Blue
um die Outlaws nicht auf dich aufmerksam zu machen. Und aus rein egoistischen Gründen habe ich auch Orion nicht ins Vertrauen gezogen.
Zwei Dinge werde ich mir nie verzeihen. Nämlich, dass ich nicht für Andromeda da sein und sie beschützen konnte und dass ich dich nicht aus deiner schrecklichen Kindheit befreit habe.
Andromeda brachte ich zu einem ihrer Freunde. Er ist Arzt und kann s chweigen . Er und seine Frau haben Andromeda in Pflege genommen. Kurz nachdem sie mir alles b e richtet hatte, ist sie in ein tiefes Koma gefallen und bis heute nicht mehr zu sich gekommen. Das Paar kümmert sich rührend um Deine Mutter und dafür habe ich sie finanziell entschädigt. Solange Andromeda atmet , sind alle Unkosten gedeckt.
Mehrmals wöchentlich habe ich an ihrem Krankenbett gewacht, in der Hoffnung sie würde aufwachen. Doch sie tat es nicht. Wie sehr habe ich mir gewünscht , sie wieder lachen zu sehen, die Wärme ihrer Umarmung zu fühlen, sie zu küssen oder nur ihre Stimme zu hören. Und jetzt, da Du diesen Brief liest , werde ich keine Gelegenheit mehr dazu haben. Beim Gedanken daran bricht mein Herz.
Nun, am Ende all dieser Worte, muss ich Dich um zwei Dinge bitten:
Liebe Siria , bitte wache am Bett Deiner Mutter, so wie ich es getan habe. Du musst es nicht täglich machen, aber so oft Du Zeit erübrigen kannst. Sollte sie wie durch ein Wu n der aufwachen, sag ihr , wie sehr ich sie geliebt habe, auch wenn wir nicht durch die Blutz e remonie verbunden waren. Sie ist trotzdem die Frau im Blute für mich. Sag ihr, dass meine letzten Gedanken ihr gehör t en.
Meine zweite Bitte lautet folgendermaßen: Finde Draconis , Deinen Bruder. Die Familie muss vereint sein , um stark handeln zu können. Ich habe mir lange Gedanken über seinen Verbleib gemacht und vermute folgendes Szenario. Wahrscheinlich haben die Outlaws ihn mitgenommen. Ich könnte mir vorstellen, dass er bei einer Outlaw-Familie aufgewachsen ist. Du wirst ihn an einem Muttermal erkennen, das er laut Andromeda hinter dem linken Ohr trägt. Ein sternförmiges Mal. Alle Nachkommen von Darius haben dieses Mal. Nur an verschiedenen Stellen des Körpers. Du und Dein Bruder tragen es hinter dem linken Ohr. Zumindest hat mir das Deine Mutter so erzählt. Auch ich trage das Mal an dieser Stelle.
Die beiden Schwerter werden seit Generationen an den Erstgeborenen im Geschlecht Delcours weitergegeben. Und da Du, wenn auch nur wenige Minuten, vor Deinem Bruder zur Welt kamst , gehören sie Dir. Gebrauche sie weise. Sie werden Dir auch im Kampf gegen Igor gute Dienste leisten. Er wird nämlich den Outlaws-Thron nicht freiwillig aufg e ben.
Bitte vergib mir meine Fehler und den Irrglauben, dem ich zu lange gefolgt bin. Ich liebe Dich, meine Tochter. Ich habe e uch drei immer geliebt.
Leander Delcours
P .S. Deine Mutter ist in der Obhut von Liesbeth und Frank Horath. Du findest die Adresse in den Unterlagen, die Du von Ignaz Meier bekommen wirst.
Gerücht
Wie betäubt verließ Blue das Büro. D en Koffer mit den Schwertern trug sie unter dem Arm, die Unterlagen befanden sich darin und der Brief ihres V a ters ruhte in der Brusttasche ihres Ledermantels. Ihre Füße trugen sie aut o matisch zu ihrem Auto. Der Camaro mit den getönten Scheiben wirkte unter den gutbürgerlichen Autos wie ein Wolf unter Schafen. Ein Raubtier. Aber war sie das nicht auch? Waren die Vampire nicht alle Raubtiere unter Sch a fen? Wer etwas anderes behauptete, log oder verschloss sich vor der Wah r heit. Ein Teil von ihnen war jedoch gezähmt oder sollte sie sagen zivilisiert ? Sie machten keine Jagd auf Menschen. Doch wie lange würden die Outlaws noch im erzwungen en Untergrund leben?
Nachdem sie die Schwerter in den Kofferraum gelegt und den Wagen ve r schlossen hatte, lehnte sie sich mit verschränkten Armen ans Heck des A u tos. Krampfhaft versuchte sie , ihre Gedanken zu ordnen.
Was fühlte man in einer Situation wie dieser? Blue suchte in ihrem Inneren nach Emotionen jeglicher Art, fand aber nur Leere. Ihr Herz war erstarrt. Sie sollte Tom davon erzählen. Es wäre das einzig Richtige. Sie nahm das Smartphone und wollte ihn anrufen. Der Akku war leer. Mist! Nach Hause wollte sie jetzt aber noch nicht. Die frische Luft tat ihr gut, weshalb sie ein paar Schritte ging.
Ihr Weg führte sie an der Limmat entlang über den Stadthausquai zum Bürkliplatz . Dort lehnte sich Blue an die Brüstung und blickte über den Z ü richsee zu den dahinterliegenden
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