Blueten-Trilogie 03 - Fliedernachte
Eindruck, dass er dir gegenüber Schuldgefühle empfindet. Dass ihm leidtut, was damals geschah. Und dass er nicht viel von seinem Junior hält. Denn als ich zum zweiten Teil meines Berichts, dem Besuch seiner Schwiegertochter kam, hat er Gerald aus dem Raum geschickt.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Er kapierte ziemlich schnell, was Sache ist, und wir haben eine Einigung erzielt.«
»Und wie sieht die aus?«
»Sofern er dafür sorgt, dass dich die beiden in Ruhe lassen und keine Lügengeschichten über dich verbreiten, ist für mich die Sache gegessen. Falls einer von den beiden hingegen sich noch mal hier blicken lässt oder uns üble Nachreden zu Ohren kommen, werde ich alles daransetzen, ihnen das Handwerk zu legen. Dann kommen sie ins Gerede, was dem Hotel schadet, und das ist bestimmt das Letzte, was der Senior gebrauchen kann. Das war’s.«
»Mehr nicht?«
»Nein. Er hat mir noch eine Visitenkarte mit seiner privaten Telefonnummer gegeben. Damit ich mich bei ihm melde, sobald sich einer von den beiden nicht an die Abmachung hält.«
»Einen Moment.« Hope hob verwirrt die Hand. »Baxter Wickham hat dir seine Privatnummer gegeben?«
»Na und? Er ist schließlich nicht der liebe Gott, sondern bloß ein Mann, der eine Scheißwut auf seinen missratenen Sohn hatte. Aber wie gesagt, die Sache ist erledigt.«
Er trank einen großen Schluck von seiner Cola. Das brauchte er, weil sein Hals schon ganz rau war vom vielen Reden. Normalerweise sprach er nie so viel an einem Stück.
»Vielleicht hättest du dich wirklich selbst mit ihm unterhalten sollen, denn der alte Herr machte mir einen durchaus vernünftigen Eindruck«, fügte er hinzu.
Hope selbst sah das etwas anders, doch im Endergebnis kam es auf das Gleiche heraus. Baxter Wickham war ein kühl kalkulierender Geschäftsmann, der keinen Sand im Getriebe seines Unternehmens duldete. Überdies besaß er einigen Einfluss, weil er die richtigen Leute kannte, und wollte seine gesellschaftliche Stellung durch ärgerliche Eskapaden von Sohn und Schwiegertochter nicht gefährdet sehen.
»Er war lange Zeit mein Boss, und ich bin mit ihm gut klargekommen. Du hast recht, ich hätte zu ihm gehen sollen. Nur dachte ich nach der geplatzten Beziehung zu Jonathan, dass ich bei ihm kaum auf Verständnis stoßen würde. Weil in der Regel Blut eben dicker als Wasser ist.«
»Vielleicht, zumindest was die dubiose Offerte seines Sohnes angeht. Aber die Schwiegertochter hat eindeutig den Bogen überspannt, und das will er sich nicht bieten lassen. Ich denke, er wird Mittel und Wege finden, sie an die Kandare zu nehmen.«
»So weit hätte es gar nicht erst kommen dürfen. Und das Gleiche gilt für unseren Streit. Es tut mir wirklich leid.«
»Ich nehme an, nach dem Versöhnungssex sind wir quitt.«
Als sie lachte, streichelte er ihre Wange, und sie sah ihn reglos an.
»Dein Gesicht hat mir gefehlt«, sagte er, und sie griff gerührt nach seiner Hand.
»Und mir hat deins ebenfalls gefehlt.«
Er stand rasch auf und zog sie von ihrem Hocker, presste sie dicht an seinen Körper. Sie rechnete mit einem fordernden, ungestümen Kuss. Stattdessen legte er die Lippen sanft und ganz zart auf ihren Mund, öffnete damit ihr Herz und drang völlig unvermutet in die Tiefen ihrer Seele vor.
Selbst als er sich wieder von ihr löste, hielt dieses Gefühl an, dass etwas Neues zwischen ihnen passierte.
Sein schwieliger Daumen glitt über ihren Wangenknochen. Streichelte liebevoll ihre weiche Haut. »Ich hol später was zu essen und komm zurück.«
»Okay. Allerdings hab ich …«
»Gäste. Ja, ich weiß. Ich werde einfach oben warten, bis du dich loseisen kannst.« Er sah sie eindringlich mit seinen grünen Augen an. »Das heißt, wir beide werden oben warten. D.B. hat dich nämlich ebenfalls vermisst.«
Er ging aus dem Haus und ließ sie aufgewühlt und nachdenklich zugleich zurück.
Hatte sie sich wirklich einmal eingebildet, etwas Ähnliches für Jonathan Wickham zu empfinden? So dumm konnte man doch gar nicht sein, Gewohnheit und Zufriedenheit, Loyalität und Zuneigung mit etwas zu verwechseln, das so allumfassend, überwältigend, berauschend war wie das Gefühl, das sie mit Ryder verband.
Sie setzte sich wieder und wartete, bis der Sturm der Gefühle sich etwas legte, bis ihre Knie nicht mehr so weich und ihre Atemzüge weniger zittrig waren. Bisher war ihr nicht klar gewesen, wie man körperlich auf Liebe reagierte. Und das machte ihr Angst.
Sich zu verlieben, war
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