Blue (Horror / Mystery / Okkult) (Jake Sloburn Horrorthriller) (German Edition)
Lappen rüber, damit ich mir die Hände abwischen kann, die immer noch voller Öl sind. »Du hast versucht, den Jungen aufzuhalten, erinnerst du dich?«
»Klar doch, hab' ihm aber nur die Jacke versaut, als ich nach ihm gegriffen hab' und das hat ihn ja erst so wütend gemacht...«
»Ja. Ihn, oder wer auch immer in ihm wohnt.«
Ihn ihm wohnt? Ich versteh' kein Wort. Wie soll jemand in dem Jungen wohnen, das ergibt doch keinen Sinn.
»Du hast ihn markiert, Sam.« Er deutet auf das Öl, das ich mir gerade von den Händen wische. »Ich weiß, wo der Junge ist. Zumindest, solange er diese Jacke trägt.«
»Okay, Mr. Sloburn. Wie Sie meinen. Aber haben Sie auch das Rad gesehen, das auf der anderen Seite vom Zaun in den Büschen gelegen hat?«
»Du bist aber aufmerksam, Sam! Das ist gut.« Offenbar hatte er das Rad auch bemerkt. Aber er scheint sich noch nicht über die Konsequenzen im Klaren zu sein. Also erkläre ich es ihm.
»Naja, er wird uns entwischen, wenn wir hier noch länger herumstehen.« sage ich. »Auf dem Fahrrad. Da ist er doch sicher schneller als wir zu Fuß.«
»Sicher, das wäre er.« sagt Sloburn und grinst. »Aber wir fahren mit einem von denen hier.« Er deutet auf die verrostete Ruine des Fury.
Allmählich glaube ich, dass ihn die Eisenstange doch ein bisschen am Kopf erwischt haben muss. Er hätte genauso gut einen alten Teppich als Luftfahrzeug vorschlagen können, um dem Jungen hinterher zu fliegen. Aber wie wir zu dem alten Schleifer rüber gehen, werfe ich einen Blick in den Motorraum und dort drin steckt jetzt irgendwie viel mehr Metall als vorher, das Laub und das Rattennest sind weg. Ihn muss wohl ganz schön die Schraubwut gepackt haben. Am merkwürdigsten ist allerdings dieses rote Leuchten im Motorraum, aber das seh' ich nur ganz kurz, weil Mr. Sloburn mir die Klappe vor der Nase zuschlägt. Auf die Motorhaube hat er eine Art großen Stern in einem Kreis und jede Menge seltsame Symbole gemalt, mit dem schwarzen Öl aus dem Filter.
»Kannst du so etwas fahren?« will er wissen. Ich nicke abwesend. Könnte ich schon, wenn es denn überhaupt fahren würde. Die Reifen hat er übrigens auch gewechselt, die sind nicht mehr platt, sehen regelrecht neu aus, und haben diese weißen Streifen an der Seite. Da ich ihn nicht verärgern will, steige ich ein, setze mich auf den Fahrersitz und tue ein bisschen, als ob.
Er setzt sich daneben, knallt die Tür auf seiner Seite zu (sie quietscht ein bisschen) und trommelt begeistert mit den Handflächen auf seinen Knien herum.
»Na los, Sam. Zeig' mir mal, was in der Kiste steckt!«
Um ihm den Gefallen zu tun, greif ich nach dem Lenkrad und überlege schon, ob ich als nächstes »Brumm, brumm!« rufen soll. Doch dann passiert etwas völlig Irres.
Der Motor springt tatsächlich an.
Vor Schreck zucken meine Hände vom Lenkrad und da ist er wieder aus. Sloburn schüttelt grinsend den Kopf und sagt, den Zeigefinger erhoben und mit einer Stimme wie ein Grundschullehrer: »Immer fein die Hände am Steuer lassen, Sam!«
Also lege ich sie wieder auf das Lenkrad und schon tuckert der Motor wieder los, einfach so, als sei er nie aus gewesen. Probehalber trete ich das Gaspedal ein bisschen durch und der Tiger erwacht im Leerlauf zum Leben, ist das zu fassen? Was immer der Wagen da unter der Haube haben mag, es klingt jedenfalls verdammt kräftig. Sloburn klopft mir auf die Schulter. Ich bin immer noch völlig platt.
Ich suche eine Weile vergeblich zwischen den Sitzen nach einem Schalthebel, aber dann sehe ich die Knöpfe neben dem Lenkrad, mit denen man beim Fury die Gänge wechselt, richtig. Und während ich einen großen Bogen schlage (die Lenkung funktioniert tadellos, wie neu eingestellt), und die Räder über den Schotter knirschen, kann ich immer noch nicht glauben, dass ich gerade in einem völlig verrosteten Oldtimer vom Schrottplatz fahre, der gerade eben noch
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