Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
nur seine Mailbox erreichen würde. Dort hinterließ ich ihm die Nachricht, dass ich die Gasthörergebühren bezahlen und dass Adrian bleiben würde, bis er sich im nächsten Semester immatrikulieren konnte. Ich legte auf und sprach ein stummes Gebet, Adrian möge eine Weile brauchen, um das alles herauszufinden.
Die Kellnerin warf mir immer wieder böse Blicke zu, weil ich nur Kaffee trank, daher bestellte ich schließlich noch eine Torte zum Mitnehmen. Sie hatte gerade den Karton auf meinen Tisch gelegt, als ein verärgerter Keith das Restaurant betrat. Er stand in der Tür und sah sich ungeduldig um, bis er mich entdeckte.
»Okay, was ist los?«, fragte er, während er sich mit großem Getue hinsetzte. »Was ist so wichtig, dass du das Bedürfnis verspürt hast, Schulregeln zu brechen und mich durch die halbe Stadt zu holen?«
Für einen Moment erstarrte ich. Beim Blick in Keith’ Augen – in das echte und das künstliche – traten all die widersprüchlichen Gefühle wieder zutage, die ich ihm während dieses letzten Jahres entgegengebracht hatte. Furcht und Nervosität wegen dem, was ich gerade durchziehen wollte, rangen mit dem abgrundtiefen Hass, den ich schon lange in mir trug. Niedere Instinkte wollten ihn leiden sehen, ihm etwas an den Kopf werfen. Wie zum Beispiel die Torte. Oder einen Stuhl. Oder einen Baseballschläger.
»Ich … «
Bevor ich ein weiteres Wort sagen konnte, klingelte mein Telefon. Ich sah hinunter und las die SMS von Adrian: FERTIG . BESUCH ZU ENDE . EINE STUNDE .
Ich schob das Handy in meine Handtasche und atmete aus. Keith hatte zwanzig Minuten gebraucht, um hierherzukommen, und während dieser Zeit hatte Adrian pflichtschuldigst die Wohnung durchsucht. Anscheinend erfolgreich. Jetzt lag es bei mir, Keith aufzuhalten, bis Verstärkung auftauchte. Eine Stunde war tatsächlich erheblich weniger Zeit, als ich erwartet hatte. Ich hatte Adrian Stantons Telefonnummer gegeben, und sie hätte die Alchemisten losgeschickt, die am nächsten waren. Meiner Einschätzung nach würde das Los Angeles bedeuten, aber angesichts des Bewegungsraums der Alchemisten ließ sich das schwer sagen. Wenn sich welche auf der Ostseite der Stadt aufhielten, wären sie sehr schnell hier. Es war allerdings auch möglich, dass sie Zeit sparten, indem sie einfach mit einem Privatjet herüberflogen.
»Was ist das?«, fragte Keith gereizt. »Eine SMS von einem deiner Vampirfreunde?«
»Du kannst aufhören, dich zu verstellen«, entgegnete ich. »Ich weiß, dass es dich nicht wirklich interessiert, ob ich ihnen zu nah komme.« Ich hatte nicht vorgehabt, das zu dem Thema zu machen, das ihn ablenken sollte, aber wenn es so war, sollte es mir recht sein.
»Natürlich tue ich das. Ich mache mir Sorgen um deine Seele.«
»Hast du deshalb meinen Dad angerufen?«, fragte ich. »Willst du mich deshalb von Palm Springs weghaben?«
»Es ist zu deinem eigenen Wohl«, sagte er selbstgefällig. »Weißt du, wie falsch es ist, dass du diesen Job überhaupt annehmen wolltest? Kein Alchemist wollte ihn. Aber du, du hast praktisch darum gebettelt.«
»Ja«, erwiderte ich, und meine Wut nahm noch zu. »Damit Zoe es nicht tun muss.«
»Red dir das nur ein, wenn du willst. Ich kenne die Wahrheit. Du magst diese Kreaturen.«
»Warum so schwarz-weiß? Deiner Meinung nach muss ich sie entweder hassen oder mit ihnen unter einer Decke stecken. Es gibt auch etwas dazwischen, weißt du. Ich kann den Alchemisten gegenüber loyal sein und trotzdem gleichzeitig mit Vampiren und Dhampiren freundschaftlichen Umgang haben.«
Keith sah mich wie eine Zehnjährige an. »Sydney, du bist so ein Unschuldslamm. Du hast, anders als ich, keine Ahnung, wie es in der Welt läuft.« Ich wusste alles darüber, »wie es in der Welt läuft« und hätte es auch gesagt, wenn nicht genau in diesem Moment die Kellnerin vorbeigekommen wäre, um seine Getränkebestellung aufzunehmen. Als sie weg war, fuhr Keith mit seiner Masche fort. »Ich meine, woher weißt du überhaupt, ob du so empfindest, wie du es tust? Vampire können mit Zwang arbeiten, das weißt du. Sie benutzen Gedankenkontrolle. Geistbenutzer wie Adrian sind wirklich ganz geschickt darin. Nach allem, was wir wissen, hat er seine Kräfte benutzt, um sich bei dir lieb Kind zu machen.«
Ich dachte an all die Male, da ich den Wunsch verspürt hatte, Adrian durchzurütteln, damit er Vernunft annahm. »Dann macht er seine Sache nicht besonders gut.«
Wir zankten uns noch eine Weile um diesen
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