Bloodman
Stiche, die aus der antibiotischen Salbe herausragten, kratzten leise gegen das Gewebe. »Wie schlimm steht es mit meinen Händen?« Seine Stimme klang deutlich, höchstens ein wenig schleppend von den Betäubungsmitteln, die seinen Schmerz Tropfen für Tropfen dämpften.
»Soll ich den Arzt holen?«
Jacob stieà einen langen, ärgerlichen Seufzer aus. »Wenn ich wollte, dass du mir einen Arzt holst, hätte ich dich darum gebeten. Was ich will, ist, dass du mir sagst, wie es meinen verdammten Händen geht.«
»Nicht gut, Jacob. Du hast das meiste Fleisch weggebrannt, Muskulatur und Mechanik sind zerstört. Du wirst Prothesen brauchen, aber die Chancen stehen schlecht dafür, denn du bist selten bei klarem Verstand, und du warst gewalttätig.«
Jacobs Blick bohrte sich in Franks Augen, und seine Kiefer verkrampften sich. »Du bist vielleicht ein Sonnenscheinchen.«
Frank dachte an das blutige Porträt und die Schreie und die Panik und die Furcht. »Der Doktor glaubt, es ist Alzheimer«, sagte er rundheraus.
Eine Sekunde lang flackerte schwarze Elektrizität in der Dunkelheit hinter Jacobs Augen auf. »Ach ja? Nun, sogar die Eierköpfe mit ihren Diplomen können sich irren, kleiner Bruder.« Die Spannung erreichte seine Mundwinkel, und sie zuckten ein paarmal, dann erstarrten sie.
»Jacob, hör zu, ich weià nicht, wie lange du noch â¦Â« â Frank verstummte und suchte nach den richtigen Worten, bevor er fortfuhr â »⦠du selbst sein wirst. Und wir haben Probleme. Ich brauche Informationen.«
Jacobs Augen verengten sich. »Wir? Wer ist wir?«
Frank kannte die Geschichte der beiden Jacobs von Anfang an. Er hatte die groÃe Coleridge-Saga aus der ersten Reihe miterleben können, bis er seine Sachen packte und Montauk den Rücken kehrte. Niemand hatte gewusst, wo er war, ehe ihn ein paar Jahre später sein Neffe aufspürte und um Hilfe bat, weil er von den Drogen loskommen wollte. Es fiel ihm immer noch schwer, das Kind, das er gekannt hatte, mit dem harten, gepanzerten Mann in Verbindung zu bringen, den er gestern erlebt hatte. »Jakey ist wieder da.«
Auf Jacobs Gesicht spiegelten sich verschiedene Ausdrücke der Traurigkeit, bevor alles Leben daraus wich. »Er hätte fortbleiben sollen.«
»Du bist sein Vater. Er konnte dich nicht einfach den Geiern überlassen.«
Jacobs Lippen wurden schmal. »Ich will ihn nicht hier haben. Bring ihn dazu, dass er geht. Er soll verschwinden. Er kann nicht bleiben, Frank. Er kann nicht in Montauk bleiben.« Es lag ein Zittern in seiner Stimme, ein winziges Flattern, so unmerklich, dass es auch der Einbildung entsprungen sein konnte.
»Warum nicht, Jacob?«
»Weil es ihn einholen wird.«
Frank trat einen Schritt auf seinen Bruder zu und legte ihm die Hand aufs Bein. »Was meinst du? Sprichst du von dem Sturm?«
Jacobs Stimme war ein hohes Kreischen, das sich wie ein Angelhaken in Franks Ohrmuscheln grub. »Nein, du Idiot. Ich rede von ihm . Wenn Jakey zurück ist, wird er es erfahren.«
Frank verstärkte den Druck auf Jacobs Bein, um ihn zu beruhigen. »Ist gut, ich bin ja da. Ich kümmere mich schon um Jakey.«
Jacob lachte â es war eher ein verächtliches Schnauben â und wandte das Gesicht ab. »Du bist bereits tot. Du bist nur zu dumm, es zu merken.«
52
In knapp über zwei Stunden hatten sie beinahe achtzehnhundert Leinwände fotografiert. Jake hielt ein Bild in die Höhe, Spencer machte einen Schnappschuss davon, und Jake warf es beiseite. Im Atelier sammelte sich ein Haufen von Gemälden, der aussah wie die Vorbereitung für ein Feuerchen zum Versicherungsbetrug. Das Gebäude war nicht so solide wie das Haus, und die Wände wackelten im Wind. Hin und wieder wurde ein Stück der Verkleidung oder vom Dach mit einem wütenden Bellen weggerissen.
Spencer trat einen Schritt von der Kamera zurück. »Ich muss mal pinkeln und etwas trinken.« Er schrie, um sich über dem Heulen des Windes Gehör zu verschaffen.
Jake betrachtete Spencers schweiÃnasses Hemd und seinen müden Gesichtsausdruck. »Hier gibt es keine Cola mehr. Lass uns ins Haus gehen. Ich möchte eine rauchen.«
Sie lieÃen die Kamera stehen und rannten unter dem unbarmherzigen Trommeln des Regens im peitschenden Wind zum Haus. Durch die Terrassentür sprangen sie in Sicherheit.
Normalerweise
Weitere Kostenlose Bücher