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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Collegerat schließlich zu seiner Plenarsitzung zusammentrat, hatte der Obertutor kapituliert. Ein bankrottes Porterhouse war eine Sache, doch er war nicht gewillt, finanziell selbst vor die Hunde zu gehen. Nun konnte Hartang neuer Rektor werden.

35
    Es war Vormittag, und Purefoy und Ingrid lagen immer noch im Bett. »Du vergeudest hier deine Zeit, Purefoy, Liebster«, sagte sie. »Mehr findest du nicht heraus, und selbst wenn, was könntest du damit anfangen? Die sind doch alle so alt.« »Ich will nur wissen, was genau passiert ist.« »Die Wahrheit, stimmt’s? Aber die verraten sie dir nie.« »Vielleicht hast du recht, aber ich will trotzdem wissen, wo Skullion ist. Er befindet sich in keinem der Krankenhäuser oder Pflegeheime von Cambridge, und damals nachts hat er dem Dekan gedroht, falls sie ihn in den Porterhouse Park schickten, würde er verraten, daß er Sir Godber ermordet hat. Drei Tage später verschwindet er plötzlich, und seitdem hat man von ihm nichts mehr gesehen oder gehört. Und in Null Komma nichts haben sie einen neuen Rektor gewählt, der so reich wie Krösus ist. Daß das ein Zufall war, kann mir keiner erzählen.« Sie erhoben sich und gingen auf eine Tasse Kaffee in den Copper Kettle.
    Im Ratssaal legte der Praelector seinen Füllfederhalter beiseite. Er hatte sich durchgesetzt, und der Rat war seinem Vorschlag gefolgt: Edgar Hartang war zum neuen Rektor gewählt. Die anderen Fellows waren gegangen, nur der Dekan und der Obertutor waren mit dem Praelector zurückgeblieben. Die beiden ersteren waren nicht gerade gut gelaunt. »Das nehmen Sie auf Ihre Kappe«, stellte der Dekan fest. »Gott allein weiß, was für ein Ungeheuer wir uns da aufgehalst haben, aber wir müssen mit dem Mann eben so gut es geht fertig werden.«
    »Er ist nicht der erste problematische Rektor. Wir hatten die Wahl zwischen ihm und dem Bankrott. Was auch passiert, ich werde es nicht mehr erleben», sagte der Praelector. »Ich lege mein Amt nieder.«
    »Und keinen Augenblick zu früh«, befand der Obertutor verbittert.
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung. Ich habe mich unsinnigerweise viel zu lange an diesen Posten geklammert. Es wird Zeit, daß jüngere, begabtere Fellows an die Reihe kommen.« »Und beabsichtigen Sie, in Cambridge zu bleiben und gelegentlich im Speisesaal zu essen?« erkundigte sich der Dekan mit leicht boshaftem Unterton.
    »Nein. Ich habe eine Nichte in Chichester, und ganz in ihrer Nähe gibt es eine nette Pension. Da wollte ich schon immer hinziehen. Ich könnte mir aber vorstellen, daß es mir im Park recht gut gefällt. Jedenfalls werde ich meine Amtszeit beenden. Schluß damit.«
    In dem Bewußtsein, daß eine Epoche zu Ende gegangen war, begaben sie sich nach draußen in die Frühlingssonne. Der Dekan und der Obertutor dachten an ihre eigene Zukunft. Sie hatten nicht vor, zu bleiben und Zeugen der bevorstehenden Veränderungen zu werden. Im Büro des Schatzmeisters war Ross Skundler bereits dabei, die Bildschirme und elektronischen Gerätschaften zu installieren, die er für unverzichtbar hielt. Seine Einstellung war eine der Bedingungen Schnabels gewesen. »Bisher war er von unschätzbarem Wert für Sie«, hatte er bei ihrem letzten Gespräch im Transworld Television Centre zu Hartang gesagt. »Und mit alldem hier hatte er nichts zu tun. Vergessen Sie die Vergangenheit. Sie sind Rektor von Porterhouse und ein freier Mann.«
    »Frei am Arsch«, sagte Hartang.
    »Und ich würde auf solche Ausdrücke verzichten. Als Respektsperson und Angehöriger des Establishments müssen Sie Ihre Sprache mäßigen.«
    »Noch bin ich nicht da«, entgegnete Hartang, doch vom Kopf her war er es. Er hatte mit Schnabel und Bolsover Porterhouse aufgesucht, um sich den Laden mal selbst anzusehen, und, obwohl ihm der Anblick nicht gefallen hatte, wußte er, daß es keine sicherere Alternative gab. Er hatte dem College sogar noch einen zweiten Besuch abgestattet, beide Male ohne Perücke oder dunkelblaue Brille, und in einem betont unauffälligen Anzug.
    Doch davor war er von vier Personen aufgesucht worden, zwei Männer und zwei Frauen, die ihre taktvollerweise in Briefumschlägen steckenden Karten am Empfang abgegeben hatten, ausschließlich zur persönlichen Prüfung durch Mr. E. Hartang. Sie hatten auch dafür gesorgt, daß sie von Schnabel, Bolsover und Feuchtwangler begleitet wurden. Die Anwälte hatten sich angemessen zurückhaltend benommen. Sie wußten, wann sie es mit dem Geheimdienst zu tun hatten. »Ihre

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