Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
so aus, als wolle sie herbeilaufen und mich umarmen, doch ich betete, dass sie es nicht tat. Keith brauchte das nicht zu sehen. Wichtiger noch, ich wollte nicht, dass Keith es meldete.
Neben Jill saß ein Dhampir, den ich ebenso vom Sehen kannte wie Adrian. Eddie Castile war auch zugegen gewesen, als ich am Königshof befragt worden war, und wenn mich mein Gedächtnis nicht trog, hatte er damals eigene Probleme gehabt. Im Großen und Ganzen sah er wie ein Mensch von athletischem Körperbau und mit sonnengebräuntem Gesicht aus. Sein Haar war von einem sandigen Braun, und seine haselnussfarbenen Augen musterten mich und Keith auf eine freundliche – aber wachsame – Art und Weise. So war das bei Wächtern. Sie waren immer auf der Hut, hielten immer Ausschau nach der nächsten Bedrohung. In gewisser Weise fand ich es beruhigend.
Bei meiner Betrachtung des Raums kehrte ich schon bald zu Abe zurück, der mich beobachtet hatte und die offenkundige Art, wie ich ihn zu meiden versuchte, anscheinend erheiternd fand. Ein verschlagenes Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus.
»Nun, Miss Sage«, bemerkte er langsam. »Wollen Sie mir nicht Hallo sagen?«
KAPITEL 4
A be hatte ein Erscheinungsbild, bei dem es vielen Leuten die Sprache verschlug, selbst wenn sie nichts über ihn wussten.
Ungeachtet der Hitze draußen trug der Moroi Anzug und Krawatte. Zwar war der Anzug weiß, aber er sah trotzdem so aus, als wäre er warm. Hemd und Krawatte waren purpurfarben, ebenso die Rose in der Brusttasche. Gold glitzerte in seinen Ohren und an seiner Kehle. Er stammte ursprünglich aus der Türkei und hatte zwar mehr Farbe als die meisten Moroi, war aber trotzdem bleicher als Menschen wie ich und Keith. Abes Teint erinnerte mich eigentlich an eine gebräunte Person, die eine Weile krank gewesen war.
»Hallo«, begrüßte ich ihn steif.
Sein Lächeln wurde zu einem ausgewachsenen Grinsen. »Wie schön, Sie wiederzusehen.«
»Es ist mir immer ein Vergnügen.« Meine Lüge klang roboterhaft, was aber hoffentlich besser war als verängstigt.
»Nein, nein. Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite.«
»Wenn Sie meinen«, sagte ich. Das amüsierte ihn noch mehr.
Keith war abermals erstarrt, also ging ich zu dem alten Moroi hinüber und streckte die Hand aus, damit wenigstens einer von uns den Eindruck erweckte, als hätten wir Manieren. »Sind Sie Mr Donahue? Ich bin Sydney Sage.«
Clarence lächelte und nahm meine Hand in seine runzlige. Ich zuckte nicht zusammen, obwohl der Drang schon vorhanden war. Im Gegensatz zu den meisten Moroi, denen ich begegnet war, verbarg er seine Reißzähne nicht, wenn er lächelte, weswegen meine Fassade beinahe zerbrach. Eine weitere Erinnerung daran, dass diese Leute hier immer noch Vampire waren, ganz gleich, wie menschlich sie bisweilen wirkten.
»Ich freue mich so sehr, Sie kennenzulernen«, sagte er. »Ich habe wunderbare Dinge über Sie gehört.«
»Oh?«, fragte ich, zog eine Augenbraue hoch und überlegte, wer über mich gesprochen haben mochte.
Clarence nickte nachdrücklich. »Sie sind in meinem Zuhause willkommen. Es ist zauberhaft, so viel Gesellschaft zu haben.«
Alle wurden miteinander bekannt gemacht. Eddie und Jill waren leicht reserviert, doch beide freundlich. Keith schüttelte niemandem die Hand, verhielt sich allerdings zumindest nicht mehr länger wie ein sabbernder Idiot. Er nahm Platz, als ihm ein Stuhl angeboten wurde, und setzte eine arrogante Miene auf, die wahrscheinlich Selbstbewusstsein ausstrahlen sollte. Ich hoffte, er werde uns keine Schande bereiten.
»Es tut mir leid«, begann Abe und beugte sich vor. Seine dunklen Augen glitzerten. »Haben Sie gesagt, Ihr Name sei Keith Darnell?«
»Ja«, antwortete Keith. Er musterte Abe neugierig und dachte dabei zweifellos an das Gespräch der Alchemisten in Salt Lake City. Trotz der aufgesetzten Tapferkeit, um die er sich bemühte, konnte ich eine Spur von Unbehagen an ihm erkennen. Abe hatte diese Wirkung. »Warum?«
»Einfach nur so«, erwiderte Abe. Sein Blick flackerte zu mir und dann zu Keith zurück. »Der Name kommt mir bekannt vor, das ist alles.«
»Mein Vater ist ein sehr wichtiger Mann unter den Alchemisten«, erklärte Keith hochtrabend. Er hatte sich etwas entspannt und dachte wahrscheinlich, dass die Geschichten über Abe völlig übertrieben waren. Idiot. »Sie haben zweifellos von ihm gehört.«
»Zweifellos«, bestätigte Abe. »Ganz bestimmt, das ist es.« Er sagte es so beiläufig, dass
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