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Blütenrausch (German Edition)

Blütenrausch (German Edition)

Titel: Blütenrausch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mila Herbst
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der Saxofonspieler. Ich hatte ja selbst gesehen, wie Natalie erschrocken aus dem Fenster sah, als sie die Gestalt, die ich als eben diesen Saxofonspieler identifizierte, bemerkte. Mir war aber nicht aufgefallen, dass sie, als er im Garten des Schlosshotels anfing zu spielen, bei seinem Anblick auch erschrak.
    Das konnte ich aber jetzt deutlich sehen.
    Markus hatte ein interessantes Bild geknipst. Auf der einen Seite befand sich der Saxofonspieler. Er hielt sein Instrument zwischen den Lippen und spielte. Ihm gegenüber stand Natalie, in Begleitung ihres Mannes und ihrer Mutter, dahinter noch ein paar Gäste. Sie hatte weit geöffnete Augen und hielt die Hand vor den Mund. Man konnte es als eine erfreuliche Überraschungsgeste deuten, schließlich war es ja auch eine Überraschung. Aber bei näherem Betrachten erkannte ich, dass für Natalie die Überraschung alles andere als erfreulich war. Sie wirkte eher schockiert. Sie kannte also den Mann und sie mochte ihn nicht, oder sie hatte nicht erwartet, ihn auf ihrer Hochzeit zu sehen.
    Wer war er bloß?
    Ich strengte mein Gedächtnis an und versetzte mich in den Augenblick. Was war mir aufgefallen? Er hatte sich hinter einem Baum versteckt ... Er trug eine Karnevalsmaske und war schwarz angezogen ... Er sagte nichts, sondern fing sofort an zu spielen ... Er spielte nicht schlecht, ein Profi? ... Er war nervös, spielte nur ein Stück ... Alle liefen ihm hinterher ... Hatte er der Braut gratuliert? Hatte sie sich bei ihm bedankt? Das wusste ich leider nicht, zu dem Zeitpunkt war ich schon mit anderen Dingen beschäftigt. Ich könnte mich jetzt ohrfeigen, dass ich ihn damals nicht ansprach. Während er spielte, hatte ich mich nur flüchtig bei Natalies Mutter erkundigt, ob sie ihn engagiert hatte oder ob er zum Freundeskreis gehörte. Sie wusste nicht, wer er war. Und danach war das Thema für mich erst mal erledigt. Olivers Befragung des Personals und der Gäste hatten auch nichts ergeben. Keiner kannte ihn.
    Ein Geist also?
    Wenn Natalie wusste, wer der Mann war, wie hatte sie ihn erkannt? Er trug ja eine Maske. Ich zoomte das Bild noch näher heran. Ich überprüfte, ob er irgendein Merkmal trug ‒ ein Tattoo, Ringe, Ohrringe oder sonst was ‒, aber ich konnte nichts erkennen. Vielleicht war das Stück das Verbindungsglied, überlegte ich. Ich versuchte krampfhaft mich an das Lied zu erinnern, das er spielte. Trällerte die Melodie nach. Verdammt, was war das? Es war ein bekanntes Stück, nur wollte mir der Titel nicht einfallen.
    Ich notierte mir auf ein en Zettel, dass ich morgen Franjo, von der Band Thokit, anrufen musste. Ein Musiker würde doch wissen, um welches Lied es sich handelte. Und wenn er mir nicht weiter helfen konnte, vielleicht der andere ‒ Herrgott noch mal, wie hieß der noch? ‒, schließlich war er ja auch Saxofonist. Dann speicherte ich das Bild in den Ordner "Verdächtig" .
    Meine Glieder begannen, sich zu versteifen. Ich machte eine kurze Pause, streckte meinen Körper ein paar Mal hin und her und ging dann in die Küche. Im Kühlschrank fand ich noch ein Stück Pecorinokäse. Ich verschlang ihn, als hätte ich seit Tagen nichts gegessen, dabei verschluckte ich mich beinahe.
    Auf den nächsten Bildern suchte ich konzentriert weiter. Während des Empfangs stieß die Braut mit jedem ihrer Gäste an. Sie unterhielt sich auch mit fast allen. Und lächelte immer wieder. Markus hatte sie aber kaum aus den Augen gelassen, und so entdeckte ich ein paar Bilder, auf denen sie etwas verloren und traurig aussah. Es konnte die Müdigkeit oder die Anspannung der letzten Stunden sein, aber vielleicht betrübte sie etwas. Sie schaute niemand Besonderen an, außer auf einem Foto. Jemand unterhielt sich mit ihr. Sie hielt ein Glas Champagner mit beiden Händen fest und es erweckte den Anschein, als würde sie nicht zuhören. Stattdessen blickte sie in Richtung ihres Gatten. Er unterhielt sich gerade mit seinem Vater und schien Natalies Blick nicht zu bemerken. Je länger ich das Bild betrachtete, desto mehr sah es danach aus, als würde sie innerlich schreien und ihm immer wieder die gleiche Frage stellen: »Warum?« Oder bildete ich mir das nur ein? Ich markierte dieses Bild, schob es zu den anderen verdächtigen und fuhr fort.
    Die Bilder danach verrieten mir leider auch nichts Neues, bis auf zwei. Markus hatte den Brautpaartisch mit seinen Tischgästen mehrmals fotografiert. Während des Dinners knipste er auch die Momente, als Natalie von einem Tisch zum

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