Blue
Wohnzimme r tisch liegen gelassen hatte. Irgendwie bekam ihr Herz einen erneuten Knacks und stolperte über die eigenen Schläge. Schnaubend packte sie den Schlüssel fürs Auto und verließ die Wohnung.
Unten auf der Straße vernahm Blue ein Räuspern und hob den Blick. Tom lehnte am Camaro und hatte die Hände tief in d en Hosentaschen vergraben. Die dunklen Haare hingen ihm ins Gesicht.
„Du bist noch hier?“, fragte sie und schob sich an ihm vorbei , ohne ihn anzusehen. In ihrem Herzen begann ein wenig Hoffnung zu keimen und davor hatte sie Angst.
„Ich brauche eine Mitfahrgelegenheit. Mein Bike steht noch beim Club und mein Helm liegt in deinem Kofferraum.“ Tom wirkte fehl am Platz und das versetzte Blue einen weiteren Hieb.
Resigniert ließ sie die Schultern hängen. „Na schön“, seufzte sie, „dann steig ein.“
Auf dem Weg zur Arbeit schwiegen sie. Erst als Blue auf den Parkplatz fuhr, sprach er sie an.
„Es tut mir leid, Blue. Ich hab mich wie ein Arsch benommen.“
Bevor Blue etwas entgegnete, schaltete sie den Motor ab und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. Dann erst sah sie ihn an. Seine grünen A u gen glänzten. Was sollte sie bloß mit ihm anfangen? „Ja, das hast du. Ich finde, dass du dich zum totalen Idioten gemacht hast.“
Er zuckte zusammen. „Kannst du mir verzeihen?“
Ohne ihn anzusehen , stieg sie aus dem Auto und bemerkte, dass er es ebenfalls getan hatte. Sie blickten sich über das Autodach hinweg an.
„Darauf kann ich dir keine Antwort geben, Tom. Eins ist aber sicher und du sollst es wissen. Auch auf die Gefahr hin, dass du mir nicht glaubst . Der erste Mann , der mich geküsst hat , warst du, heute Nacht.“ Dann drehte sie sich um und ging davon. Tom in s einen schwere n Motorradstiefel n bewegte sich schnell über den Asphalt und kam näher. Als er Blue erreicht hatte, griff er nach ihrem Unterarm und hielt sie zurück.
„Warte, Blue“, er sah sie an und sie hatte das Gefühl in einem grünen See zu versinken, „heißt das, dass du wirklich noch nie …“
Wütend riss sie sich von ihm los und ballte die Hände zu Fäusten. „Du k a pierst auch gar nichts!“, zischte sie und rannte buchstäblich davon.
Der Club war noch fast leer und sie begann ihre allabendliche Runde in i h rem Büro und darüber war sie froh, denn die verhassten Tränen wollten sich bereits wieder an die Oberfläche mogeln. Achtlos warf sie den Mantel über die Stuhllehne. Danach holte sie das Funkgerät mit dem dazugehörenden ear piece von der Ladestation. D as Schulterholster hängte sie an den Haken an der Wand. Nachdem sie all diese selbstverständlichen Handgriffe erledigt hatte, fühlte Blue sich stabil genug , um den Rundgang weiterzuführen. Di e ser Kerl machte sie noch zur Heulsuse und das durfte nicht passieren. Sie hatte sich noch nie so schwach und hilflos gefühlt. Himmel noch mal!
Als E rstes ging sie zur Bar , um die Bestände zu kontrollieren und danach die fehlende Ware aus dem Lagerraum zu holen.
Ein Besuch bei Lucinda und ihren Mädchen stand als N ächstes auf der Liste.
„Guten Abend Lucy, wie geht’s?“
Lucy schnürte gerade einen ihrer hochhackigen Stiefel, als sie Blue prüfend ansah. Die anderen Mädchen waren bereits in den Startlöchern und Lucy und Blue waren allein in der Privatgarderobe.
„Bei mir ist alles in bester Ordnung. Aber du siehst nicht gerade gut aus. Was ist los?“
„Es geht mir gut, wirklich“, antwortete Blue zu schnell. Lucys perfekt in Form gezupften Augenbrauen zogen sich zusammen und die volle Oberlippe zog sich nach oben. Dabei entblößte sie ein paar schneeweiße Fänge. So grazil, aber tödlich wie Lucy selbst.
„Und weil es dir so blendend geht, heulst du fast .“ Ihr Ton war voll er Wärme.
Kraftlos ließ Blue sich auf den Stuhl sinken und seufzte. „Es ist nicht der Rede wert, Lucinda.“
Lucy setzte sich zu ihr und reichte ihr ein Taschentuch, denn ohne dass Blue es bemerkt hatte, hatte sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel davo n gestohlen und rann über ihre Wange.
„Sorry Liebes, aber du siehst aus , als ob dir ein Kerl das Herz gebrochen hat.“
„Darf ich dich etwas fragen, Lucy?“
Lucy nickte. In ihrem Kopf legte Blue sich die Worte zurecht. Vielleicht war Lucy genau die richtige Person für dieses Thema. Eine Professionelle.
„Wenn ich dir sagen würde, dass ich noch nie mit einem Mann geschlafen habe, würdest du mir glauben?“
Lucy zog geräuschvoll Luft ein . Blue wagte es aber
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