Blow Out (German Edition)
herausfilterte und analysierte. Was jedoch nicht bedeutete, dass Donovan klasssische Ermittlerarbeit fremd war. Vielleicht entdeckte er in Emma Fishers Büro die ein oder andere Information, die so nicht in ihrem Dossier stand und die dabei helfen konnte, sie aufzuspüren. Zumal ihr Dossier nicht viel hergab.
Geboren in Los Angeles, hatte sie bis zu ihrem vierzehnten Lebensjahr eine unbeschwerte Kindheit im Kreis einer wohlhabenden, angesehenen Familie verbracht. Ihr Vater saß im Vorstand einer Privatbank, ihre Mutter, eine Deutsche, kümmerte sich losgelöst von finanziellen Sorgen um den Haushalt und ihre beiden Töchter. Emmas Kindheit endete, als ihre Schwester bei einem Autounfall ums Leben kam. Die junge Emma erlitt einen Nervenzusammenbruch. Für die Familie Fisher waren die folgenden Jahre geprägt von der Suche nach dem Unfallverursacher, den man jedoch nie ermitteln konnte. Ihr Studium schloss Emma mit summa cum laude ab. Sie bewarb sich in Berlin als Fachkraft in der politischen Abteilung und wurde postwendend eingestellt. Der Rest war, wie man so schön zu sagen pflegte, Geschichte.
Laut dem eilig zusammengestellten Dossier pflegte sie keine ernsthaften Beziehungen zu Männern, doch in diesem Punkt verließ sich Donovan nicht allzu sehr auf die Recherchen. Gerade bei diesem Thema ergaben sich oftmals Überraschungen. Eine erste Kreditkartenanalyse hatte ergeben, dass Emma Fisher einen gesunden Lebensstil pflegte. Sie kaufte bevorzugt ökologisch angebaute Nahrungsmittel, rauchte nicht, trank selten Alkohol und ging nur hin und wieder aus. Ihre Krankenakte war makellos. Lediglich ihr Kaffeekonsum lag mit 17 Prozent leicht über dem durchschnittlichen Verbrauch eines US- Bürgers. Bei so viel Anständigkeit hätte Donovan am liebsten gekotzt.
Alles in allem war das Dossier wenig aufschlussreich. Donovan tat gut daran, im Hier und Jetzt zu ermitteln. Ein Tatort enthielt immer Spuren, die auf den Charakter und die Denkweise des Täters hinwiesen und oft auch auf dessen Motivation. Auch Emma Fishers Wohnung würde einiges über sie zu erzählen haben. Er bleckte die Zähne. Er würde diese Frau bis in ihr Innerstes durchleuchten, sie in- und auswendig kennenlernen und sie dann schnappen, wenn sie es am wenigsten erwartete.
Er setzte sich an den Schreibtisch und durchsuchte diesen gründlich. Er enthielt nichts, was Donovan weiterbrachte. Es dauerte jedoch nicht lange, bis er etwas entdeckte, das ihm ein fettes Grinsen entlockte. Der Spürhund hatte die Witterung aufgenommen.
34
»Trink einen Schluck. Das beruhigt«, sagte Kiara Kolani und reichte Emma einen Becher frisch zubereiteten Filterkaffee.
Emma nickte, führte den Becher jedoch nicht an die Lippen, sondern hielt sich mit beiden Händen daran fest, als gäbe er ihr den momentan dringend benötigten Halt.
»Na los! Trink! Hat ein Vermögen gekostet«, lächelte Kiara und setzte sich ihr gegenüber auf einen Hocker aus blauem Kunstleder. Obwohl die Fenster weit offen standen, war es heiß und stickig. Die Klimaanlage funktionierte seit Monaten nicht. Emma rann der Schweiß in Strömen am Körper hinunter. Kiara war barfuß und trug außer einem zitronengelben, bauchfreien Top mit Spaghettiträgern und einem knappen feuerroten Höschen nichts weiter am Leib.
»Danke«, sagte Emma, ohne den Blick vom Becher zu nehmen.
»Wofür? Für den Kaffee, den du nicht anrührst?«
»Dafür, dass du da bist, wenn man dich braucht.«
»Werd nicht sentimental. Erzähl mir lieber, was los ist. Ich hab dir auch schon oft genug mein Leid geklagt.«
Emma blickte ihrer Freundin in die Augen. »Das ist lieb, und ich weiß es zu schätzen, aber ich will dich da nicht mit reinziehen.«
»In was?«
»Lass es gut sein, Ki.«
»He, ich bin eine Frau«, sagte sie augenzwinkernd. »Unstillbare Neugierde ist mir angeboren.«
»Neugier bringt die Katze um.«
»So schlimm?«
Emma nickte.
»Das dachte ich mir heute morgen schon. Scheiße.« Kiara stand auf. »Vergiss den Kaffee. Ich hol uns was Stärkeres.«
»Wie lange kennst du mich jetzt schon, Ki?«
»Okay, also nichts Hochprozentiges für dich .« Sie verschwand in der Küche, kehrte kurz darauf mit einem Bacardi-Breezer zurück und wackelte mit der Flasche. »Sicher nichts?«
»Ganz sicher. Aber ich könnte eine Dusche vertragen, und ich brauche frische Klamotten.« Sie deutete auf ihre zerrissene Bluse.
»He, Süße, mein Schrank ist dein Schrank.« Sie knuffte Emma in die Seite, nahm sie bei der Hand und
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