Blütenzauber und Liebeswunder: Roman (German Edition)
»ich erinnere mich, dass du von ihr gesprochen hast.«
In Frankies Vorstellung war Cherish mindestens mannsgroß gewesen und eine typische Jamaikanerin: breites Lächeln und weiße Zähne, warmherzig mit kehligem Lachen und unschlagbarem Sinn für Humor. Eine derart blasse und ausgemergelte Person konnte doch unmöglich Cherish heißen, geschweige denn sich als Farbberaterin präsentieren?
»Ähm.« Frankie schluckte und zwang sich zu einem Lächeln. »Cherish, wie nett, Sie kennenzulernen.«
»Freut mich auch«, sagte Cherish in weich schnurrendem Berkshire-Dialekt. »Aber Sie sollten wirklich nicht dieses leuchtende Blau tragen. Nicht bei Ihren Augen und diesen schwarzen Haaren.«
»Äh, nicht? Ich dachte eigentlich, es passt recht gut zu meiner Augenfarbe.«
»Ach, in diesem Punkt werden so viele Fehler gemacht.« Cherish reckte sich zu ihrer vollen Größe von etwa eins sechzig. »Sie möchten doch sicher, dass Ihre Farben Ihrem Inneren entsprechen.«
Rosa, rot, blutig und schleimig?, dachte Frankie angewidert.
»Sie«, Cherish beäugte sie über den Tresen hinweg, »sind ein grauer Typ. Dunkel. Beinahe farblos. Sie sollten ein hübsches Blaugrau tragen oder Zinngrau oder Aschgrau. Sie sind der Typ fahler Winterabend. Grau, meine Liebe, das ist Ihre Farbe. Es gibt nicht viele von Ihrer Sorte.«
Frankie blinzelte. Also nur sie selbst und John Major?
»Grau habe ich wirklich noch nie gemocht. Mir sind leuchtende Farben lieber.«
»Großer Fehler«, meinte Cherish seufzend. »Leuchtende Farben übertönen Ihre wahre Persönlichkeit. Sie werden nie Glück und Erfolg finden, solange Sie Ihre Farben nicht Ihrer Seele anpassen. Und Ihre Seele, meine Liebe, ist durch und durch grau.«
Na toll, dachte Frankie.
»Also bitte, da siehst du es.« Biddys Nase zuckte begeistert in Frankies Richtung. »Da warst du total schief gewickelt, nicht wahr? Hör auf mit all diesen bunten Farben und fang an, Grautöne zu tragen. Es wird dein Leben verändern.«
»Ich werd’s mir merken«, murmelte Frankie.
Cherish strahlte.
Biddys Nase zuckte noch ein bisschen stärker. »Hab dir doch gesagt, dass sie gut ist, nicht wahr? Also, was ich mir gedacht hab, ist, wenn Cherish sich hier drüben bei den Umkleidekabinen postiert, könnte sie die Leute abfangen, bevor sie hineingehen, sich ansehen, was sie ausgesucht haben, und Klartext mit ihnen reden.«
»Und ich würde freiberuflich arbeiten«, ergänzte Cherish voller Begeisterung. »Ich wäre wie eine Subunternehmerin. Sie müssten mir nichts bezahlen. Das würden die Kunden tun.«
Sofern nach Cherishs niederschmetternder und haarsträubend grauenhafter Beratung noch irgendwelche Kunden übrig blieben, dachte Frankie düster. Sie setzte das professionelle Lächeln auf. »Nun, das ist ein sehr freundliches Angebot, und wenn die Boutique sich vielleicht erst ein wenig etabliert hat, könnte ich möglicherweise interessiert sein, unser Spektrum zu erweitern, doch momentan bin ich ja erst noch dabei, mich einzuarbeiten und …«
»Du gibst Cherish einen Korb?«, fragte Biddy empört.
»Ja. Tut mir leid. Ich fürchte, im Augenblick ist das nichts für mich.«
»Wenn du sie jetzt nicht nimmst, dann wird Dorothy Perkins in Winterbrook sie sich schnappen.« Biddy blinzelte zornig. »Es war wirklich ein Fehler von Rita, dir die Verantwortung für diesen Laden zu überlassen. Du weißt nicht, was gut für dich ist. Wenn du so weitermachst, hast du Ritas nette kleine Boutique spätestens bis Ostern ruiniert.«
»Wie wäre es, wenn ich einfach meine Visitenkarten hier auf die Theke lege, Liebes?«, fragte Cherish mit hoffnungsvoller Miene. »Auch wenn ich momentan nicht wirklich hier arbeiten kann, möchten Sie mich ja vielleicht empfehlen. Ich arbeite sowieso überwiegend von zu Hause aus.«
»Äh, ja, okay.« Skeptisch beäugte Frankie den Stapel eselsohriger, selbst gebastelter Visitenkarten. »Lassen Sie sie nur da. Das ist prima.«
Biddy und Cherish kämpften sich durch die Boutique und blieben stehen, um sich eine Auswahl pastellfarbener Ballonkleider anzusehen. Frankie wollte sich irgendwie kaum vorstellen, wie Biddy in einem Ballonkleid aussehen würde …
»Was war das denn eben?« Lilly unterbrach die Bedienung am anderen Ende des Tresens und ließ einen weiteren Arm voll lila-goldener Tragetaschen auf einen rutschigen Haufen fallen. »Das hab ich nicht ganz mitgekriegt.«
»Ach, die miesepetrige Biddy hat mir nur ihre Farbberaterin Cherish vorgestellt. Cherish
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