Blow Out (German Edition)
führte sie ins Schlafzimmer. »Mal sehen, was wir aus dir machen können.«
Eine halbe Stunde später betrachtete sich Emma im Spiegel. Nach langem Hin und Her hatte sie sich für ein unauffälliges dunkelblaues T-Shirt entschieden, das ihr eine Nummer zu groß war, und für ein Paar Bluejeans, die Kiara angeblich seit Jahren nicht mehr trug, weil sie ihr irgendwann beim Waschen eingegangen waren. Gerne hätte sich Emma noch ein paar bequeme Turnschuhe ausgeliehen, doch die waren allesamt drei Nummern zu groß. Wenigstens passte die Jeans.
»Du siehst großartig aus«, sagte Kiara.
»Die Dusche tat gut.«
»Und was jetzt?«
»Ich muss jemanden anrufen.« Emma ging ins Wohnzimmer und kramte das Prepaid-Handy aus ihrer Handtasche.
»Was ist das denn für ein Teil?«
»Mein Communicator wird mit Sicherheit abgehört. Außerdem könnte man mich orten.«
»Scheiße.«
»Du sagst es.«
»Wen rufst du an?«
»Nick.«
» Den Nick?« Kiara grinste schelmisch. »Ich dachte, den hast du in den Wind geschossen?«
»Hab ich auch.«
»Aber jetzt rufst du ihn an.«
»Ich brauche ihn.«
Kiaras Grinsen wurde breiter.
»Ach Ki, nicht, was du schon wieder denkst. Nick ist Journalist. Er kann mir helfen.«
»Soso.«
»Rein beruflich.«
»Soso.«
»Blöde Kuh.«
Emma tippte auf Wahlwiederholung und scheuchte ihre Freundin aus dem Zimmer.
Nicks Gesicht erschien auf dem Display.
Sie räusperte sich. »Hi.«
»Hi.« Er sah müde aus.
»Warum hast du gestern einfach aufgelegt?«
»Wenn du vorhast, mich wieder blöd anzumachen, lege ich sofort auf. Ich bin wirklich nicht in der Stimmung, mich mit dir zu streiten. Ich habe gerade genügend andere Sorgen.«
Du hast Sorgen? Frag mich mal.
»Sorry. Ich bin wohl gestern etwas übers Ziel hinausgeschossen.«
»Was willst du?«
»Das ist nicht so leicht zu erklären.« Sie zögerte. »Zumindest nicht am Telefon.«
»Du hast von einer Story gesprochen.«
»Richtig.«
»Ein wenig mehr Information dürfte es schon sein.«
»Nicht am Telefon. Die Sache ist zu brisant.«
»Jede gute Story ist brisant, ansonsten wäre es keine gute Story.« Er seufzte. »Okay, gib mir wenigstens ein paar Stichworte.«
»Das kann ich nicht. Mein Communicator wird überwacht.«
»Du wirst überwacht?« Er wurde hellhörig. Mit einem Mal flackerte Interesse in seinem Gesicht auf. »Von wem?«
»Nicht am Telefon.«
»Deshalb die anonyme Rufnummer?«
»Ja.«
»Okay, aber wenn ich dich richtig verstehe, wird dein Communicator überwacht, diese Rufnummer dagegen nicht. Also warum diese Geheimniskrämerei?«
Nicks Penetranz war zum Aus-der-Haut-Fahren. Warum konnte er nicht einfach sagen: Geht klar, wir treffen uns in einer Stunde, dann reden wir darüber . Nein, Nick Schäfer musste mal wieder den Schlaumeier spielen und ihr die Worte im Mund verdrehen. Wie viel konnte sie am Telefon preisgeben, ohne die Quantencomputer von NSA und SCS sofort auf ihre Spur zu führen? Diese reagierten auf bestimmte Schlüsselbegriffe sowie Stimmprofile und schlugen Alarm, sobald irgendwo auf der Welt eines von Millionen Telefongesprächen in ein entsprechendes Suchraster fiel.
»Also gut, hör mir jetzt genau zu und stell keine Fragen!«
Er nickte.
In wenigen Sätzen schilderte sie ihm grob die Geschehnisse der letzten 48 Stunden, wobei sie peinlichst genau darauf achtete, bestimmte Wörter zu vermeiden, von denen sie vermutete, dass diese als Schlüsselbegriffe für eine mögliche Überwachung verwendet wurden. »Verstehst du jetzt, weshalb ich am Telefon nicht eingehender darüber reden möchte?«
»Ganz schön abgefahren.«
»Glaubst du, ich denke mir diesen ganzen Mist aus!«
»O Mann, natürlich nicht.« Er verdrehte die Augen. »Reg dich ab.«
»Bist du interessiert? Ja oder nein?«
»Kacken Möwen auf Schiffsplanken?«
»Heißt das, du hilfst mir?«
»Das heißt, ich bin interessiert«, erwiderte er ausweichend. »Ich möchte mir diese Akte zuerst ansehen, bevor ich dir irgendetwas zusage. Nachher nagelst du mich noch auf Dinge fest, die ich so nie gesagt oder getan habe.«
Sie atmete tief durch und ermahnte sich, nicht auszuflippen . Typisch. Mit diesem Kerl konnte man sich keine fünf Minuten unterhalten, ohne unterschwellige Vorhaltungen verpasst zu bekommen. »Einverstanden. Wo bist du gerade?«
»Magnetschwebebahn. Ich komme in zwanzig Minuten in Berlin-Hauptbahnhof an.«
Die erste gute Nachricht des Tages. Sie verabredeten ein Treffen im Historischen Zoo Berlins, für den
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