Blütenrausch (German Edition)
außergewöhnliche Stücke, und so freute ich mich immer wieder, wenn ich dort etwas Neues fand.
» Was machst du da unter dem Tisch?«, fragte ich, während ich meine Sachen ablegte. Beim näheren Hinsehen erkannte ich, dass Bodo an dem Kabelsalat, der an seinem Computer hing, herumwerkelte.
» Der Computer ist abgestürzt. Aber ich kriege das schon hin.« Er war gerade dabei, verschiedene Kabel einer Steckdose in die andere zu wechseln.
I ch warf einen Blick auf seinen Tisch. Das schwarze Heft lag immer noch dort, neben unzähligen gedruckten Listen mit allerlei Namenskombinationen. Das, was als spielerische Herausforderung für Bodo anfing, entpuppte sich allmählich zur Obsession. Nicht, dass er seine Arbeit vernachlässigte, vielmehr hatte ich den Eindruck, er vernachlässigte seine Essens- und Schlafgewohnheiten. Seit zwei Tagen hatte er sein Mittagessen kaum angerührt und sein Schläfchen hielt er auch nicht mehr. Langsam gewann ich den Eindruck, ihn hatte eine Begeisterung für das Detektivische gepackt. Ich hoffte nur, dass er nicht erwog, zur Polizei zur wechseln, denn trotz seiner Eigenarten erwies er sich als eine sehr gute Hilfskraft, und ich würde ihn nicht entbehren wollen.
»Wie läuft es eigentlich mit deiner Recherche?«
»Gut.«
Ich wartete noch kurz, ob er mir mehr zu sagen hatte, dem war aber nicht so. Nachzubohren hätte nichts gebracht, daher ging ich wieder an meinen Tisch und fing an, die Gastgeschenke aus den Papiertüten rauszuholen.
Plötzlich fiel Bodo etwas ein und er ergänzte: »Eine Frau Lehmann hat angerufen. Sie hat eine Telefonnummer hinterlassen. Die habe ich dir per Mail geschickt.«
Was für ein wunderbarer Zufall, dachte ich mir, setzte mich an meinen Tisch und berührte den Standby-Knopf, damit der Computer wieder hochfuhr. Die Kiste gab aber weder den typischen Kling-Ton von sich, noch rührte sich etwas am Bildschirm.
» Ist mein Computer auch abgestürzt?«
» Geduld, ich kriege das gleich hin.«
Ich konnte es nicht fassen: Beide Rechner abgestürzt, gerade jetzt, wo ich Sophias Telefonnummer doch so verzweifelt gebraucht hätte. Warum konnte dieser Mensch mir nicht einfach einen Zettel mit der Nummer auf den Tisch legen, wie jeder andere normale Mensch auch? Ach, ja, ich vergaß: »Er ist ja nicht normal«, flüsterte ich spöttisch mir selbst zu.
Normal. Das ist er wirklich nicht.
Ich atmete tief durch. Ein en Versuch war es wert: »Welche Telefonnummer hast du mir auf die Mail geschrieben, Bodo?«
» 017587992586«, antwortete mein hochbegabter Mitarbeiter, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
» Kannst du das bitte wiederholen?«, sagte ich, nachdem ich einen Kugelschreiber und einen Zettel in der Hand hielt.
» 017587992586.« Bodo wiederholte die Handynummer so schnell, dass ich Schwierigkeiten hatte, mitzuschreiben.
»Die drei letzten Ziffern lauten 586 oder 596?«
»017587992586.«
» Danke, Bodo, du bist ein echter Schatz!«, lobte ich ihn.
Aber damit konnt e er wieder mal nichts anfangen. »Ich bin kein Schatz, sondern ein Mensch«, stellte er klar.
» Entschuldige, du hast ja recht.« Nichts lag mir ferner, als ihn durcheinanderzubringen.
Ich tippte die Zahl in mein Telefon und hoffte inbrünstig, mein Assistent möge sich die Nummer richtig eingeprägt haben. Erfreulicherweise hatte er das auch, denn nachdem es nur einmal geklingelt hatte, meldete sich Sophias Stimme.
» Hallo, Frau Lehmann, Trautheim hier. Sie hatten heute angerufen?«
» Hallo, Frau Trautheim. Schön, dass Sie zurückrufen. Ich bin gerade zu Hause angekommen. Die Maschine hatte Verspätung und die Koffer haben ewig gebraucht, bis sie ankamen. Aber jetzt bin ich endlich da.«
» Sie sind in Berlin?«
» Ja, ich habe mir ein paar Tage freigenommen. Tag, Mami.« Das sagte sie nicht zu mir, sondern zu ihrer Mutter. Vermutlich hatte sie gerade ihre Tochter in Empfang genommen, denn plötzlich unterbrach Sophia ihr Gespräch mit mir. Stattdessen hörte ich nur noch Küsschen und Willkommensgrüße. »Entschuldigen Sie, meine Mutter kam gerade aus der Tür. »Wer ist das, Liebes?«, hörte ich in der Ferne. »Ich komme gleich, geh schon mal rein«, bekam die Mutter zu hören, bevor Sophia sich wieder mir zuwandte: »Nochmals Entschuldigung, Frau Trautheim.«
» Keine Ursache, ich wollte Sie auch nicht stören.«
» Das tun Sie nicht. Im Gegenteil, ich habe Sie gleich angerufen, als ich im Flughafen ankam. Ich würde Sie gerne sehen. Haben Sie Zeit?«
» Ja, klar.
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