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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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konnte. Für Purefoy Osbert hatte es sich nicht wie ein Geständnis angehört. Dafür war es viel zu drohend gewesen. Und der Mann hatte keinerlei Reue gezeigt. »Weil ich es war«, hatte er gesagt, und es hatte beinahe stolz und zweifellos sehr drohend geklungen. »Ich habe den Mistkerl umgebracht, ob es Ihnen nun paßt oder nicht.« In Purefoy Osberts Ohren, der seine gesamte Laufbahn der Suche nach Gründen für Verbrechen, und insbesondere für Mord, gewidmet hatte, bei denen aber jede Verantwortung für Schuld von dem Kriminellen auf Polizei, Justiz- und Gefängnissystem verlagert wurden, waren diese Worte eine schreckliche Widerlegung von allem, was er geglaubt hatte. Die schiere Brutalität und Kaltblütigkeit dieser Haltung ließen ihn fast so heftig frösteln wie die Nachtluft. Mehr noch, sie drangen mitten ins Zentrum seines Wesens, und anders als die Kälte der Nacht würde ihn diese Kälte nie wieder verlassen. Er war in einem Labyrinth des Wissens gefangen, das gleichzeitig Nichtwissen war. Seine Theorie über Sir Godbers Tod war, logisch betrachtet, fast völlig richtig gewesen – was des Dekans Komplizenschaft anging, hatte er sich geirrt, aber das war auch alles. Und er wußte, so sicher wie er wußte, daß er aus diesem Eibenlabyrinth erst im spärlichen Licht des frühen Morgens wieder herausfinden würde, daß er sie nie beweisen konnte. Einem so harten Menschen wie dem Mörder im Rollstuhl war er noch nie begegnet. Der Mann war hart wie Diamant. Nichts und niemandem konnte es gelingen, seinen Willen zu brechen. Diese Härte hatte Purefoy Osbert aus Skullions Stimme herausgehört, und intuitiv wußte er, welche Willensstärke im Hirn dieses Mannes mit der Melone steckte. Es war, als hörte man den Tod persönlich sprechen. Er war jetzt nicht nur durchgefroren, hungrig und Gefangener dieses Labyrinths, sondern obendrein von panischer Angst erfüllt. Alles, was er darüber gehört hatte, wie grauenhaft Porterhouse sei, war noch eine Untertreibung gewesen. Als der Morgen dämmerte und die Eibenwände des Labyrinths keine schwarzen Mauern mehr waren, sondern ihre dunkelgrünen Blätter zum Vorschein kamen, kämpfte Purefoy Osbert seine Panik nieder und unternahm einen letzten Versuch, den Ausgang zu finden. Er lauschte auf die Turmuhr des Bull Towers und bemühte sich, im Kopf dessen Position festzulegen. Auf dieser Seite des Labyrinths war der Eingang gewesen, und dorthin machte er sich auf den Weg. Dennoch hatte die Uhr fünfmal geschlagen, als er völlig erschöpft auf den Rasen stolperte, sich in seine Wohnung schlich und dort aufs Bett fiel. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Nur sein Instinkt verriet ihm, daß er Porterhouse verlassen mußte, bevor ihn dieser Ort vernichtete. Womöglich sogar so, wie er Sir Godber Evans vernichtet hatte.

25
    Wäre Edgar Hartangs sehnlichster Wunsch in Erfüllung gegangen, hätte er Kudzuvine umlegen lassen. Vielleicht hätte er noch Schnabel, Feuchtwangler und Bolsover in das Massaker miteinbezogen, weil sie Ross Skundler aus dem Gebäude hatten entkommen lassen. Außerdem waren ihre Vorschläge gar nicht nach seinem Geschmack. Doch er war auf sie angewiesen. Sie wußten zuviel, und Schnabel schenkte ihm reinen Wein ein. »Anscheinend haben sie Karl Kudzuvine eine beeidete Erklärung entlockt, die nicht viel Spielraum läßt«, sagte ihm Schnabel.
    »Worüber? Und wer glaubt dem Scheißkerl schon?« »Über alles. Und was die Frage angeht, wer ihm glaubt, da würde ich sagen: so ziemlich jeder.«
    »Er hat nichts als Hörensagen zu bieten. Aus zweiter Hand«, wandte Hartang ein.
    Schnabel tat das mit einem Achselzucken ab. »Aber es wird von Skundler bestätigt. Nach allem, was wir von den Porterhouse-Anwälten gesehen haben, kannte Kudzuvine die Termine diverser Lieferungen, denen Skundler Zahlungen zuordnen kann.«
    Hinter den blauen Brillengläsern hatten sich Hartangs Augen verengt. »Sie haben Skundler eine Aussage machen lassen? Das haben Sie gemacht?«
    »Nein, war nicht nötig. Er ahnte, was kam, und hat sich rückversichert. Mit Kopien finanzieller Vorgänge und Transaktionen, die jetzt in einem Bankschließfach lagern. Wir haben nur die Kopien gesehen.«
    Hartang wischte sich mit dem Taschentuch übers Gesicht.
    »Das hat man davon, wenn man Leuten hilft«, sagte er.
    »Diese Scheißkerle. Diese Scheißkerle. Wie gehen wir vor?« »Kommt drauf an«, sagte Schnabel. »Die haben keine Strafanzeige erstattet, was sie tun könnten. Das ist ein

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