Blüte der Tage: Roman (German Edition)
Rücken gekehrt hat. Ich hoffe, sie wird uns auch erklären, warum sie sich gerade zu diesem Zeitpunkt zu solch drastischen Schritten entschlossen hat.«
»Große Schritte, keine drastischen«, berichtigte Hayley. »Ich habe es wegen des Babys getan. Nun ja, wegen
uns beiden. Es ist vermutlich ziemlich offensichtlich, dass ich nicht verheiratet bin.«
»Unterstützt Ihre Familie Sie nicht?«, fragte Stella.
»Meine Mutter hat sich absentiert, als ich fünf Jahre alt war. Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht daran«, sagte sie zu Roz. »Oder haben es aus Höflichkeit nicht erwähnt. Mein Daddy ist letztes Jahr gestorben. Ich habe Tanten, Onkel, zwei Großmütter und eine Reihe Cousins und Cousinen. Manche leben noch in der Gegend von Little Rock. Die Meinung über meine gegenwärtige Situation ist ... gemischt. Danke«, merkte sie an, als Roz ihr eine Tasse Tee reichte.
»Tja, als Daddy starb, war ich schrecklich traurig. Er wurde beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst. Einer dieser Unfälle, die man einfach nicht begreifen kann und die, nun ja, die irgendwie ungerecht sind. Ich hatte keine Zeit, mich darauf vorzubereiten. Vermutlich kann man das sowieso nicht. Jedenfalls war er sofort tot.«
Sie trank einen Schluck Tee, der sie mit wohliger Wärme erfüllte. Erst jetzt merkte sie, wie erschöpft sie war. »Ich war traurig, wütend und sehr allein. Und da war dieser Typ. Es war kein One-Night-Stand oder so etwas. Wir mochten uns. Er kam immer in die Buchhandlung und flirtete mit mir. Und ich flirtete zurück. Nach dem Tod meines Vaters war er mir dann ein großer Trost. Er war sehr süß. Wie auch immer, eines führte zum anderen. Er studiert Jura. Als er nach den Ferien wieder an die Uni zurückging, merkte ich bald darauf, dass ich schwanger war. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wie ich es ihm beibringen sollte. Oder meiner Umwelt. Also machte ich erst mal so weiter, als wäre nichts geschehen.«
»Und dann?«
»Ich fand, ich müsste es ihm persönlich mitteilen. Er war seit einiger Zeit nicht mehr in die Buchhandlung gekommen. Also ging ich zur Universität, um ihn dort aufzuspüren. Tja, leider stellte sich heraus, dass er bereits anderweitig verliebt war. Es war ihm ein wenig peinlich, mir das zu erzählen, da wir ja miteinander geschlafen hatten. Allerdings hatten wir uns weder etwas versprochen, noch waren wir wirklich ineinander verliebt gewesen. Und als er über dieses andere Mädchen redete, strahlte er über das ganze Gesicht. Man sah ihm an, wie er es anbetete. Ich erzählte ihm nichts von dem Baby.«
Sie hielt inne und nahm sich eines von den Plätzchen, die Stella auf einem Teller angeordnet hatte. »Süßigkeiten kann ich nicht widerstehen. Aber um auf das Thema zurückzukommen: Ich kam zu dem Entschluss, dass es für uns alle besser wäre, wenn er nichts von der Schwangerschaft erführe.«
»Eine sehr harte Entscheidung«, bemerkte Roz.
»Eigentlich nicht. Im Grunde hatte ich keine konkreten Erwartungen an ihn. Ich war lediglich der Meinung, er habe ein Recht darauf, es zu erfahren. Aber ich wollte ihn nicht heiraten oder so. Ich war mir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht einmal sicher, ob ich das Baby behalten wollte.«
An dem Plätzchen knabbernd, strich sie liebevoll über ihren Bauch. »Vermutlich war das einer der Gründe, weshalb ich ihn aufgesucht habe. Nicht nur, um es ihm mitzuteilen, sondern auch um zu erfahren, was er für die beste Lösung hielte. Tja, aber als wir dann zusammensaßen, kam er sehr bald auf dieses andere Mädchen zu sprechen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich musste schnell eine Entscheidung treffen. Hätte ich es ihm gesagt, hätte er sich schlecht gefühlt oder schuldig oder sogar schäbig. Ich hätte sein ganzes Leben zerstört, obwohl er im Grunde nichts anderes getan hat, als mir durch eine schwere Zeit zu helfen.«
»Aber dafür sind Sie jetzt allein«, warf Stella ein.
»Das wäre ich so oder so. Als ich mich entschloss, das Baby zu behalten, habe ich tatsächlich noch einmal erwogen, es ihm zu erzählen. Also habe ich mich bei einigen Leuten nach ihm erkundigt. Er war noch immer mit diesem Mädchen zusammen, und sie redeten sogar schon von Heirat. Für mich war der Fall damit abgeschlossen. Sobald sich meine Schwangerschaft äußerlich bemerkbar machte, begann natürlich das Getuschel. Und so verkaufte ich das Haus und beinahe alles, was sich darin befand. Dann setzte ich mich ins Auto, und da bin ich nun.«
»Auf der Suche nach
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