Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
Kommissar die Hand entgegen. „Kriminalhauptkommissar Karl Pfeifer. Sie sind
Herr Leclerc?“ Er nickte und bat ihn herein.
Pfeifer
war eigentümlich fasziniert. Der Mann sah wirklich gut aus. Seine dunklen
Locken wippten bei jedem Schritt, den er machte, und seine Augen waren von
einem bestechenden smaragdgrün. Unter dem weißen T-Shirt zeichnete sich
deutlich sein wohlgeformter Bizeps ab. Unwillkürlich wanderten seine Gedanken
zu Beate. Sie wäre untröstlich, dass sie diesen Mann verpasst hatte. Er
hingegen hatte für Typen wie diesen Leclerc nicht viel übrig. Zu perfekt.
Sicherlich war er ein Weiberheld und bekam immer, was er wollte. Vielleicht ein
Söhnchen reicher Eltern?
„Bitte
sehr, setzen Sie sich doch. Möchten Sie etwas zu trinken?“, fragte Thierry mit
einem weichen französischen Akzent. „Nein danke. Herr Leclerc, ich muss Ihnen
eine traurige Mitteilung machen. Vielleicht wollen Sie sich lieber setzen?“
Pfeifer machte eine Geste in Richtung eines weißen Ledersessels.
„Ich
denke, das mache ich dann wohl.“ Unsicher tappte Thierry zu dem Sessel und nahm
Platz. Seine grünen Augen blickten erwartungsvoll und ängstlich drein. Er
schien zu ahnen, was kommen würde.
„Herr
Leclerc“, begann Pfeifer noch einmal. „Es tut mir leid Ihnen das sagen zu
müssen, aber wir haben heute Morgen ihre Freundin tot aufgefunden…“ Weiter kam
er nicht. Er wurde von dem lauten Schluchzen Thierrys unterbrochen. „Oh nein,
nein, das kann doch nicht sein“, stammelte er immer wieder.
„Soll
ich jemanden für Sie anrufen? Sie sollten jetzt nicht alleine sein.“ Doch
Thierry verneinte und bat ihn, jetzt zu gehen. Pfeifer zögerte. In diesem
Zustand durfte er den jungen Mann nicht alleine lassen. Noch weniger konnte er
ihm die grausigen Details zum Tod seiner Freundin mitteilen. Also beließ er es
einstweilen dabei. Stattdessen bot er ihm an, Hilfe für ihn zu besorgen. „Herr
Leclerc. Bitte seien Sie vernünftig. Ich rufe jemanden von der Notfallseelsorge
an. Bis zu seinem Eintreffen bleibe ich bei Ihnen.“ Thierry protestierte, doch
unnachgiebig zückte Pfeifer sein Handy und rief die eingespeicherte Nummer der
Seelsorge an. „In zwanzig Minuten wird jemand hier sein. Soll ich Ihnen ein
Glas Wasser bringen?“ Thierry schüttelte den Kopf. „Lieber ein Bier. Bitte. Es
ist im Kühlschrank.“ Pfeifer betrat die Küche. Sie grenzte direkt an das große
Wohnzimmer und war leicht zu finden. Die modernen, auf Hochglanz polierten, weißen
Oberflächen der Schränke strahlten ihn an. Neugierig sah er sich um. Die Küche
war mit teuren Geräten ausgestattet und offensichtlich neu. Er öffnete den
Kühlschrank. Leer. Bis auf eine Flasche Ketchup und einige Flaschen Ganter
befand sich nichts Genießbares darin. Er nahm eine Flasche Bier mit ins
Wohnzimmer und reichte sie Thierry.
„Danke.“
Der junge Mann setzte die Flasche an und trank sie in einem Zug leer.
„Geht es wieder?“, mitfühlend legte Pfeifer ihm die
Hand auf die zuckenden Schultern. Thierry weinte jetzt hemmungslos.
Schließlich saßen sie sich schweigend gegenüber, bis es an der Tür
klingelte. Pfeifer sprang erleichtert auf. „Das wird der Seelsorger sein. Herr
Leclerc, lassen Sie sich von ihm helfen. Falls Sie dennoch ein Gespräch mit mir
wünschen, rufen Sie mich jederzeit an.“ Er reichte ihm seine Visitenkarte.
Thierry legte sie achtlos beiseite und nickte stumm.
Als
Pfeifer draußen war, ärgerte er sich ein wenig über sich selbst. Er hatte die
Chance, die sich ihm gerade geboten hatte, nicht genutzt. Zu gerne hätte er
sich die Wohnung noch etwas genauer angesehen. Außerdem war es oft besser, man
befragte die Verdächtigen sofort. Wenn man Glück hatte, verplapperten sie sich. Moment ! Ist er denn wirklich verdächtig ? Das war doch allein auf
Beates Mist gewachsen und entsprach überhaupt nicht dem, was er dachte. Wieder
irgend so ein Bauchgefühl von ihr. Kurzerhand entschloss er sich dazu, die
Ergebnisse der Obduktion abzuwarten, bevor er sich in falschen Verdächtigungen
verlor, und machte sich auf den Rückweg zum Revier. Er war noch keine fünf
Minuten unterwegs, als sein Handy klingelte. „Ja. Ah du. Ist etwas passiert?
Dein Dienst schon rum? Was? Wohin? Wann? Hättest du mir das nicht früher sagen
können? Ah so. Jetzt beruhige dich doch mal. Na ja, wenn du das sagst. Dann
also bis später.“ Er packte das Handy wieder weg.
Frauke
hatte ihm gerade mitgeteilt, dass sie heute eine Stunde früher nach Hause
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