Bloody Mary.
wie er selbst.
»Das freut mich sehr«, sagte Goodenough. »Ich muß gestehen, für mich war er von dem ganzen Haufen der beste.« Lady Mary hätte ihm gern gesagt, was sie von dem restlichen Haufen hielt, aber eine Art Anfall hielt sie davon ab. »Jedenfalls ist sie mit deinem entzückenden Cousin wohl ganz zufrieden«, sagte Goodenough zu Vera. »Ja, sie ist sogar einverstanden mit ihm. Ich werde das Adjektiv in seiner Gegenwart nicht benutzen. Er behandelt mich immer noch wie irgendein Tier, das man von Rechts wegen unter Quarantäne stellen müßte. Und passend zu ebendiesem Vergleich hat sie mich angewiesen – ich zitiere wörtlich –, ihn umgehend nach Porterhouse zu schaffen. Nein, mit ›rasch‹ hat sie sich gar nicht erst abgegeben. Sie sagte ›umgehend‹, und bei sechs Millionen in der Kasse wird uns der Collegerat vermutlich keine allzugroßen Schwierigkeiten machen.«
Er hatte recht. Nach einem Anruf beim Obertutor, gefolgt von einem Brief, noch einem Telefonat und einem Fax, war Goodenough zufrieden. »Ich glaube, wir haben den Boden schon sehr gut bereitet«, sagte er zu Mr. Lapline. »Der Dekan ist fort und kann nicht kontaktiert werden, und laut Obertutor wäre der das Haupthindernis für jeden Fellow, der nach dem verstorbenen Rektor benannt würde. Also wird man ohne ihn loslegen.«
»Ich hätte gedacht, das Haupthindernis wäre der jetzige Rektor persönlich«, sagte Mr. Lapline trübsinnig. »Es ist bestimmt nicht einfach, Ratsbeschlüsse von einem Rektor bestätigen zu lassen, der nur unter Schwierigkeiten sprechen und gar nicht schreiben kann. Glauben Sie, die bringen ihn soweit, daß er sein Kreuzchen macht? Falls ja, wird das auf zukünftige Historiker des zwanzigsten Jahrhunderts einen ausgesprochen seltsamen Eindruck machen.«
»Ich weiß nicht recht. Ich bin wohl optimistischer als Sie, was die Zukunft betrifft«, erwiderte Goodenough. »Wahrscheinlich kann dann sowieso niemand mehr lesen. Soviel ich weiß, kann er immerhin wieder sprechen.«
Der Collegerat stimmte Dr. Purefoy Osberts Berufung zu, und man holte Skullion zur Unterzeichnung des Dokuments. Allerdings hielt man es für besser, ihm das mit dem Sir-Godber- Evans-Gedächtnis zu verschweigen.
»Sagen Sie einfach, es sei ein neues Forschungsstipendium«, riet der Praelector dem Obertutor, der den Dekan vertrat. »Wenn ich mich recht entsinne, hegte er nicht unbedingt freundliche Gefühle für Sir Godber.«
»Der Mann war ihm zuwider«, sagte der Obertutor, »was ich ihm wirklich nicht verdenken kann. Ich konnte den Rektor selber nicht ausstehen. Ich habe nur nie begriffen, was der Schatzmeister in ihm sah. Vermutlich das Geld.« »Natürlich war es das Geld, obwohl es Lady Marys Geld war. Hatte selbst keinen roten Heller. Hat die Knete geheiratet, kein gutes Geschäft. Das bringt mich auf den nächsten Punkt. Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, welche Finanziers aus der Londoner City Dr. Osbert und das Stipendium gesponsert haben. Meiner Ansicht nach hätten sie wohl am liebsten vergessen, daß es Sir Godber jemals gegeben hat. Als Minister für Forschung und Technologie hat er den kommerziellen Interessen dieses Landes unermeßlichen Schaden zugefügt. Schließlich hat er die öffentlichen Mittel für das gestrichen, was man heute Supraleitfähigkeit nennt. Die steckte damals noch in den Kinderschuhen.«
Nun warf sich der Kaplan irrigerweise ins Zeug. »Bevor ich nach Porterhouse kam, war ich auch fähig, eine Menge Kindstaufen zu leiten«, sagte er, »aber ›super‹ hätte ich keine davon genannt. Das ist eine der Segnungen meiner Tätigkeit als College-Kaplan, daß ich keine Neugeborenen mehr segnen muß. Wenn ich damals in das blickte, was man wohl ihre Gesichter nennen muß, hat mich das beinahe überzeugt, daß Darwin vollkommen recht hatte. Ich kann mich an einen besonders gräßlichen kleinen Knaben erinnern, bei dem ich wehmütig an Ockhams Rasiermesser denken mußte.«
»Ockhams Rasiermesser? Das wird doch wohl zur Beschneidung benutzt«, sagte der Obertutor. Dr. Buscott schauderte, schwieg aber. Er wußte zwar, was Ockhams Rasiermesser war, doch jetzt war es zu spät für die Fortbildung der leitenden Fellows. Jedenfalls murmelte der Kaplan etwas, der gerade am Einnicken war. »Wissen Sie, Abaelard hat mir immer sehr leid getan. Er wurde mit so was wie Ockhams Rasiermesser bearbeitet. Äußerst unangenehme Sache das.«
7
In einem grauen Steinhaus auf der Landzunge von Portland beendeten der
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