Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
musste. Meine Gedanken rasten, während ich verarbeitete, was der Tätowierer mir sonst noch erzählt hatte. Es gab also einen Alchemisten, der Nevermore belieferte. In gewisser Weise sollte das keine Überraschung sein. Wie sonst wären sie an Vampirblut und an all die Metalle herangekommen, die für ihre Tätowierungen notwendig waren? Und anscheinend hatte dieser Alchemistenschurke »sich um das Problem gekümmert«, das zum Diebstahl ihrer Vorräte geführt hatte. Wann hatte mein Vater angerufen und gesagt, dass man mich auf Grund von Keith’ Berichten abziehen würde?
Unmittelbar, nachdem ich bei Nevermore eingebrochen war.
Dann wusste ich, wer dieser Alchemistenschurke war.
Und ich wusste, dass ich selbst das Problem gewesen war. Keith hatte sich um mich gekümmert und Schritte eingeleitet, mich aus Palm Springs fortzuschaffen und jemand Neues und Unerfahrenes herzuholen, der sich in seine verbotene Operation Tätowierung nicht einmischen würde. Das also war der Grund, warum er Zoe überhaupt hatte hierhaben wollen.
Ich war entsetzt. Ich hatte keine allzu hohe Meinung von Keith Darnell, ganz sicher nicht. Aber ich hätte nie, niemals gedacht, dass er sich auf dieses Niveau herablassen würde. Er war ein unmoralischer Mensch, aber er war doch trotzdem mit den gleichen Prinzipien hinsichtlich Menschen und Vampiren erzogen worden wie ich. Dass er sich von diesem Glauben abkehrte und Unschuldige zu seinem eigenen materiellen Gewinn den ernsten Nebenwirkungen von Vampirblut aussetzte … dies war mehr als ein Verrat an den Alchemisten. Es war ein Verrat an der ganzen menschlichen Rasse.
Meine Hand lag auf meinem Handy, und ich wollte schon Stanton anrufen. Mehr wäre nicht notwendig. Ein Anruf mit einer solchen Neuigkeit, wie ich sie zu bieten hatte, und die Alchemisten würden über Palm Springs herfallen – und über Keith. Aber was war, wenn es keine konkreten Beweise gab, die Keith mit diesem Unternehmen in Verbindung brachten? Dann war es gut möglich, dass ein anderer Alchemist herkam und das gleiche Spiel spielte wie ich, dass er den Tätowierer glauben machte, er sei Teil von Keith’ Team. Keith war jedoch derjenige, den ich auffliegen lassen wollte. Ich wollte sicherstellen, dass er sich unmöglich aus dieser Sache rausreden konnte.
Ich traf meine Entscheidung, und statt der Alchemisten rief ich Adrian an.
Als ich wieder bei Lias Laden eintraf, näherte sich die Übungsstunde gerade ihrem Ende. Lia gab Jill einige allerletzte Anweisungen, während Eddie und Lee sich in der Nähe lümmelten. Eddie warf einen Blick auf mein Gesicht und wusste sofort, dass etwas nicht stimmte.
»Was ist los?«
»Nichts«, erwiderte ich kühl. »Nur ein Problem, das ich bald regeln werde. Lee, hätten Sie etwas dagegen, Jill und Eddie in die Schule zurückzubringen? Ich muss einige Dinge erledigen.«
Eddie runzelte die Stirn. »Ist alles in Ordnung mit dir? Brauchst du jemanden, der dich beschützt?«
»Ich werde jemanden haben.« Ich überlegte kurz, da ich beabsichtigte, mich mit Adrian zu treffen. »Also, jedenfalls irgendwie. Wie dem auch sei, ich bin nicht in Schwierigkeiten. Dein Job ist es, ein Auge auf Jill zu haben, schon vergessen? Danke, Lee«, fügte ich hinzu, als ich ihn nicken sah. Plötzlich kam mir ein Gedanke. »Moment mal … ich dachte, das sei einer der Tage, an dem Sie abends Unterricht haben. Halten wir Sie auf … oder … an welchen Tagen haben Sie denn Unterricht?«
Ich hatte mir nicht viel dabei gedacht und nur bemerkt, dass Lee an einigen Tagen in der Nähe war und an anderen in Los Angeles. Aber rückblickend gab es kein richtiges Muster. Ich sah, dass auf Eddies Gesicht ebenfalls Begreifen aufblitzte.
»Das ist wahr«, sagte er und musterte Lee argwöhnisch. »Was für einen Stundenplan haben Sie eigentlich?«
Lee öffnete den Mund, und ich spürte, dass gleich eine einstudierte Geschichte folgen würde. Dann hielt er inne und warf einen ängstlichen Blick auf Jill, die sich noch mit Lia unterhielt. Sein Gesicht wurde lang. »Bitte, erzählen Sie es ihr nicht«, flüsterte er.
»Was sollen wir ihr nicht erzählen?«, fragte ich, ebenfalls leise.
»Ich bin nicht im College. Ich meine – ich war es. Aber nicht in diesem Semester. Ich wollte ein wenig freie Zeit, aber … ich durfte meinen Dad doch nicht enttäuschen. Also habe ich ihm erzählt, ich würde auf Teilzeitbasis studieren und wäre deshalb häufiger da.«
»Was machen Sie denn dann in all dieser Zeit in L. A.?«,
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