.« Adrian runzelte finster die Stirn, stellte die Beschuldigung jedoch nicht in Abrede. »Unsere Aura-Beobachtungen waren ohnehin identisch. Sie können mit den Geräuschen ohne mich anfangen.«
Sonya und ich nahmen die Bestellungen auf und machten uns auf den Weg. Eigentlich hatte ich das Gefühl, auch ohne Hilfe zurande zu kommen, aber es konnte wohl ein wenig schwierig werden, Essen für fünf Personen zu transportieren – und sei es auch nur einige Häuserblocks weit. Ich erfuhr jedoch bald, dass sie auch noch andere Gründe hatte, mich zu begleiten.
»Es tut gut, nach draußen zu kommen und mir die Beine zu vertreten«, bemerkte sie. Es war früher Abend, mit erheblich weniger Sonne und Hitze – was den Moroi sehr entgegenkam. Wir gingen durch eine Nebenstraße, die ins Stadtzentrum führte und mit hübschen Wohnhäusern und kleinen Geschäften gesäumt war. Überall um uns herum ragten riesige Palmen auf und boten einen reizvollen Kontrast zu dem sonst sehr uneinheitlichen Stadtbild. »Ich war den ganzen Tag über dort oben eingepfercht.«
Ich lächelte sie an. »Und da dachte ich, Adrian sei der Einzige, der bei eurer Arbeit den Rappel bekommt.«
»Er beklagt sich nur am meisten«, erklärte sie. »Was irgendwie komisch ist, da er wegen seiner Kurse und Zigarettenpausen wahrscheinlich sogar am meisten rauskommt.« Ich hatte die beiden Kunstkurse, die Adrian am hiesigen College belegte, fast vergessen gehabt. Normalerweise stellte er seine jüngsten Projekte zur Schau, aber in letzter Zeit war nichts in seinem Wohnzimmer aufgetaucht. Bis zu diesem Zeitpunkt war mir gar nicht bewusst gewesen, dass ich seine Arbeiten sehr vermisste. Manchmal waren diese künstlerischen Einblicke in seine Denkungsart äußerst faszinierend.
Auf dem kurzen Weg zu dem Thai-Restaurant gab mir Sonya eine kurze Zusammenfassung ihrer Hochzeitspläne. Ihre Beziehung zu dem Dhampir Mikhail Tanner machte auf vielen Ebenen einen irgendwie heroischen Eindruck. Zunächst einmal gingen Dhampire und Moroi im Allgemeinen keine ernsten Beziehungen ein. Normalerweise verbanden sie nur beiläufige Affären, die in der Reproduktion weiterer Dhampire mündeten. Über den Skandal hinaus, den es schon bedeutete, auch nur eine Beziehung zu haben, hatte Mikhail tatsächlich Sonya zur Strecke bringen wollen, als sie noch eine Strigoi gewesen war, um sie aus diesem entsetzlichen Zustand zu befreien. Rose hatte das Gleiche mit Dimitri versucht, weil sie glaubte, der Tod sei nicht so schlimm wie das Dasein als Strigoi. Mikhail war zwar gescheitert, aber ihre Liebe war während des Martyriums stark genug geblieben, so dass sie, nachdem Sonya allen Aussichten zum Trotz wieder zur Moroi geworden war, sofort wieder zusammengekommen waren. Ich konnte mir eine solche Liebe nicht einmal ansatzweise vorstellen.
»Wir überlegen immer noch wegen der Blumen«, fuhr sie fort. »Hortensien oder Lilien. Ich glaube zu wissen, wofür Sie sich entscheiden würden.«
»Tatsächlich würde ich mich für Hortensien entscheiden. Ich habe schon viel zu viele Lilien in meiner Umgebung.«
Darüber lachte sie und kniete sich plötzlich vor ein Blumenbeet voller Gladiolen. »Mehr als Sie wissen. In diesem Beet schlafen Lilien.«
»Das ist die falsche Jahreszeit«, bemerkte ich.
»Für nichts ist jemals die falsche Jahreszeit.« Sonya sah sich verstohlen um und legte dann die Finger auf die Erde. Augenblicke später erschienen dunkelgrüne Setzlinge und wurden
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