Blümchen, Sex und Peitsche: Roman (German Edition)
eine Nanosekunde, bevor er die Lösung kundtat: »Weil man zwölf Jahre auf ein Fluchtauto warten musste. Hahahahaha.« Imogen lachte nie, sondern verdrehte die Augen und tippte weiter. Kjell erzählt auch gerne von seinen Wochenenden und dass er mit seiner Frau mal wieder gar nicht aus dem Bett gekommen wäre. »Die Kinder ab zur Oma und dann nix wie ran an die Buletten.« Ein anderer seiner Standardsprüche war: »Meine Frau sagt immer, es gibt keinen Besseren als mich – in jeder Hinsicht. Hahahaha!« Grauenhaft!
In den vier Tagen, seitdem Ralle weg war, hatte Imogen viel nachgedacht. Über ihre Ehe, über ihn, über sich. Sie hatte sich im Spiegel angeschaut. So schlimm war es noch gar nicht. Sie musste nur mal wieder zum Friseur und zur Kosmetikerin und auf die Sonnenbank. Und vielleicht sollte sie sich mal ein paar schicke Klamotten kaufen. Das war doch ein Plan. Sie schaute auf die Uhr. Halb vier. Direkt nach Dienstschluss würde sie mit der Bahn nach Hamburg fahren und ein bisschen durch die Innenstadt bummeln.
*
»Geht es dir denn wieder besser?«, fragte Benedikt, als Jasmin das Café betrat. Sie nickte. »Vielen Dank noch mal.«
»Du musst echt aufpassen. Und wirklich immer so ein Notfallset dabei haben. Wie gut, dass nebenan eine Arztpraxis ist, und dass der Arzt auch sofort kommen konnte. Die Spritze hat ja auch gleich geholfen.«
»Ja«, sagte Jasmin und merkte, dass sie rot wurde. Warum musste sie ausgerechnet hier von einer Wespe gestochen werden? Und warum musste diese Wespe sie unbedingt in diesem wichtigen Moment stechen, und wieso um alles in der Welt war sie schon immer allergisch gegen die Biester? Wie peinlich, im Caféhof umzufallen. Sie hatte noch nicht mal mitbekommen, dass Benedikt sie berührt hatte! Das hatten ihr die anderen Gäste erzählt. Er hatte sie hineingetragen. Wie ein Prinz, der seine Prinzessin …
»Möchtest du dich vielleicht ein bisschen hinlegen? Meine Wohnung liegt gleich über dem Café. Im Schlafzimmer ist es sehr kühl.«
Jasmin wurde rot und konnte nichts sagen. »Mpf«, machte sie irgendwann verlegen.
»Also nicht. Möchtest du was trinken?« Benedikt schaute sie erwartungsvoll an.
Auf gar keinen Fall durfte jetzt das Gespräch verebben. Das war die Chance!Sie hatten ein Thema – und wenn sie sich jetzt an einen Tisch setzte, war die Chance vorbei. Sie hätte dann keinen Grund mehr, ihn anzusprechen.
»Ja, eine Rhabarberschorle bitte.«
»Klar. Kannst dich setzen. Iris bringt sie dir gleich.«
Nein.
»Ich mag dein Hemd«, sagte Jasmin schnell, weil sie irgendwas sagen wollte. Benedikt runzelte die Stirn. »Aha. Danke.«
Sie hätte sich am liebsten geohrfeigt.
»Ich finde das super, dass du dich immer anders anziehst«, versuchte sie aus der Nummer rauszukommen. »Also eigentlich hast du überhaupt keinen Stil.«
»Vielen Dank. Das hast du sehr nett rübergebracht. Das hat in der Form auch noch niemand zu mir gesagt.« Benedikt stellte ihr ein gefülltes Glas hin und sah irgendwie so aus, als würde er sich sehr über Jasmin wundern. Nein, eher sah er so aus, als würde er denken, dass sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.
›Was mache ich denn da?‹, dachte Jasmin verzweifelt. ›Das darf doch nicht wahr sein.‹
»Danke«, sagte sie und machte immer noch keine Anstalten, sich einen Platz zu suchen.
»Und wie du das Café eingerichtet hast, finde ich auch toll. So schön plüschig. Das gefällt mir an diesen Schwulen-Läden immer so gut.«
»Es ist sicher besser, wenn du jetzt mal eine Zeitung liest oder so«, sagte Benedikt angesäuert. »Aber es ist sehr schön, dass du dich in meinem schwulen Café so wohl fühlst und mir auch gesagt hast, dass ich mich geschmacklos kleide. Aber das reicht für heute, finde ich.« Das Telefon klingelte, und er wandte sich von Jasmin ab. Die nahm ihr Glas mit der Schorle und schlich mit gesenktem Kopf nach draußen in den Rosenhof. Am liebsten würde sie sterben. Oder erst mal gehen. Nein, sie musste sich bei Benedikt entschuldigen. Aber wie? Sie könnte jetzt zurückgehen und sagen, dass sie »cool« gemeint hatte. Klang doch fast genauso wie »schwul«. Aber wer weiß, was dann noch passieren würde.
Jasmin setzte sich an einen Tisch und fing an, in einer Tageszeitung zu blättern. Sie musste sich einfach beschäftigen. Wichtig war vor allem, dass Benedikt den Eindruck erhielt, dass sie das Ganze überhaupt nicht tangierte. Wahrscheinlich dachte er, sie sei eine vereinsamte Studentin, die niemanden
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