Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bluescreen

Bluescreen

Titel: Bluescreen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mark; Vennemann Greif
Vom Netzwerk:
befreit von einem irrsinnigen System.
    Wenn es irgendjemanden gibt, der zwar arbeitet, aber zu arbeiten aufhören würde, sobald sein Einkommen – gleichzeitig mit dem Einkommen seiner reichsten Landsleute – auf 100 000 US -Dollar pro Jahr fällt, dann sollte er diesen Job nicht machen . Er hätte diesen Job niemals machen sollen. So was ist doch kein Leben – eine Arbeit zu verrichten, die man nicht verrichten will, wenn es auch andere Möglichkeiten gibt und man sich sowieso etwas Besseres vorstellen kann (und man außerdem ein 10 000 Dollar starkes Polster besitzt, um völlig problemlos ein ganz anderes Leben auszuwählen). Falls sich tatsächlich niemand dazu entschließen sollte, diesen Job für lediglich 100 000 Dollar pro Jahr zu machen; falls alle etwas ganz anderem nachgehen würden, das von größerem Wert für die Menschheit wäre; falls, nur einmal angenommen, wirklich niemand bereit wäre, für dieses Geld Unternehmer zu sein, Industriekapitän, Schauspieler oder Athlet – dann sollten diese Jobs nicht existieren.
    Die Annahme, das Wirtschaftssystem würde zusammenbrechen, wenn man die Einkommen deckeln würde, ist eine der zweifelhaftesten Annahmen der herkömmlichen ökonomischen Psychologie. Gehen Sie doch einmal für einen Moment in sich und überlegen Sie, ob Sie diese Annahme teilen. Wird ein Erfinder sofort mit dem Erfinden aufhören, wenn seine Erfindungen zwar weiterhin größeren Kollektiven zugutekommen – einem Unternehmen beispielsweise oder der Gesellschaft insgesamt –, sein ohnehin zufriedenstellendes Einkommen dadurch jedoch nicht weiter steigt?
    Würden die freien Berufe einfach verschwinden, wenn Ärzte nur noch wegen der Gesundheit und Anwälte nur noch wegen der Gerechtigkeit und 100 000 Dollar arbeiten würden, anstatt für – sagen wir – eine Million? Werden die Künste und die Unterhaltungsindustrie kollabieren, sobald Schauspieler, Autoren und Produzenten nur mehr für die Ehre und 100 000 Dollar arbeiten? Würden Baseballspieler wirklich die Branche wechseln? Wenn Sie jetzt in Panik geraten, weil Sie sich eine Obergrenze von 100 000 Dollar nicht vorstellen können, dann setzen wir sie eben bei 150 000 Dollar an. Unser ganzes System gründet auf der irrtümlichen Vorstellung, dass die Menschen die von ihnen gewählte Arbeit eigentlich hassen, während sie eine überwältigende Liebe für das Geld empfinden. Vermutlich ist das exakte Gegenteil der Fall. Sogar ein richtig erfolgreicher Wertpapierhändler muss seine Arbeit auf irgendeine Art und Weise lieben. Er genießt den Wettbewerb, der in Ermangelung anderer Kriterien in Geld gemessen wird, und all die Action und das Taktieren und die Gedanken- und Organisationsspiele, die ganz einfach seine Berufung sind. Diesem Ruhm könnte er allerdings auch in einer Gesellschaft nachjagen, in der er mit diesem Sport der Könige nur 100 000 Dollar im Jahr verdienen würde – in der er, ja, wir alle wesentlich besser dran wären.
     
     
     
    »Aber wie kannst du andere auffordern, auf Teile ihres Einkommens zu verzichten, wenn du nicht zugleich dein eigenes Leben wohltätigen Zwecken widmest? Ist es nicht Heuchelei, von allen anderen zu verlangen, dass sie sich verändern, ohne auch dein eigenes Einkommen auszuhändigen?« Nicht die Großzügigkeit der Individuen –hier eine Handvoll, da ein paar Dollar – rettet die Moral. Wohltätigkeit ist der große Makel aller von Ungleichheit charakterisierten Systeme. (Ich paraphrasiere hier lediglich Oscar Wildes »Der Sozialismus und die Seele des Menschen«.) Wir sollten gar nicht groß darüber nachdenken müssen, ob unser Geld in der Tasche eines notleidenden Menschen besser aufgehoben wäre, ob wir in unserer Freizeit Suppe an die Hungernden verteilen oder unsere Bildung nutzen sollen, um Analphabeten das Lesen beizubringen. Natürlich macht das die Welt in jedem einzelnen Fall zu einem besseren Ort. Doch da es uns nun einmal schwerfällt, Geld zu spenden oder Zeit zu opfern, wenn es nicht alle anderen auch tun – vor allem wenn es Menschen gibt, die offensichtlich über viel mehr Geld und viel mehr Zeit verfügen –, und weil es, ehrlich gesagt, selten eine sonderlich gute Idee ist, die eigene Berufung oder gar das eigene Leben aufzugeben – ist unsere Bereitschaft zu spenden begrenzt und unbeständig. Angesichts der Ungleichheit in der Gesellschaft werden wir so niemals einen großen Unterschied machen.
    Nicht nur Anstand, Gerechtigkeit und Gemeinschaft, sondern auch

Weitere Kostenlose Bücher