Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
Sekunde hast du mich wirklich erschreckt«, meinte Keith. Ich behielt die Straße im Auge, hatte aber den heimlichen Verdacht, dass er mir gerade zugezwinkert hatte. »Ich hätte gedacht, du würdest sie verteidigen. Aber so dumm hätte ich wohl nicht sein sollen, die Geschichten über dich zu glauben. Ich kann vollkommen verstehen, warum du den Ruhm einheimsen wolltest – aber Mensch, es muss ja verdammt hart gewesen sein, mit einem von ihnen zusammenzuarbeiten.«
Ich konnte nicht erklären, dass es äußerst leichtfiel zu vergessen, dass sie ein Dhampir war, sobald man ein wenig Zeit mit Rose Hathaway verbracht hatte. Selbst in körperlicher Hinsicht waren Dhampire und Menschen buchstäblich nicht voneinander zu unterscheiden. Rose war so voller Leben und Leidenschaft, dass sie manchmal menschlicher wirkte als ich. Gewiss hätte Rose einen Job nicht unterwürfig mit einem gezierten »Ja, Sir« angenommen. So wie ich.
Rose hatte nicht einmal akzeptiert, dass man sie ins Gefängnis gesperrt hatte, obwohl die ganze Macht der Moroi-Regierung gegen sie stand. Abe Mazurs Erpressung war ein Katalysator gewesen, der mich angespornt hatte, ihr zu helfen. Aber ich hatte auch nie geglaubt, dass Rose für den Mord verantwortlich gewesen war, dessen man sie angeklagt hatte. Diese Gewissheit, zusammen mit unserer zerbrechlichen Freundschaft, hatte mich dazu getrieben, Alchemistenregeln zu brechen, um Rose und ihrem Dhampirfreund, dem ehrfurchtgebietenden Dimitri Belikov, bei der Flucht vor den Behörden der Moroi zu helfen. Die ganze Zeit über hatte ich Rose mit einer Art von Staunen bei ihrem Kampf gegen die Welt beobachtet. Jemanden, der kein Mensch war, konnte ich nicht beneiden, aber ich konnte sie gewiss um ihre Stärke beneiden – und um ihre Weigerung, klein beizugeben, was auch immer geschah.
Aber andererseits konnte ich Keith wohl kaum etwas von alledem erzählen. Und trotz seiner heiteren Miene glaubte ich nach wie vor keine Sekunde lang, dass er sich plötzlich mit meiner Anwesenheit abgefunden hatte.
Ich zuckte schwach die Achseln. »Ich hielt es für wichtig genug, um das Risiko einzugehen.«
»Na ja«, sagte er, da er verstand, dass ich keine weiteren Einzelheiten liefern würde. »Wenn du das nächste Mal beschließt, mit Vampiren und Dhampiren durchzubrennen, besorg dir ein wenig Verstärkung, damit du nicht in ganz so große Schwierigkeiten gerätst.«
Ich lachte spöttisch. »Ich habe nicht die Absicht, wieder durchzubrennen.« Das zumindest war die Wahrheit.
Wir erreichten Palm Springs spät am Nachmittag und nahmen unsere jeweiligen Aufgaben sofort in Angriff. Ich sehnte mich inzwischen nach Schlaf, und selbst Keith sah – trotz seiner Redseligkeit – leicht mitgenommen aus. Aber wir hatten die Nachricht erhalten, dass Jill und ihr Gefolge am nächsten Tag eintreffen würden, was uns nur sehr wenig Zeit ließ, die übrigen Dinge zu erledigen.
Ein Besuch der Amberwood Prep offenbarte, dass meine Familie größer wurde. Anscheinend schrieb sich der Dhampir, der Jill begleiten würde, ebenfalls ein und würde unseren Bruder spielen – ebenso wie Keith. Als ich dies in Frage stellte, erklärte er, dass wir einen Einheimischen bräuchten, der als unser gesetzlicher Vormund dienen konnte, sollten Jill oder einer von uns aus der Schule geholt werden müssen oder irgendwelche Privilegien benötigen. Da unsere fiktiven Eltern außerhalb des Staates lebten, ließe sich das mit ihm rascher abwickeln. Ich hatte nichts an dieser Logik auszusetzen, obwohl ich es noch abstoßender fand, mit ihm verwandt zu sein, als Dhampire oder Vampire in der Familie zu haben. Und das wollte einiges heißen.
Später las ich auf dem Führerschein von einem angesehenen Ausweisfälscher, dass ich jetzt Sydney Katherine Melrose aus South Dakota war. Wir entschieden uns für South Dakota, weil die Einheimischen bestimmt nicht allzu viele Führerscheine aus diesem Staat zu sehen bekamen und daher kaum irgendwelche Fehler daran erkennen konnten. Nicht dass ich solche Mängel erwartet hätte. Die Alchemisten pflegten keinen Umgang mit Leuten, die zweitklassige Arbeit lieferten. Außerdem gefiel mir das Bild des Mount Rushmore auf dem Führerschein. Es war einer der wenigen Orte in den Vereinigten Staaten, an dem ich noch nie gewesen war.
Der Tag endete mit dem Ereignis, auf das ich mich am meisten gefreut hatte: Eine Fahrt zu einem Autohändler. Keith und ich feilschten beinahe ebenso heftig miteinander wie mit dem Autohändler.
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