Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
nach Kinofilmen gefragt.«
Sie lachte so heftig, dass sie sich eine Träne wegwischen musste. »Damit er herausfinden konnte, was du dir gern ansehen würdest, um dich dann dazu einzuladen!«
»Na … aber, warum hat er das nicht einfach gesagt?«
»Du bist so zauberhaft ahnungslos«, erwiderte sie. »Hoffentlich bin ich an dem Tag in der Nähe, wenn du tatsächlich bemerkst, dass sich jemand für dich interessiert.« Nach wie vor stand ich vor einem Rätsel, und sie kicherte während der restlichen Unterrichtsstunde immer wieder ganz plötzlich los.
Während ich zu einem Subjekt der Faszination wurde, befand sich Jills Beliebtheit auf dem absteigenden Ast. Zum Teil war ihre Schüchternheit daran schuld. Sie war immer so gehemmt und machte sich solche Sorgen, weil sie so anders war, dass sie davon ausging, auch alle anderen würden ihre Andersartigkeit wahrnehmen. Sie hielt sich aus Furcht von den Leuten fern, weswegen sie hochmütig erschien. Was alles überraschenderweise noch verschlimmerte, war, dass Jills ärztliches Attest von den Alchemisten angekommen war. Die Schule wollte ihr kein anderes Wahlfach zuweisen, dessen Kurs bereits begonnen hatte. Anfänger durften nicht als Lehrerhilfen arbeiten – wie Trey es tat. Nach einer Beratung mit Ms Carson war man schließlich zu dem Schluss gekommen, dass Jill an allen sportlichen Aktivitäten teilnehmen würde, die im Haus stattfanden, jedoch andere Aufgaben erledigte, wenn wir draußen waren. Das bedeutete normalerweise, dass sie Berichte über so etwas wie die Geschichte des Softballs schreiben musste. Leider isolierte sich Jill dadurch, dass sie die halbe Zeit nicht am Sportunterricht teilnahm, nur umso mehr.
Micah war nach wie vor in sie vernarrt, trotz aller Widrigkeiten.
»Lee hat mir heute Morgen eine SMS geschickt«, erzählte sie mir eines Tages beim Mittagessen. »Er will mich am Wochenende zum Abendessen ausführen. Glaubst du … ich meine, ich weiß, ihr müsstet eigentlich auch mitkommen … « Unsicher blickte sie zwischen Eddie und mir hin und her.
»Wer ist Lee?«, fragte Micah. Er hatte sich gerade zu uns gesetzt.
Einige Sekunden lang herrschte verlegenes Schweigen. »Oh«, sagte Jill und wandte den Blick ab. »Er ist dieser, ähm, Junge, den wir kennen. Er ist nicht auf dieser Schule, sondern geht aufs College. In Los Angeles.«
Micah verarbeitete diese Informationen. »Er hat dich um ein Date gebeten?«
»Ja … tatsächlich sind wir auch schon mal ausgegangen. Ich schätze, irgendwie kann man das, na ja, Dates nennen.«
»Aber es ist nichts Ernstes«, meldete sich Eddie zu Wort. Ich war mir nicht sicher, ob er das aus Rücksicht auf Micahs Gefühle sagte oder ob es seinem Beschützerinstinkt entsprang, weil er verhindern wollte, dass Jill irgendjemandem zu nahe kam.
Micah war ziemlich gut darin, seine Gefühle zu verbergen, das musste ich ihm lassen. Nach kurzer Bedenkzeit schenkte er Jill schließlich ein Lächeln, das allerdings ein klein wenig gezwungen wirkte. »Na ja, das ist toll. Hoffentlich lerne ich ihn mal kennen.« Danach wandte sich das Gespräch wieder dem bevorstehenden Footballspiel zu, und niemand sprach noch einmal von Lee.
Nachdem er von Lee erfahren hatte, veränderte sich Micahs Verhalten Jill gegenüber, aber er hing trotzdem noch die ganze Zeit mit uns herum. Vielleicht hoffte er, dass Jill und Lee sich trennten. Oder es lag einfach daran, dass Micah und Eddie viel Zeit miteinander verbrachten, und Eddie war einer von Jills wenigen Freunden. Aber das Problem war nicht Micah. Es war Laurel.
Ich glaubte nicht, dass Micah sich für Laurel interessiert hätte, selbst wenn Jill nicht im Spiel gewesen wäre. Aber Laurel betrachtete Jill trotzdem als Bedrohung – und gab sich alle Mühe, ihr das Leben schwer zu machen. Sie streute Gerüchte über sie aus und machte in den Fluren und während des Unterrichts spitze Bemerkungen über Jills helle Haut, ihre Größe und ihr mageres Erscheinungsbild – Jills größte Unsicherheiten.
Ein- oder zweimal hörte ich, wie in den Fluren Vampirmädchen geflüstert wurde. Dann gefror mir jedes Mal das Blut in den Adern, ganz gleich, wie oft ich mir auch ins Gedächtnis rief, dass es ein Scherz war.
»Jill ist nicht das, was Laurel und Micah voneinander fernhält«, bemerkte ich eines Tages zu Julia und Kristin. Meine fortgesetzten Bemühungen, Logik und Vernunft auf das gesellschaftliche Verhalten in der Schule anzuwenden, erheiterte sie. »Ich verstehe es nicht. Er mag Laurel
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