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Blow Out (German Edition)

Blow Out (German Edition)

Titel: Blow Out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Laub
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schließlich er diese Aufgabe übernommen. Lena Schäfer war ganz in Schwarz gekleidet, in der Hand hielt sie ein blau kariertes Geschirrtuch, mit dem sie unablässig ihre trockenen Hände abrubbelte.
    »Was gibt es, Mutter?«
    Ihre Miene hellte sich auf. »Ich mach uns Labskaus. Mit Spiegelei und Matjesfilet. Dein Leibgericht. Und stell dir vor, sogar Speck konnte ich auftreiben!«
    »Wie kommst du an Speck?«
    »Bei der letzten Lebensmittelzuteilung, da hab ich aus Versehen dem Witte sein Päckchen eingesteckt.« Sie kicherte wie ein kleines Mädchen.
    Nick konnte Labskaus nicht ausstehen, behielt das aber für sich. Es freute ihn, seine Mutter wieder einmal fröhlich und einigermaßen klar im Kopf zu erleben. Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, und für einen Moment war es wieder wie früher.
    Die Wellen brandeten fordernder gegen die Treppe an und schwappten jetzt bereits bis über die Schwelle. Nick beschloss, das unangenehme Thema endlich anzusprechen, das ihm wie ein Stein im Magen lag. »Wir müssen reden.«
    »Ja, schön, dass du wieder daheim bist, mein Junge.«
    »Ja«, erwiderte er, und weil er ihr eine Freude machen wollte, fügte er hinzu: »Ich liebe Dörpling. Es gibt keinen schöneren Ort. Hier habe ich mich immer sicher und geborgen gefühlt.«
    Seine Worte erzielten die gewünschte Wirkung. Lena Schäfer lächelte selig. Er knetete sein rechtes Ohrläppchen. Das hier fiel ihm schwerer, als er angenommen hatte.
    In den folgenden Minuten erklärte Nick seiner Mutter einmal mehr, weshalb sie von hier fort mussten und wo sie die nächsten Monate verbringen würde. Lena Schäfer gefiel nicht, was sie hörte. Der Anflug von Fröhlichkeit war auf einmal wie weggeblasen.
    »Übrigens, was macht das Labskaus?«, sagte er, um sie abzulenken. »Ich hab einen Mordshunger.« Demonstrativ rieb er sich den Bauch.
    »Ach so?«
    »Du wolltest doch Labskaus mit Spiegelei und Speck kochen.« Nick spürte förmlich, wie sehr ihr dieser abrupte Themenwechsel zusetzte.
    »Himmel nee, das hab ich ja ganz vergessen!«, rief sie nach ein paar Sekunden aus und trippelte unsicher zurück ins Haus.
    Nick sah ihr nach. Er hatte ein schlechtes Gewissen, tröstete sich jedoch mit dem Gedanken, dass dies alles nur zu ihrem Besten geschah. Tatsächlich? War ein Lager wirklich das Beste für sie? Natürlich nicht. Nur fehlte ihm für echte Alternativen das Geld. Es war zum Kotzen.
    Er griff in seine Hosentasche, zog einen kleinen Beutel mit Tabak, Blättchen sowie ein paar Gramm Marihuana heraus und drehte sich mit geübten Fingern einen Joint. Durch die offene Tür hörte er seine Mutter in der Küche lautstark mit Töpfen und Pfannen hantieren. So anstrengend sie auch war, er liebte sie. Er hätte sie in der Vergangenheit öfter besuchen müssen und nicht mit all dem hier allein lassen dürfen. Nicht nach dem Tod seines Vaters. Er schwor sich, alles daranzusetzen, sie so schnell wie möglich zu sich nach Berlin zu holen.
    Gerade fischte er das Feuerzeug aus seiner Hosentasche, als ein lautes Scheppern und Stöhnen aus der Küche erklang und ihn daran erinnerte, dass es keinen Strom gab und sich seine Mutter ohne Aufsicht an einem altmodischen Gaskocher zu schaffen machte. Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf, steckte den Joint ein und rannte in die Küche, um nach dem Rechten zu sehen, bevor Lena Schäfer noch das Haus in die Luft sprengte.
    12
    Stocksteif starrte Emma auf ihre Bürotür, auf deren anderer Seite Leland Franklin lauerte. Wie sollte sie reagieren?
    Nach zwei Minuten ohne Klopfen und Rufen – die Emma wie zwei Stunden erschienen – ging sie davon aus, der alte Mann sei endlich abgezogen. Vorerst. Lange konnte sie ihn nicht mehr hinhalten. Leland Franklin wusste Bescheid und würde sich von ihr keinen Tag länger an der Nase herumführen lassen. Wenn sie in dieser Angelegenheit etwas unternehmen wollte, musste sie jetzt handeln oder es für immer bleiben lassen. Stellte sich nur die Frage: Was zum Henker sollte sie unternehmen?
    Sie klappte die Akte zu und trat ans Fenster. Draußen brannte die Sonne vom Himmel. Das heftige Gewitter der letzten Nacht mit den sintflutartigen Regenfällen schien niemals stattgefunden zu haben. Glücklicherweise verhinderten die massiven Sperrwerke an Spree und Havel andauernde Überschwemmungen. Von ihrem Fenster aus konnte Emma einen Teil des Pariser Platzes einsehen, auf dem sich wie immer Menschenmassen dicht an dicht drängten. Wut stieg in Emma auf, als sie an die

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