Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
über, obwohl sie selbst ultralässig mit zerrissenen Jeans und einer übergroßen Bauernbluse bekleidet war. Sie drehte das Schild an der Tür auf Geschlossen um und begrüßte uns dann, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Also, Jill Melrose«, begann sie. »Wir haben weniger als zwei Wochen Zeit, um Sie in ein Model zu verwandeln.« Ihr Blick fiel auf mich. »Und Sie werden mithelfen.«
»Ich?«, rief ich. »Ich bin bloß die Fahrerin.«
»Nicht wenn Ihre Schwester in meiner Show glänzen soll.« Sie schaute wieder zu Jill auf – der Größenunterschied wirkte beinahe komisch. »Sie müssen den Model-Job essen, trinken und atmen, wenn Sie das durchziehen wollen. Und Sie müssen das alles – darin tun.«
Mit einer schwungvollen Gebärde griff sich Lia einen Schuhkarton neben ihr und förderte ein Paar glitzernd purpurfarbener Schuhe zutage, mit Absätzen, die mindestens zehn Zentimeter hoch waren. Jill und ich rissen die Augen auf.
»Ist sie nicht auch so schon groß genug?«, fragte ich schließlich.
Lia schnaubte und drückte Jill die Schuhe in die Hand. »Die sind nicht für die Show. Aber sobald Sie die gemeistert haben, wird Sie nichts mehr schrecken.«
Jill nahm die Schuhe zaghaft entgegen und hielt sie hoch, um sie zu betrachten. Die Absätze erinnerten mich an die Silberpflöcke, mit denen Eddie und Rose die Strigoi getötet hatten. Wenn Jill wirklich auf jede Situation vorbereitet sein wollte, konnte sie die einfach bei sich tragen. Verlegen, weil wir sie so musterten, schlüpfte sie schließlich aus ihren flachen, braunen Schuhen und befestigte die viel kunstvolleren Riemen der purpurnen Schuhe. Anschließend richtete sie sich langsam auf – und wäre beinahe vornübergefallen. Ich sprang hastig hin, um sie aufzufangen.
Anerkennend nickte Lia. »Sehen Sie? Das habe ich gemeint. Schwesterliches Teamwork. Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie vor meiner Show nicht hinfällt und sich das Genick bricht.«
Jill warf mir einen Blick voller Panik zu, der vermutlich auf meinem eigenen Gesicht sein Gegenstück fand. Ich hatte gerade vorschlagen wollen, dass Eddie Jills Spotter sein sollte, aber er hatte sich diskret in die Ecke des Geschäfts zurückgezogen, um uns zu beobachten, und war Lias Aufmerksamkeit anscheinend entgangen. Seine Beschützerdienste hatten offenbar Grenzen.
Während Jill einfach versuchte, nicht umzufallen, half ich Lia, in der Mitte des Ladens Platz zu schaffen. Dann verbrachte Lia etwa eine Stunde damit zu demonstrieren, wie man sich auf dem Laufsteg richtig bewegte, mit Betonung auf Haltung und Schritt, damit die Kleidung möglichst gut zur Geltung kam. Die meisten dieser feineren Details waren jedoch an Jill verschwendet, die sich nach wie vor mühte, einfach nur durch den Raum zu gehen, ohne hinzufallen. Anmut und Schönheit waren weniger ihre Sorgen als das Bedürfnis, aufrecht zu bleiben.
Trotz allem beobachtete Eddie Jill mit einem verzückten Gesichtsausdruck, als sei jeder Schritt, den sie tat, reine Magie. Als er meinen Blick auffing, setzte er sofort wieder sein wachsames, beschützendes Wächtergesicht auf.
Ich gab mein Bestes, Jill zu ermutigen – und ja, zu verhindern, dass sie hinfiel und sich das Genick brach. Zur Halbzeit der Lehrstunde hörten wir ein Klopfen an der Glastür. Lia zog die Brauen zusammen, dann erkannte sie das Gesicht auf der anderen Seite der Scheibe. Ihre Miene hellte sich auf, sie ging hinüber und schloss auf.
»Mr Donahue«, sagte sie und ließ Lee herein. »Wollen Sie sich ansehen, wie sich Ihr kleines Sternchen hält?«
Lee lächelte und suchte sofort nach Jill. Jill begegnete dem Blick seiner grauen Augen und grinste genauso breit wie er. Lee war bei der letzten Nahrungsaufnahme nicht da gewesen, und obwohl sie ständig telefonierten und chatteten, wusste ich, dass sie sich danach gesehnt hatte, ihn zu sehen. Ein Blick auf Eddies Gesicht verriet mir, dass er selbst nicht annähernd so entzückt über Lees Anwesenheit war.
»Ich weiß bereits, wie sie sich hält«, erwiderte Lee. »Sie ist perfekt.«
Lia schnaubte. »So weit würde ich nicht gehen.«
»He«, sagte ich, als mir eine Erleuchtung kam. »Lee, wollen Sie mal kurz die Verantwortung übernehmen und verhindern, dass Jill sich das Genick bricht? Ich muss etwas erledigen.« Wenig überraschend war Lee nur allzu gern dazu bereit, und ich wusste, dass ich mit Eddie als Wache keine Angst um Jills Sicherheit zu haben brauchte.
Ich verließ sie und eilte zwei
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