Blütenrausch (German Edition)
ersten Klasse kann man was Besseres erwarten, aber leider ist dem nicht so. Ich speise nie an Bord, deswegen bin ich so hungrig.«
» Das kann ich gut verstehen. Mir schmeckt das Essen an Bord auch nicht.« Dass ich nie First Class geflogen bin und im Flugzeug höchstens ein Sandwich mit nach Plastik schmeckendem Schinken oder Kaugummikäse angeboten bekam, das man auch noch bezahlen musste, brauchte ich ihr ja nicht zu verraten. »Hatten Sie zumindest einen angenehmen Flug?«
» Oh, ja. Ich habe da einen sehr netten Mann kennengelernt.« Sophia schüttelte kokett ihr Haar nach hinten und lächelte mich komplizenhaft an. »Wer weiß, vielleicht werde ich bald Ihre Dienste in Anspruch nehmen müssen.« Sie erwähnte das mit einem Augenzwinkern. Gleich danach schien ihr das Thema auf einmal nicht mehr passend zu sein. Wahrscheinlich dachte sie gerade an Natalie.
» Ja, gerne, wann immer Sie wollen, ich würde mich freuen«, sagte ich bescheiden und schämte mich gleichzeitig, als ich mich dabei ertappte, wie ich im Schnellverfahren durchrechnete, wie viele Gäste auf ihrer Hochzeit wohl zu erwarten wären und wie viel Geld ich dabei verdienen könnte.
In dem Moment kam Lutz an unserem Tisch und servierte die Getränke. Dazu überreichte er uns einen Teller Antipasti als kleine Aufmerksamkeit des Hauses. Als er sich entfernte, ergriff ich wieder das Wort: »Es ist gut, dass Sie da sind. Ich habe schon versucht, Sie im Büro zu erreichen.«
» Ach ja? Was wollten Sie denn? Geht es um das Gretchen ? Übrigens wollte ich Sie deswegen auch treffen.«
Auf einmal klingelte Sophias Handy. Sie blickte mich entschuldigend an, holte ihr schickes Smartphone aus ihrer Handtasche und las die SMS, die sie gerade erhalten hatte. Ohne auf diese zu antworten, legte sie ihr Handy auf den Tisch und fuhr fort: »Ich wollte wissen, ob Sie dort etwas gefunden haben, etwas was zur Aufklärung von … Natalies Tod beitragen könnte.« Als sie bemerkte, wie ihr die Tränen hochkamen, kramte sie wieder in ihrer Handtasche, bis sie ein Papiertaschentuch fand, und wischte sich damit die Augen. »Entschuldigung. Ich kann es immer noch nicht fassen.«
» Kein Problem. Das hat uns alle erschüttert.« Ich drückte kurz ihre Hand.
» Danke.« Sophia verstaute ihr Taschentuch wieder in ihrer Tasche und atmete zwei Mal durch. »Und, haben Sie was gefunden?«
Das war jetzt eine heikle Situation. Sollte ich ihr verraten, was ich entdeckt hatte? Vielleicht konnte sie mir ja mehr über das schwarze Heftchen sagen. Anderseits, wäre das klug? Sie war zum Zeitpunkt des Geschehens in Amerika, aber wenn sie doch irgendwas mit Natalies Tod zu tun hatte …
Ich entschied mich für das Einfachste: »Nein, leider habe ich nichts gefunden.«
Die Enttäuschung in Sophias Gesicht war nicht zu übersehen.
Ist das ein gutes Zeichen?
Entlastete ihr Ausdruck sie von jedem Verdacht, etw as mit der Geschichte gehabt zu haben, oder war sie enttäuscht, weil sie von dem kleinen Heft wusste und sich erhoffte, ich hätte es gefunden und würde es ihr jetzt geben?
Ich versuchte mir Klarheit zu v erschaffen: »Was dachten Sie, würde ich finden?«
» Etwas, das Licht in das Ganze bringt. Etwas, das die Ermittlungen der Polizei weiter vorantreiben könnte. Ich habe nämlich mit Natalies Ehemann telefoniert, und er sagte mir, es gebe keine Neuigkeiten. Jedes Mal, wenn er mit den ermittelnden Polizisten redet, erhält er nur als Antwort, er solle sich in Geduld üben. Es würde fleißig ermittelt, und sobald sie einen Verdächtigen hätten, würden sie ihn das wissen lassen. Apropos Verdächtige, wussten Sie, dass sogar David als Verdächtiger vernommen wurde? Was denken sich diese Leute denn? Dass man ein Person heiratet, um sie gleich am Hochzeitstag umzubringen? Das ist doch krank!«
Sophia schüttelte den Kopf und nahm einen großen Schluck Wein , um, wie es schien, ihre Enttäuschung runterzuspülen.
» Das ist bei Mord so üblich. Jeder ist verdächtig, sogar ich war es. Mich haben sie auch vernommen, zuerst als Zeugin, dann wurde mir aber klar signalisiert, dass auch ich als Mörderin infrage käme. Da hilft mir mein ehemaliger Status als Mitglied der Polizei keinen Deut.«
» Aber das ist doch absurd. Was für ein Mordmotiv hätten Sie denn? Sie waren doch nur die Hochzeitsplanerin.«
» Das sehen meine einstigen Kollegen nicht so. Rache, Eifersucht, Habgier ... All das könnte eine Hochzeitsplanerin durchaus dazu bewogen haben, ihre Kundin umzubringen.«
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