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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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haben?«
    »Sind Sie wirklich der Sir-Godber-Evans ... was Sie vorhin gesagt haben, Fellow?«
    »Würde ich es sagen, wenn ich’s nicht wäre?« fragte Purefoy zurück. Wenn diese Kostprobe das in Porterhouse vorherrschende Intelligenzniveau wiedergab, ging er auf jeden Fall nach Kloone zurück. Wissen und Kenntnisse in die Köpfe der Leute dort zu bekommen war unendlich viel einfacher als das hier.
    Hinter dem Tor teilte Henry Walter mit, daß sich der Bursche da draußen nicht wie ein Ami anhörte. Dem mußte Walter zustimmen, und bald öffnete sich langsam die kleine Pforte. Ein eigenartiges und höchst beunruhigtes Gesicht musterte Purefoy. Im Pförtnerhaus versuchte Henry, den Obertutor anzurufen, doch der nahm nicht ab.
    »Sie kommen wohl besser rein, Sir«, sagte Walter und schaltete von seinem drohenden zu einem regelrecht unterwürfigen Tonfall um. »Und ich trage Ihr Gepäck, Sir.«
    Purefoy Osbert schritt durch die Pforte und trug es selbst. Falls dieser Kretin für Euphemismen war jetzt keine Zeit mehr – die Koffer mit seinen Notizen und Manuskripten in die Hände bekam, würde er selbst sie wahrscheinlich nie wiedersehen. »Es tut mir wirklich leid, Sir, aber wir hatten hier heute einige Problemchen, und meine Befehle lauteten, keinen rein- oder rauszulassen, der nicht zum College gehört. Der Praelector war da ganz strikt. Ich entschuldige mich, Sir. Wenn Sie mir bitte folgen würden, Sir ...«
    Purefoy ging hinter ihm her ins Pförtnerhaus. Es war ganz anders als alle, die er je in Cambridge gesehen hatte. Das späte zwanzigste Jahrhundert hatte hier keinerlei Spuren hinterlassen, das neunzehnte und sogar achtzehnte dafür um so mehr. Die Schubfächer sahen aus, als hätten dort Generationen von Tauben gehaust statt Briefe und Zettel. Doch alles war sauber und ordentlich geputzt. Sogar der Schlüsselhaken aus Messing war blitzblank gewienert, und der Glanz auf Walters Melone ließ vermuten, daß er den Hut mit Ehrerbietung behandelte. Purefoy stellte seine Koffer ab und fühlte sich ein wenig besser. Der Bienenwachsgeruch wirkte beruhigend auf seine Nerven. Dennoch war der Empfang so ungewöhnlich ausgefallen, daß er den Chefpförtner nicht aus den Augen ließ, und dessen jungen Kollegen auch nicht, der auf dem uralten Telefonapparat im Büro weiter hinten vergeblich versuchte, eine Verbindung zum Obertutor herzustellen. »Hat keinen Zweck«, sagte er. »Er ist nicht da.«
    »Und ob. Geht bloß nicht ran«, widersprach Walter. »Kein Wunder, wenn man bedenkt, in was für einem Zustand er gestern nacht war, als er aus Corpus nach Hause kam. Sah selber wie ein Corpus aus. Nicht auszudenken, wie er sich heute morgen gefühlt haben muß. O weh, er sah entsetzlich aus.« Purefoy hörte diesem Gespräch zu und fand es beunruhigend.
    Wenn der Chefpförtner, selbst nicht gerade ein angenehm aussehender Mensch – wie er einen aus dem Winkel eines seltsam gefärbten linken Auges ansah war irgendwie unheimlich –, jemand anderen als entsetzlich aussehend beschrieb, mußte dieser einen absolut gräßlichen Anblick geboten haben. Und Henrys nächste Bemerkung war auch nicht unbedingt beruhigend.
    »Von der Schwester hört man, er hat sich überall auf dem Schlafzimmerboden übergeben«, sagte er. »War noch dazu splitterfasernackt. Zuerst hielt sie ihn für tot. Hätte einen Porterhouse Blue gehabt, dachte sie.«
    »Wenn er in seinem Alter so weitermacht, kriegt er einen, unter Garantie«, sagte Walter, und als er aus dem Büro auftauchte, trug er eine servile Miene zur Schau, die Purefoy hoffnungsvoll als Grinsen interpretierte. »Es tut mir sehr leid, Sir. Man hat mir nicht mitgeteilt, daß Sie heute kommen würden, und was die anderen betraf, hatte ich strikte Anweisungen. Aber ich habe Sie im Buch gefunden, und es hat seine Richtigkeit mit Ihnen. Der Schatzmeister hat Ihnen Räume mit Blick auf den Fellows’ Garden zugewiesen, hier sind die Schlüssel. Henry trägt Ihr Gepäck, Sir, und zeigt Ihnen den Weg.«
    Als Purefoy sich bückte, um seine Koffer aufzuheben, hielt Walter ihn auf. »Verzeihung, Sir«, sagte er mit einer schiefen Grimasse, der es geheimnisvollerweise gelang, äußerste Unterwürfigkeit mit etwas zutiefst Bedrohlichem zu verbinden, »aber Gentlemen und Fellows tragen in Porterhouse ihr Gepäck nicht selbst. Gibt kein gutes Vorbild ab. Das hat Mr. Skullion mir gesagt, der jetzt Rektor ist. Das ist eine Tradition, hat er gesagt, die furchtbar weit zurückreicht.« Fast hätte Purefoy dem

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