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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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eingesetzt.« »Der Scheißkerl hat behauptet, Hitler werde gewinnen«, gab der Obertutor zurück, »außerdem mußten sie das Prohibitionsgesetz zurücknehmen, weil sie nicht verhindern konnten, daß die Leute soffen, und weil sie Gangstern wie Al Capone und Joseph Kennedy Geld in die Tasche scheffelten.« »Genau darauf wollte ich hinaus«, warf der Praelector ein. »Glauben Sie ernsthaft, daß es jetzt den amerikanischen Behörden, soweit sie überhaupt existieren, trotz ihres gewaltigen Finanzdefizits gelingt, den Rauschgifthandel zu beenden?« Der Obertutor antwortete, er hoffe es inständig. »Aber denken Sie doch nur an die finanziellen Vorteile, die es für die Regierungen hätte, wenn Drogen legalisiert würden«, gab der Praelector zu bedenken. »Und auch der gesellschaftliche Nutzen wäre gewaltig.«
    »Welcher gesellschaftliche Nutzen? Ich kann mir nicht vorstellen, daß der massenhafte Genuß von Crack irgendeinen gesellschaftlichen Nutzen hätte.«
    »O doch, die Ausschaltung des kriminellen Klüngels, der heute den Handel kontrolliert. Außerdem war ich nie der Ansicht, die Gesellschaft solle von einer selbsternannten und vorgeblich moralischen Elite reglementiert werden. Wenn die Menschen irgendwelchen Neigungen frönen, die nur ihnen selbst schaden, ist das ihre Sache. Der Versuch, sie zu moralischer Perfektion zu kujonieren, ist zum Scheitern verurteilt. Oder endet in Krieg.«
    »Sie sind ein Zyniker«, befand der Obertutor. »Ich habe in einem Krieg gekämpft, und auch wenn ich nicht behaupten kann, ich hätte gewußt, wofür ich kämpfte, war mir doch immer ziemlich klar, wogegen ich kämpfte«, sagte der Praelector. »Bis jetzt habe ich immer auf der richtigen Seite gestanden. Vermutlich ein auf Geburt und historischen Faktoren beruhender Zufall, der mich aber nicht dem Zynismus in die Arme treibt.«
    »Diesmal nicht«, entgegnete der Obertutor. »Diesmal sind Sie auf der falschen Seite, und ich werde mich Ihnen widersetzen.« »Das ist Ihr gutes Recht«, sagte der Praelector. »Ich muß Sie allerdings warnen, daß Sie es noch bereuen werden.« So war es denn auch, und zwar im Handumdrehen. Zwei Tage später erhielt der Obertutor einen Brief, in dem er aufgefordert wurde, für Renovierungen und Dachdeckarbeiten am Bootshaus von Porterhouse weit mehr als erwartet zu bezahlen. »Das geht mich nichts an«, sagte er zum Schatzmeister, der sich schließlich hatte breitschlagen lassen, seine Arbeit wiederaufzunehmen. »Das College finanziert den Bootsclub, nicht ich.«
    »Meines Wissens hat es in der Vergangenheit ...«, setzte der Schatzmeister an, doch schon kam ihm aus dem Büro der Sekretärin der Praelector zu Hilfe.
    »Offenbar haben Sie in letzter Zeit die Collegestatuten von 1851 nicht studiert.«
    »Die Collegestatuten von 1851? Natürlich nicht. Ich wußte gar nichts von deren Existenz«, blaffte der Obertutor. »Zufällig habe ich eine Kopie des fraglichen Abschnitts bei mir«, sagte der Praelector und reichte ihm ein Papier mit durchnumerierten Paragraphen. »Die Ziffer 9 bezieht sich auf Ihre rechtliche Stellung hinsichtlich der Ausgaben, die Sie getätigt haben, ohne daß Sie der Haushalts- und Finanzausschuß des Collegerates dazu ermächtigt hat. Wirklich höchst bedauerlich, aber so ist es nun einmal.« Der Obertutor las den betreffenden Paragraphen und war entsetzt. »›Sollte ein leitender Mitarbeiter des Colleges, in welcher Funktion auch immer, ohne die Zustimmung des Haushalts– und Finanzausschusses tätig werden ...‹ Sind Sie verrückt? Ich kann keine vierzigtausend Pfund zahlen, und verdammt will ich sein, wenn ich’s tue. Und von diesem beschis ...« – (Mittlerweile hatte sich Mrs. Morestead zu dem Schatzmeister und dem Praelector gesellt) – »... von... von diesem Ausschuß habe ich noch nie etwas gehört.« »Er tritt einmal im Trimester zusammen, nicht wahr, Schatzmeister?«
    Der nickte schwach. Er war zu verängstigt, um zu sprechen. In seinem Gehirn kreisten Visionen vom Auspeitschen. »Es stimmt, solche Angelegenheiten waren früher reine Formsache«, fuhr der Praelector fort, »doch angesichts der dem College gegenwärtig drohenden Finanzkrise ist die Ziffer 9 leider rechtsverbindlich geworden. Unsere Gläubiger bestehen auf sofortiger Begleichung unserer Schulden, und da Sie juristisch gesehen verantwortlich sind ...« Der Obertutor zog sich zurück und konsultierte seinen Rechtsanwalt. »Da können wir leider wenig machen«, teilte der ihm mit.
    Als der

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