Blüte der Tage: Roman (German Edition)
einem Neuanfang«, fügte Roz hinzu.
»Auf der Suche nach einem Job.« Sie stockte, leckte sich über die trockenen Lippen. »Und ich kann anpacken. Mir ist klar, dass kaum jemand eine Frau im sechsten Monat einstellen würde. Aber ich dachte mir, dass Verwandte – auch wenn es sich um entfernte, angeheiratete Verwandte handelt – in der Beziehung vielleicht etwas entgegenkommender sind.«
Unter Roz’ forschendem Blick räusperte sie sich und fuhr tapfer fort: »Ich habe am College Literatur und Betriebswirtschaft studiert und den Abschluss mit Auszeichnung bestanden. Ich kann einen lückenlosen beruflichen Werdegang vorlegen. Ich habe Geld, wenn auch keine Reichtümer. Mein Teilstipendium hat nicht alles abgedeckt,
und mein Daddy hat als Lehrer nicht allzu viel zurücklegen können. Aber durch den Verkauf des Hauses habe ich genug Geld, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, das heißt meine Miete zu zahlen, Essen zu kaufen, für mein Baby aufzukommen. Ich brauche nur vorübergehend einen Job, irgendeine Arbeit. Für Ihren Gartenbaubetrieb und dieses große Haus brauchen Sie sicher Hilfskräfte. Ich wollte Sie fragen, Roz, ob Sie mir die Chance geben, meinen Arbeitswillen unter Beweis zu stellen.«
»Kennen Sie sich mit Pflanzen und Gartenarbeit aus?«
»Daddy und ich haben jedes Jahr Blumenbeete angelegt. Wir haben uns die Gartenarbeit geteilt. Abgesehen davon lässt sich alles lernen. Und ich lerne schnell.«
»Möchten Sie nicht lieber wieder in einer Buchhandlung arbeiten? Hayley hat als Geschäftsführerin in einem Buchladen gearbeitet«, erklärte Roz Stella.
»Sie besitzen aber keinen Buchladen, sondern einen Gartenbaubetrieb«, entgegnete Hayley. »Ich biete an, zwei Wochen auf Probe zu arbeiten. Natürlich ohne Bezahlung.«
»Wenn jemand für mich arbeitet, wird er dafür auch entlohnt. In wenigen Wochen werde ich die Saisonkräfte einstellen. In der Zwischenzeit ... Stella, hätten Sie für Hayley Verwendung?«
»Hm ...« Wie hätte sie dieser jungen, schwangeren Frau ins Gesicht sehen und »nein« sagen sollen? »Wie sah denn Ihr Aufgabenbereich in der Buchhandlung aus?«
»Offiziell war ich zwar nicht Geschäftsführerin, aber im Grunde lief es darauf hinaus. Es war ein kleiner Laden, also machte ich von allem etwas. Bestandslisten, Einkäufe, Kundenbetreuung, Terminplanung, Vertrieb, Werbung. Eben alles, was in einem Buchladen anfällt. Für das Café war jemand anderer zuständig.«
»Was würden Sie als Ihre Stärken bezeichnen?«
Hayley musste tief Luft holen, ihre Nerven beruhigen. Jetzt war es wichtig, klar und präzise zu sein. Denn ihr Stolz verbot es ihr, zu betteln. »Kundenbetreuung und Verkauf. Ich kann gut mit Menschen umgehen und nehme mir für die Beratung Zeit, damit die Leute auch wirklich das bekommen, was sie haben wollen. Zufriedene Kunden kommen wieder. Nur mit gutem Service und persönlicher Beratung gewinnt man Stammkunden.«
Stella nickte. »Und Ihre Schwächen?«
»Der Einkauf«, antwortete sie ohne Zögern. »Am liebsten hätte ich für den Laden ständig neue Bücher gekauft. Ich musste mir immer wieder sagen, dass es nicht mein Geld ist, das ich da ausgab. Aber manchmal ist die Lust am Einkaufen trotzdem mit mir durchgegangen.«
»Wir sind gerade in einem Umstrukturierungsprozess und wollen manche Bereiche erweitern. Ich könnte tatsächlich etwas Hilfe bei der Einführung des neuen Systems gebrauchen. Es müssen noch etliche Computerprogramme installiert werden, und manche sind ziemlich zeitraubend.«
»Ich kenne die gängigsten Computersysteme.«
»Einigen wir uns auf die zwei Wochen Probezeit, die Sie natürlich bezahlt kriegen«, entschied Roz. »Sollten wir feststellen, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert, werde ich Ihnen gern bei der Suche nach einem anderen Job behilflich sein.«
»Das ist ein faires Angebot. Danke, Ma’am.«
»Roz. Im Gartenhäuschen stehen noch einige Kanister Benzin. Ich schlage vor, wir werden jetzt Ihren Wagen auftanken, damit Sie ihn herfahren und Ihre Sachen ausladen können.«
»Hierher? Ins Haus?« Kopfschüttelnd stellte Hayley ihre Teetasse ab. »Wie gesagt, ich war wirklich nicht auf Almosen aus. Für den Job oder die Möglichkeit auf einen Job bin ich sehr dankbar. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie mich aufnehmen.«
»Verwandte, selbst ferne, angeheiratete Verwandte, sind hier immer willkommen. Außerdem können wir uns so besser kennen lernen und sehen, ob wir überhaupt
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