Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)
Gebrauchsgegenstand für mich. Es ist ein Stück Lebensgefühl. Da, wo ich mein Autochen habe, da bin ich zuhause. Ist mein Auto mal fahruntüchtig, habe ich ein wirkliches Problem. Dann wird mein Leben deutlich komplizierter. Mein Aktionsradius wird stark eingeschränkt und alles muss viel besser organisiert werden. Alltägliche Dinge wie Einkaufen, ins Büro gehen, meine Tochter vom Kindergarten abholen etc. sind ohne Auto mit großem Aufwand verbunden und ich bin dann oft auf Hilfe angewiesen. Und obwohl mich sehr viele liebe Menschen umgeben, die mich jederzeit unterstützen, wenn ich es brauche, ist das kein schönes Gefühl! Ich bin lieber unabhängig und es ist allemal ein Unterschied, ob man sich helfen lassen will oder helfen lassen muss .
Im vergangenen Jahr gab es eine solche Situation: Mein altes Auto wollte nicht mehr so wie ich. Totalschaden im Motor. Und das neue war zwar schon bestellt, aber noch nicht da. Das war wirklich eine Katastrophe. Gott sei Dank hatte ich noch meinen Super Seven, auf den ich zurückgreifen konnte. Aber der Super Seven ist bei allem Luxus, den ich mir gönne, kein alltagstaugliches Fahrzeug. Bei Wind und Wetter ohne Verdeck – das ist nicht lustig. Ganz zu schweigen davon, dass er keinen wirklichen Kofferraum hat und Kindersitz und Rollstuhl viel komplizierter zu verstauen sind.
Für mich natürlich auch existenziell wichtig sind die Orte, wo ich mein Auto »unterbringen« kann. Wenn ich irgendwo hinfahre, dann informiere ich mich im Vorfeld immer, wo der Behindertenparkplatz ist, der meinem Ziel am nächsten liegt. Für den ein oder anderen vielleicht eher Luxus, für mich aber ebenfalls Grundvoraussetzung, um ein Auto zu haben: meine Garage. Nicht nur, weil ich gern ein sauberes Auto habe!
Es geht hier nicht um Snobismus. Im Winter wäre beispielsweise mein zugeschneites oder vereistes Auto für mich völlig nutzlos, weil ich die Scheiben wegen meines Handicaps nicht selbst frei kratzen kann. Deswegen habe ich mich und meine Wohnsituation so organisiert, dass ich eine Tiefgarage habe, in die ich direkt von meiner Wohnung mit dem Fahrstuhl fahren kann. Vor einigen Jahren musste ich vorübergehend in eine Wohnung ohne Garage ziehen. Da habe ich am eigenen Leib erfahren, was es heißt, im Winter keine Garage oder Standheizung zu haben. Auf diese Situation muss man sich einstellen und so viel wie möglich bei schönem Wetter erledigen. Wirklich mobil und flexibel, wie man es durch ein Auto ja generell sein sollte, ist man dann aber nicht.
Noch weniger ist das im Ausland der Fall. Dort kann ich in den wenigsten Fällen selbst Auto fahren. Umgerüstete Mietwagen gibt es selten. In einigen deutschen Großstädten hingegen haben ein paar Mietwagenfirmen entsprechende Autos im Angebot. Warum das Angebot aber immer noch so spärlich ist, vermag ich nicht einzuschätzen. Es gäbe sicher viele Rollstuhlfahrer, die eine solche Möglichkeit nutzen würden. Ich werde das auf jeden Fall bei der nächsten Gelegenheit einmal ausprobieren, wenn ich mit dem Flugzeug nach Berlin oder Hamburg unterwegs bin und mein Auto zu Hause stehen lasse.
Aber wie gesagt: Im Ausland ist es sehr schwierig bis unmöglich, solch ein Auto zu bekommen. Da ist oft schnell Schluss mit der Selbstständigkeit. Hinter der Grenze beginnen dann die Grenzen für mich. Daher meine Bitte an die Autovermieter: Habt behinderte Menschen mit im Blick. Wenn man gern selbst mobil ist, sind Taxen nämlich keine wirkliche Alternative. Wie oft habe ich schon erlebt, dass ein Taxifahrer so fuhr,
dass mir bereits nach 50 Metern schlecht wurde. Ich bin da zugegebenermaßen ein wenig empfindlich und tue mich schwer, einen anderen Fahrstil als den meinen zu akzeptieren. Aber die meisten Menschen machen sich kein Bild davon, wie es einem geht, wenn man als behinderter und doch gern selbstständiger Mensch auf einem Beifahrersitz sitzt. Man hat mitunter viel weniger Halt und wird regelrecht durchgeschüttelt.
Einmal musste ich mit einem Fahrer von Köln nach Darmstadt gebracht werden. Ich kam gerade aus dem Schokoladenmuseum und hatte dort bestimmt zwei Kilo Schokolade gekauft. Auf der Fahrt habe ich dann reichlich davon gefuttert, weil ich dachte, wenn ich etwas esse und mich damit beschäftige, meinen Bauch zu füllen, dann ginge es mir besser. Nach der Fahrt bin ich ausgestiegen, und hätte ich noch Knie gehabt, hätten die mir nur so geschlottert und wären weich geworden. Ich war käseweiß im Gesicht, aber weil der Fahrer
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