Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
bis sie ihn schnappten, wenn er noch
länger hier herumlungerte. Er wollte sie schütteln und seine Hände um ihren
dicken Hals legen, stattdessen sagte er ruhig: „Entschuldigen Sie bitte,
könnten Sie mich vielleicht vorlassen? Ich muss dringend nach Hause. Meine Frau
ist schwanger und bei ihr haben die Wehen eingesetzt. Ich wäre gerne bei der
Geburt dabei. Für Sie hätte es auch einen Vorteil. Sie könnten sich in Ruhe
überlegen, wo Sie hinwollen.“ Augenaufschlag. Auch hier verfehlte sein
natürlicher Charme seine Wirkung nicht. Die Frau wollte ihn zwar nicht
vorlassen, stattdessen entschuldigte sie sich jedoch und entschied sich endlich
für Norwegen, da man hier besser wandern könne und Haiti ihr nun doch zu heiß
erschien. Tom hielt das für eine gute Idee. Das würde den anderen Badegästen
einiges ersparen.
Ein
tiefer Seufzer der Erleichterung bahnte sich seinen Weg nach draußen.
„Ihr
Flug startet um elf Uhr, Herr Biedermann. Sie werden in Frankfurt
zwischenlanden und von dort aus weiter nach Havanna fliegen. Ihre Ankunftszeit
am Aeropuerto Internacional José Martí in Havanna wird Samstag, 22. Oktober,
neun Uhr sein. Gehen Sie bitte gleich zum Check-in“.
„Dankeschön.
Das ist sehr nett von Ihnen.“ Zufrieden steuerte Tom den Check-in Schalter an
und gab der erstaunten Condor-Mitarbeiterin seine Sporttasche. „Ich reise eben
gerne mit leichtem Gepäck“, sagte er lächelnd.
„Guten
Flug und einen schönen Aufenthalt in Havanna, Herr Biedermann“, sang sie ihm
fröhlich zu. Sie erinnerte Tom ein bisschen an einen Kanarienvogel, so wie sie
da stand mit ihren rötlichen Haaren und der spitzen Nase. Immer fröhlich
pfeifend und singend.
Die
Frau reichte ihm seine Flugtickets und wies ihn an, nach rechts in Richtung
Gate Nr. 31 zu gehen. Aufgeregt machte sich Tom auf den Weg. Er passierte
problemlos die Sicherheitskontrolle und steuerte ohne Umschweife einen Platz an
der Bar der V.I.P. Lounge an, um sich endlich seinen wohlverdienten Drink zu
gönnen.
Er
ließ sich die Karte reichen, sie enthielt, überraschenderweise, einige
vorzügliche Whiskeysorten, und entschied sich für einen 10 Jahre alten
Laphroaig. Einen schottischen Singe-Malt Whiskey. Tom schwenkte die Flüssigkeit
im Glas und starrte fasziniert auf die helle, goldglänzende Farbe des Getränks.
Er
gönnte sich einen großen Schluck und nahm dabei den sanften Duft von Holz und
Birnen wahr, den dieser herrliche Whiskey verströmte. Der erste Schluck
schmeckte leicht torfig, wie immer, aber die Mischung mit einem Schluck Wasser
verlieh dem Laphroiag einen rauchig-würzigen Geschmack. Tom atmete tief durch.
Langsam,
ganz langsam beruhigte sich sein Puls, er hörte auf zu schwitzen und seine
Hände zitterten nicht mehr.
38
„Wenn der wütende Thierry es nicht war, wer war es dann?“
„Das
ist die große Preisfrage, Monsieur Drub.“ Beate trommelte mit dem Stift auf
ihrem Notizblock herum.
„Kannst
du das sein lassen? Das nervt.“
Sie
verdrehte die Augen und begann stattdessen auf ihrem Kugelschreiber
herumzukauen. Die Lösung lag direkt vor ihr, sie musste nur zugreifen, dessen
war sie sich ganz sicher. Aber, sie hatte etwas Wichtiges übersehen. Nur was?
Auf einmal durchfuhr es sie wie ein Blitzschlag. „Leander, los komm! Wir müssen
zu Thierry Leclerc!“ Der jüngere Kollege sah sie verständnislos an. „Jetzt mach
schon, bevor er zusammen mit seinem Vater nach Nantes verschwindet!“ Sie fuhren
zuerst zur Turnseestrasse 68a. Als sie dort niemanden antrafen, begaben sie
sich in das Fünfsterne Hotel, in dem Thierrys Vater abgestiegen war. „Nein, tut
mir leid, Herr Leclerc ist bereits vor einer Stunde abgereist.“ Der Hotelier
bedauerte es sehr, dass er ihnen nicht helfen konnte.
„Das
gibt’s doch nicht!“ Beate kramte ihr Handy aus der Hosentasche und rief Pfeifer
an. „Was soll ich jetzt tun? Ja, ich kann beweisen, dass es Thierry war. Aber
er war es nicht allein. Er hatte etwas Unterstützung, denke ich.“
„Ruf
die Schuler an und sag ihr, sie soll die Kollegen in Nantes verständigen. Dann
schnappst du dir Leander und fährst dort hin. Die Staatsanwältin soll dir
vorher einen Haftbefehl für alle vier Herren ausstellen. Du schaffst das schon!
Ich glaube an dich.“
Alle
verfügbaren Beamten waren jetzt auf der Suche nach Thierry und Cedric Leclerc
sowie den Leibwächtern Oskar Rumbler und Lex Hafner. Sie hofften, die vier noch
vor dem ehemaligen Grenzübertritt zu erwischen. Unterwegs
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