Blütenrausch (German Edition)
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» Du hast ja gut reden!«, quietschte ich am Hörer. »Du liegst ja faul auf der Couch, während ich um diese Uhrzeit arbeiten muss und keine Zeit habe, happy zu sein.« Jetzt hatte ich es ihm gegeben. Zumindest glaubte ich das. Ich lag aber falsch und hatte mich soeben blamiert, wie ich eine Sekunde später feststellen konnte.
» Mann! Das ist der Titel des Songs, den du suchst. Don't worry, be happy , von Bobby McFerrin.« Wentold summte kurz die Melodie, um seiner Behauptung Nachdruck zu verleihen.
Ich schämte mich zu Tode, ließ es Wentold aber nicht spüren. Stattdessen versuchte ich mich aus der Affaire zu ziehen, in dem ich so tat, als ob ich den dummen Satz nie gesagt hätte.
» Ja, stimmt. Genau das ist der Song. Mensch, wie konnte ich ihn nicht erkennen! Danke. Es ist wirklich nett von dir, dass du mir geholfen hast. Und entschuldige, dass Franjo dich meinetwegen geweckt hat.«
»Passt schon. Bis bald«, antwortete er mürrisch, bevor er hastig auflegte.
Jetzt wusste ich, was der mysteriöse maskierte Mann auf der Hochzeit gespielt hatte: Don't worry, be happy. Mach dir keine Sorgen, sei glücklich.
Sollte das eine Aufforderung sein, Natalie sollte alles, was ihr Kummer bereitete, vergessen und ihre Hochzeit genießen? Ja sogar ihr neues Leben als verheiratete Frau? Oder handelte es sich doch um ein Lied, das beide, Natalie und diese Person, auf irgendeine Art und Weise verband? War es womöglich Tims und Natalies Liebeslied? Um endlich Gewissheit zu erlangen, rief ich Sophia in ihrem Büro in Amerika an.
Während ich konzentriert lauschte, wie es auf dem anderen Kontinent k lingelte, malte ich mir schon aus, wie hoch meine Telefonrechnung diesen Monat sein würde. Eine Flatrate für internationale Verbindungen hatte ich mit meiner Telefongesellschaft nicht abgeschlossen. Wozu auch, ich betreute ja keine Hochzeiten im Ausland, und Freunde in der Ferne hatte ich auch keine.
Nachdem es ein paar Mal geklingelt hatte, meldete sich wieder die Rezeption der Boston & Trevix Consultings . Jemand verband mich mit dem Sekretariat der Abteilung in der Sophia arbeitete, und als ich eine gewisse Mrs. Parson am Apparat hatte und nach Sophia verlangte, verkündete sie mir, dass Mrs. Lehmann verreist sei und erst nächste Woche wieder käme. Nein, eine Auskunft über ihren Aufenthalt könne sie mir nicht geben, das verstoße gegen den internen Datenschutz. Bye bye .
Eine Woche. Eine Ewigkeit .
Wo war denn Sophia? Auf einer Geschäftsreise? Hatte sie Urlaub? Ich ärgerte mich jetzt, dass ich mich bei unserem Telefonat nicht nach ihrer privaten Telefonnummer erkundigt hatte. Schließlich wollte sie ja auch wissen, ob ich etwas in ihrer Laube gefunden hatte. Da wäre eine Telefonnummer das Mindeste gewesen, was sie mir hätte anbieten müssen. Apropos Laube, vielleicht war sie ja in Berlin, überlegte ich. Um das herauszufinden, würde ich im Palais Nestor anrufen müssen. Ich machte mich also auf die Suche nach der Telefonnummer der Familie, aber sie hatten keinen Eintrag im Telefonbuch.
Es blieb mir mal wieder nichts andere s übrig, als nach Potsdam zu fahren. Da ich aber unendlich viel Arbeit hatte, beschloss ich den Ausflug erst gegen Abend zu machen.
Bodo kniete gerade auf dem Boden, unter seinem Tisch, als ich, bepackt mit zwei Tüten von Paper Marie, zurückkam. Der Geschenke- und Papierladen an der Uhlandstraße war ein kleines, hübsches Geschäft, das, seit ich Hochzeitsplanerin bin, unentbehrlich für mich geworden war. Dort findet man die schönsten Verpackungen für Gastgeschenke, die edelsten oder pfiffigsten Einladungskarten und die niedlichsten Giveaways überhaupt. Sehr praktisch war es, dass Paper Marie über eine dazugehörige kleine Druckerei verfügte, die im Hinterhof untergebracht war. So konnte man Vieles in einem Aufwasch erledigen.
Nach meinem misslungenem Anruf in Boston und einigen anderen Büroarbeiten verweilte ich eine ganze Weile in dem Laden. Ich war auf der Suche nach interessanten Musterstücken im Bereich Gastgeschenke für eine Hochzeit, die in einem Monat stattfinden würde. Ich hatte im Büro ein ganzes Regal voller attraktiver Geschenke, aber das Brautpaar hatte nichts Passendes gefunden. Also musste ich mein Sortiment erweitern. Das tat ich sowieso regelmäßig, wenn ich verschiedene Messen besuchte. Das, was dieser Laden jedoch offerierte, war auf keiner Messe zu finden. Neben dem üblichen Sortiment, bot der Laden immer sehr
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