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Blue

Blue

Titel: Blue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Blackwood
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stellte Blue das Auto auf dem Parkplatz neben der Fraumünsterkirche ab. Diese Kirche war früher das Gotteshaus eines ehem a ligen Frauenklosters, welches 835 n. Chr. von König Ludwig dem Deutschen gestiftet wurde. Es wurde bis 1524 von Frauen des süddeutschen Hochadels bewohnt. Der römisch-gotische Bau in der Zürcher Altstadt war heute eine evangelisch-reformierte Kirche. Wie in Trance eilte sie die Fraumünsterstr a ße hinunter und fand sich vor der Tür der Kanzlei wieder. Ihr Finger drückte zitternd auf die Klingel , bevor sie eintrat.
    Ignaz Meier war eine Respekt einflößende Erscheinung in den Fünfzigern. Der schwarze Maßanzug unterstrich die Autorität des Mannes. Den Kopf hatte er kahl geschoren und tief auf seiner Nase thronte eine Lesebrille aus Horn. Der Schreibtisch machte trotz der Aktenstapel einen akribisch geor d neten Eindruck.
    Blue trat näher. Der Anwalt erhob sich und streckte ihr die Hand entg e gen. Sie war warm und knochig.
    „Bitte setzen Sie sich, Frau Sangualunaris.“
    „Bitte nennen Sie mich Blue, denn bis vor K urzem habe ich nichts von meinem richtigen Namen gewusst.“
    Er nickte und lehnte sich im Stuhl zurück. Einen Moment sagte niemand etwas . Doch dann stand er ruckartig auf.
    „Blue“, begann er mit leicht fragendem Unterton, „da Sie heute hier sind, nehme ich an, dass Ihr Vater von uns gegangen ist.“
    Sie nickte.
    „ Dann möchte ich Ihnen mein herzliches Beileid aussprechen.“
    „Vielen Dank. Aber ich habe Leander kaum gekannt. Er hat mir Ihren Namen genannt, bevor er in meinen Armen gestorben ist.“
    „Das tut mir leid , zu hören. Ihr Vater und ich haben viele Jahre zusa m mengearbeitet.“ Er ging zu einem Tresorschrank und machte sich am Za h lenschloss zu schaffen.
    „Wissen Sie von uns?“
    Die Frage ließ ihn innehalten. „Ich verstehe nicht, was Sie meinen.“
    „Wissen Sie von der Existenz unserer Spezies?“
    Er lächelte milde. „Ihr Vater und ich hätten nicht über dreißig Jahre z u sammengearbeitet, wenn wir uns nicht voll und ganz vertraut hätten. J a , ich weiß von Ihrer Rasse und was es damit auf sich hat. Anfangs hatte ich natü r lich Bedenken.“ Er stoppte und überdachte seine Aussage noch einmal. „B e denken ist das falsche Wort. Ich hatte eine Heidenangst. Eine blutsaugende, Menschen tötende Kreatur wollte, dass ich ihre Interessen vertrat. Doch nachdem Leander sich mir erklärt und mir alles erzählt hatte, legte sich me i ne Angst. Vertrauen Sie mir, meine Liebe, Ihr Geheimnis ist bei mir sicher.“ Dann drehte er sich dem Safe zu und holte etwas heraus. Als er zum Schreibtisch zurückkam, hielt er eine längliche Schachtel aus poliertem Kirschholz in den Händen. Auf deren Deckel lag ein Stapel Briefumschläge. Nachdem er sich gesetzt und Ordnung in die Unterlagen gebracht hatte, nahm er einen gelben Umschlag zur Hand.
    „Ihr Vater war ein wohlhabender Mann. Er hat Ihnen ein Vermögen in Geldanlagen und Immobilien hinterlassen. Sie und ein weiterer Nutznießer sind seine einzigen Erben. Der Erbteil, der Ihrer Mutter zusteht, wurde b e reits an deren Vertreter ausbezahlt und verwaltet.“
    Zwar überraschte es Blue , das zu hören, aber durch ihren Job bei Boss ha t te sie ein ansehnliches Einkommen. Vielleicht hätte sie sich mehr darüber freuen müssen, bot sich ihr hier doch die Möglichkeit mit Boss’ Sonderau f trägen und den Nachtschichten im Club aufzuhören. Doch sie wollte diese Arbeit nicht aufgeben. So sehr sie sie manchmal hasste, sie war ein Teil von ihr. Was sollte sie sonst tun? Während ihr diese Gedanken durch den Ko pf schossen, hatte Meier den Um schlag geöffnet und den Inhalt herausgezogen. Ein Bündel ordentlich zusammengehefteter Papierbogen kam zum Vo r schein.
    „Ich muss Sie nun um ein paar Unterschriften bitten. Es handelt sich hier um Vollmachten für Bankkonten, bei denen Sie das alleinige Zeichnung s recht haben, sowie die Übertragung von Besitzurkunden dreier Immobilien.“ Er reichte Blue die Formulare und einen edlen Füllfederhalter. Auf jedem Blatt zeigte er ihr die Stelle , wo sie zu signieren hatte. Dann gab er ihr die Originale und steckte die Kopien in einen bereits adressierten Briefumschlag. „Haben Sie noch Fragen?“
    Verwirrt schüttelte Blue den Kopf.
    „Gut . D ann wäre nur noch eine Sache zu erledigen.“ Mit diesen Worten schob er die Kirschholz- Kiste zu ihr herüber.
    Der längliche Kasten stand vor ihr und ihre Finger berührten den Deckel. Das Holz war glatt

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