Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
ab.
„Was war das?“ Leander sah ihnen verwundert nach. „Was zum Teufel hat
der Junge getan, das sein Alter so schlecht auf ihn zu sprechen ist?“
„Junge? Leander, er ist älter als du!“, Beate lachte. „Trotzdem, du
hast Recht. Irgendetwas stimmt hier nicht. Vorhin dachte ich mal kurz, dass er
unschuldig ist, mittlerweile zweifle ich wieder. Was hat er eigentlich zu
seinem Vater gesagt?“
„Er sagte, dass es immer anders kommt, als man denkt. Was immer er
auch mit dieser kryptischen Bemerkung gemeint haben könnte.“
Beate seufzte aus tiefstem Herzen. Sie wünschte sich jetzt Pfeifer an
ihre Seite. Er würde wissen, was zu tun ist. Doch der jagte immer noch wie
besessen hinter Roth und Stein her. Sie beschloss, nochmals mit Dr. Bode zu
sprechen. Ihr war gerade etwas eingefallen. „Dr. Bode, ich würde gerne wissen,
wie Tamara Hölderlin das Thiopental zugeführt wurde.“
„Wie bitte?“
„Na, wurde es gespritzt, hat sie es als Tropfen oder als Tablette
eingenommen?“
„Ach so. Äh, also normalerweise wird es i.v. zugeführt. Das heißt, es
wird in die Vene gespritzt. Allerdings habe ich keine Einstichstelle gefunden.
Das hat aber nichts zu bedeuten. Die könnte an einer Stelle sein, an der wir
sie schlecht bis gar nicht sehen. Zwischen den Zehen oder unter der Zunge. Ich
habe keine Tablettenreste in ihrem Magen gefunden. Also wäre meine Vermutung,
sie bekam es gespritzt oder hat es in Tropfenform zu sich genommen.“
„Kommt man im Krankenhaus leicht an das Zeug ran? Oder muss man das
irgendwie unterschreiben?“.
„Also es muss nicht im Giftschrank gelagert werden. Es ist kein
Morphinderivat, wenn Sie das meinen. Ach so, es könnte Sie vielleicht noch
interessieren, dass das Mittel bis 2011 in den USA zur Vorbereitung auf die
Hinrichtung bzw. zur Hinrichtung selbst verwendet wurde. Jetzt darf das Mittel
außerhalb der EU nur noch mit Sondergenehmigung ausgeführt werden. Also ganz
unproblematisch ist das nicht, wenn in einer Klinik etwas davon fehlt.
Vielleicht wollen Sie da mal ansetzen? Im OP? Denn die Bestellungen und
Lagerungsmengen werden selbstverständlich genau protokolliert“.
„Vielen
Dank, Dr. Bode.“ Sie legte auf.
„Leander,
wir müssen nochmal in die Uniklinik. Diesmal müssen wir uns jemanden suchen,
der für die Bestellungen der Narkotika verantwortlich ist. Oder kannst du das
vielleicht wieder alleine erledigen? Ich muss noch woanders hin.“
„Klar,
mach ich.“ Leander schien nicht mehr sauer auf sie zu sein und sie dankte es
ihm mit einem Lächeln.
25
Beate betrat das große Gebäude der Unternehmensberatung Holmer und
Partner mitten in einem der schönsten Stadtteile Freiburgs. Es war
beeindruckend. Die Agentur hatte ein unter Denkmalschutz stehendes, altes
Klinkergebäude aufwändig saniert. Sie hatten die hohen Stuckdecken erhalten,
große Kronleuchter angebracht und einen italienischen Marmorfußboden legen
lassen.
Ehrfürchtig
strich sie über die pompös verzierte, silberne Tafel am Eingang. Hier waren die
fünf Partner namentlich genannt. „Sieh an, sieh an. Der Herr Heinke war ein
Partner. Na dann mal los.“
„Guten
Tag, was kann ich für Sie tun?“, flötete die unverbindlich lächelnde Dame am
Empfang. Wow. Perfekte Zähne, perfekte Nägel, perfekte Figur, dachte
Beate neidisch. Sie selbst war eher klein geraten, erreichte gerade die 1,60 m,
trug am liebsten Jeans und T-Shirt und ihre Nägel, na ja, über die wollte sie
jetzt lieber nicht nachdenken. Stattdessen brachte sie einigermaßen
selbstbewusst hervor: „Kriminalpolizei. Kriminaloberkommissarin Beate Scheck,
Dezernat 3. Ich habe einen Termin mit Herrn Holmer.“
„Einen
Moment bitte.“ Die Brünette meldete Beate telefonisch an und schickte sie dann
in den fünften Stock. „Dort sind die Besprechungsräume. Die anderen Partner
wollten auch dabei sein“, fügte sie noch hinzu. Sie zeigte Beate mit einem
ihrer langen, künstlichen Fingernägel den Weg zu den Aufzügen. Der Kommissarin
entging dabei nicht der abschätzende Blick, den die Frau ihr zuwarf. Sofort
fühlte sie sich unwohl. Sie wurde sich der leichten Rundung ihres Bauches und
ihrer etwas zu füllig geratenen Oberschenkel bewusst, die vielleicht in der
Jeans nicht gerade vorteilhaft betont wurden. Doch sogleich ärgerte sie sich
wieder über sich selbst. Sie ließ sich von solchen Frauen immer verunsichern,
obwohl sie sich ansonsten ganz wohl in ihrer Haut fühlte. Glücklicherweise ging
in diesem Augenblick die
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