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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Schatzmeister.
    »Natürlich nicht. Er ist in sichereren Händen. Und jetzt gehen Sie nach Hause und ruhen sich bis morgen früh mal so richtig aus. In den kommenden Tagen brauchen wir Sie in intellektueller Hochform.«
    Damals war dem Schatzmeister die volle Bedeutung dieser Bemerkung nicht aufgegangen. Er hatte sich auf den Heimweg gemacht, war aus Furcht, auf dem Weg zum Haupttor dem Obertutor zu begegnen, durch das hintere Tor geeilt und hatte etliche sehr stramme Whiskys gekippt, ehe er die doppelte Menge der empfohlenen Dosis von den Schlaftabletten seiner Frau genommen hatte und zu Bett gegangen war. Montags blieb er zu Hause, und erst als er am Dienstag sein Büro in Porterhouse aufsuchte, erfuhr er, was der Praelector mit dem Satz gemeint hatte, Kudzuvine befinde sich in sehr sicheren Händen. »Soll das heißen, er ist oben im Rektorenhaus untergebracht?« fragte er Walter im Pförtnerhaus. »Was? Bei Skullion?«
    »Ganz so würde ich es nicht formulieren, Sir. Er ist weniger untergebracht als abgelegt, wenn Sie wissen, was ich meine.« Der Schatzmeister wußte es nicht. Es hörte sich immer so an, als wäre das Rektorenhaus von Porterhouse eher ein Beinhaus als ein Wohngebäude. Erst der verblichene Sir Godber, und jetzt Kudzuvine. »Um Himmels willen, woran ist er denn gestorben? Hat ihn der Obertutor mit der Peitsche ...?« »Nein, Sir, nichts dergleichen. Dazu war der Obertutor nicht in der Verfassung. Er hatte ein wenig über die Stränge geschlagen und fühlte sich nicht sehr wohl. Nein, der amerikanische Drecks ... Gentleman hatte in den Räumen des Kaplans einen Unfall, und man war der Ansicht, es wäre am besten, wenn sich Dr. MacKendly und die Schwester um ihn kümmerten. Sie ist gerade da, und Mr. Skullion ... der Rektor hat an seinem Bett gesessen, um sicherzustellen, daß der Mann nicht noch mehr zu Schaden kommt. Schließlich legt das College keinen Wert auf schlechte Publicity, nicht wahr, Sir?« »Nein, ganz gewiß nicht«, sagte der Schatzmeister skeptisch und fragte sich, wieviel Publicity Transworld Television dem tätlichen Angriff – daß Kudzuvine einen Unfall hatte, glaubte er keine Sekunde – auf einen seiner Vizepräsidenten widmen würde. Vermutlich würde man sogar noch auf den Osterinseln zu sehen bekommen, wie ein bandagierter Kudzuvine aus dem College getragen wurde. Zweifellos gab es dort Satellitenfernsehen; auf St. Helena war es erst kürzlich installiert worden. Der Schatzmeister begab sich in sein Büro, wo die Collegesekretärin ihn bereits erwartete. »Ach, da sind Sie ja«, sagte sie. »Geht es Ihnen besser? Nein? Na, es dauert seine Zeit, bis man über so etwas wegkommt. Der Praelector hat mich jedenfalls gebeten, ihn zu informieren, wenn Sie einträfen. Er will vorbeikommen und alles besprechen.« »Ich glaube wirklich nicht, daß ich in der ...«, setzte der Schatzmeister an, doch zu spät. Mrs. Morestead hatte sich bereits in ihr Büro begeben und den Praelector angerufen. »Sie werden jeden Moment hier sein«, sagte sie vergnügt, als sie zurückkam und sich mit Schreibblock und Stift hinsetzte. »Sie? Wer begleitet ihn denn?«
    »Ich weiß es nicht genau, aber ich habe gerade eben Mr. Retter und Mr. Wyve über den Hof gehen sehen.« »Mr. Retter und Mr. Wyve?« sagte der Schatzmeister, erneut von Angst gepackt. Die Lage mußte völlig verzweifelt sein, wenn beide Rechtsanwälte des Colleges gekommen waren. So etwas hatte es noch nie gegeben. Mrs. Moresteads nächste Bemerkung versetzte ihn in Panik. »Und gestern hatten wir die Herren vom Denkmalschutz aus London hier, samt Mr. Furness, dem Architekten. Waren den ganzen Tag da, und die Bautechniker haben das Dach der Kapelle mit dicken Balken abgestützt. Sie sagten, unter Umständen müsse man das ganze Ding abreißen.«
    Der Schatzmeister schlug die Hände vors Gesicht und wartete auf das Schlimmste. Es näherte sich in Gestalt des Obertutors, des Praelectors, Dr. Buscotts und des Kaplans. Der Obertutor schaute besonders grimmig drein. Er hatte seinen Kater immer noch nicht überstanden, und der sprichwörtliche »Schluck auf den Kater«, den er in Form eines Glases reinen Rums zu sich genommen hatte, war seiner Laune nicht unbedingt zuträglich gewesen. Jedenfalls hatte der Praelector auch weiterhin das Sagen. Er war viel älter als der Obertutor, und da Mr. Retter und Mr. Wyve anwesend waren, schien es eher unwahrscheinlich, daß die Pferdepeitsche zur Anwendung kommen würde. »Für uns alle ist dieses

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