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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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nachgedacht?«
    »Über Sie«, antwortete Skullion. »Über Sie und den Park. Porterhouse Park, wo ihr die ganzen alten Fellows hinschickt, die ihr loswerden wollt, Irre wie den alten Dr. Vertel.« »Dr. Vertel? So ein kompletter Unsinn, Skullion. Sie wissen sehr gut ...«
    »Aha, auf einmal heißt es Skullion, wie?« Die Wut in Skullions Stimme war unüberhörbar. »Und ich weiß es wirklich sehr gut. Der alte Vertel hat Sauereien gemacht, nicht wahr? Hat sich den Aufwartefrauen und den Kindern drüben im Schwimmbad von Newnham nackt gezeigt, drum mußte er weg.«
    »Sie sind betrunken und reden wirres Zeug«, stellte der Dekan verärgert fest.
    »Ich bin betrunken und weiß genau, was ich sage, weil ich im Pförtnerhaus war, als die Polizisten kamen. Und ich habe sie hingehalten, bis Sie ihn durch den Hinterausgang in den Wagen des Obertutors und runter nach Porterhouse Park gebracht haben, wo die Polizei ihn nicht finden konnte oder wollte. Weggeschlossen, hieß es damals, weggeschlossen. Und der Praelector hat einen Witz drüber gemacht und ›weggeparkt‹ gesagt, und Sie haben alle gelacht beim Kaffee im Gemeinschaftsraum. Also erzählen Sie mir nicht, ich rede wirres Zeug. Und glauben Sie ja nicht, daß ihr mich wegschließen könnt, denn das könnt ihr nicht. Und damit basta.« Im Dunkeln, wo er sich als Silhouette vor den erleuchteten Fenstern des Rektorenhauses abhob, verspürte der Dekan die gleiche seltsame Unruhe wie vor ein paar Nächten, als er Purefoy Osbert zugehört hatte. Doch diesmal empfand er die Lage als noch bedrohlicher. Skullion umgab eine Stärke und eine tiefe Wut, die dem jungen Mann gefehlt hatten. Der Dekan versuchte es mit Beschwichtigung. »Ich versichere Ihnen, Rektor, es steht gar nicht zur Debatte, daß Sie in den Park geschickt werden. Niemand ist auf diese Idee verfallen. Sie ist absurd.«
    Das aus dem Rollstuhl kommende Geräusch erinnerte entfernt an Gelächter. »Blödsinn«, sagte Skullion, »Blödsinn. Wo waren Sie in den letzten Wochen? Auf Krankenbesuch in Wales? Das können Sie meiner Oma erzählen. Sie haben die Runde gemacht und die alten Herren, die wichtigsten, befragt, wer neuer Rektor werden soll. Und streiten Sie's nicht ab, denn ich weiß es.« »Woher haben Sie ...« Der Dekan stockte, doch zu spät. Ihm sträubten sich die Nackenhaare. Was Skullion wußte, war beängstigend, und der Dekan ahnte, daß es noch schlimmer kommen würde.
    »Woher ich das weiß, ist meine Sache«, fuhr Skullion fort. Er klang jetzt kein bißchen betrunken, sondern erschreckend nüchtern. »Und was ich weiß, ist auch meine Sache, und Sie sollten zur Kenntnis nehmen, daß Sie mich nicht nach Porterhouse Park schicken, nie und nimmer.« Er hielt inne und ließ diese Feststellung wirken. »Wissen Sie, warum?«
    Der Dekan wußte es nicht und wollte es nicht wissen. Aber Skullion ließ sich nicht mehr bremsen. Er war der Rektor von Porterhouse, und das war dem Dekan zum erstenmal bewußt. Er selbst war der Unterlegene. »Weil ich euch bei den Klöten habe«, sagte Skullion. »Wissen Sie, was das heißt?« Der Dekan glaubte es zu wissen, schwieg aber. »Bei den Eiern«, sagte Skullion, »bei den verdammten Eiern, und wollen Sie wissen, wie und warum?«
    »Skullion, Sie haben genug gesagt ...«, setzte der Dekan an, doch Skullion wurde nur noch lauter.
    »Nennen Sie mich nie wieder Skullion«, sagte er. »Von jetzt an heißt es Rektor.«
    Der Dekan schnappte nach Luft. Irgend etwas war mit Skullion geschehen, aber er hatte keine Ahnung, was. »Stellen Sie sich folgende Frage«, sagte Skullion. »Stellen Sie sich folgende Frage: Wer hat sechs Millionen Piepen aufgebracht, um den neuen Fellow herzuschicken, diesen Oswald oder wie er heißt? Diesen Sir-Godber-Evans- Gedächtnis-Fellow. Wer war das?«
    Der Dekan ergriff beim Schopf, was er einen Moment lang für seine Gelegenheit hielt. »Genau darüber wollte ich mit Ihnen reden, Rektor.«
    »Tja, da sind Sie ja wohl zu spät gekommen«, fuhr Skullion fort. »Diese verfluchte Lady Mary hat ihn geschickt. Und warum? Ich verrate Ihnen, warum. Weil sie immer noch wissen will, wer ihren Mann ermordet hat, und dieser Bursche soll hier herumschnüffeln.«
    Er machte eine Pause. Der Dekan war wie vom Donner gerührt. Skullion schien alles zu wissen. Nicht nur »schien«. Er wußte alles. In dem betretenen, langen Schweigen schwang Entsetzen mit.
    »Und ich kann es ihm verraten», sagte Skullion. »Und wenn ihr mich im Porterhouse Park wegschließen

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