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BLUFF!

BLUFF!

Titel: BLUFF! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Lütz
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könnte, so wie das nicht vorhandene Kaninchen im Psychotherapieseminar.
    Gewiss, man mag die ein oder andere Fertigkeit als Personalchef erlernen können, die wesentlichen Fähigkeiten, die man für diesen Job braucht, muss man aber schon mitbringen, und ob man das tut, das müssen diejenigen, die Personalchefs auswählen, beim Bewerbungsgespräch feststellen können.
     
    Das Beratungsgeschäft boomt jedenfalls, »Psychologie« steht dabei hoch im Kurs, und es gibt kaum noch einen Bereich, in dem nicht auf Teufel komm raus gecoacht wird. Was da verkauft wird, ist gar nicht immer falsch, aber sehr häufig einfach nur banal und jedenfalls teuer. Doch bei all dem kostspieligen Ratgebermist, der den Markt überflutet, bleibt die nüchterne Lebensweisheit: Guter Rat ist eigentlich nicht teuer, sondern vor allem selten.
    Das Psychologieuniversum ist riesig, und es gibt ganz verschiedene Psychowelten, in die der heilsbegierige Leser eintauchen kann. Da ist die Freudsche Psychoanalyse für den geschichtsbewussten Intellektuellen, die Jungianische Ketzerei für den Liebhaber von Mythen der Völker. Wer zu Minderwertigkeitskomplexen neigt, der wird vielleicht Alfred Adler bevorzugen. Dann gibt es da aber noch all die »ganzheitlichen« Formen, die Gefühl, Kreativität oder körperliche Wohligkeit ansprechen, die Gestalttherapie (lockere Kleidung sinnvoll!), die Bioenergetik (warme Decken mitbringen!), die Urschreitherapie (Schallschutz empfohlen!) und wie sie alle heißen. Die Psychowelt hat für jeden etwas zu bieten. Und um das unmissverständlich zu sagen: All diese Methoden können, von seriösen Therapeuten bei wirklich kranken Menschen angewendet, gute Wirkungen haben.
    Doch wenn die Menschen im Glauben gelassen oder sogar bestärkt werden, diese Therapiemethode sei wahr und führe zum Eigentlichen des Lebens, dann ist das nichts anderes als Scharlatanerie, nicht selten lukrative Scharlatanerie, versteht sich, und die Menschen werden für teures Geld um ihr eigentliches Leben betrogen, indem ihnen die jeweilige Therapiemethode als Heile-Welt-Szenario vorgespielt wird. Das kann buchstäblich bis zur Abhängigkeit führen, ja bis hin zu gefährlichen Psychosekten mit einer völlig abgeschlossenen Pseudowelt. Zwar heißt das Zauberwort der Psycho-Heilslehren auch mal gerne Selbstverwirklichung, doch genau genommen wird da dann in der Regel das eigene unverwechselbare Selbst der angeblichen Wahrheit der Lehre geopfert.
    Geschäftstüchtigkeit spielt freilich beileibe nicht in allen oder auch nur in den meisten Fällen eine Rolle. Manche Therapeuten haben die wissenschaftliche Eigenart ihrer Therapiemethode nicht begriffen und glauben selbst daran wie an eine Heilslehre. Sie haben dann im Grunde gar keine Freizeit mehr, denn sie »diagnostizieren« und »therapieren« fröhlich auch in ihrem Privatleben herum, bis sie irgendwann merken, dass sie keine Freunde mehr haben. Denn so etwas lassen vernünftige Menschen ungefragt völlig zu Recht normalerweise nicht mit sich machen. Dass niemand die ideale psychische Ausgeglichenheit, die da immer als Ziel versprochen wird, wirklich auf Dauer erreichen kann, wird übrigens immer gerne verschwiegen. Es sind gefälschte Welten, in die die erlösungsbegierigen Kunden da geschäftstüchtig eingeladen werden oder in die sich der Therapeut sogar selber verstrickt.
     
    Neuerdings gibt es noch eine andere Variante der bestsellerträchtigen Reduktion der vielfältigen Welt auf »nichts anderes als« irgendetwas. Und so haben wir jetzt nicht bloß Leute, die behaupten, die äußere Welt, das sei letztlich »nichts anderes als« Wellen und Elementarteilchen, und andere Leute, die verkünden, die innere Welt, das sei letztlich »nichts anderes als« unverarbeitete Kindheitserlebnisse, sondern da gibt es jetzt auch noch die sogenannten Hirnforscher, die behaupten, die ganze Psychowelt, das sei letztlich »nichts anderes als« Neurotransmitteraktionen. Das klingt ohnehin für viele schon ziemlich unverständlich, und so etwas gilt ja bekanntlich in Deutschland als ein Hinweis auf robuste Wissenschaftlichkeit. Eigentlich ist das Ganze aber ziemlich einfach.
    Das Gehirn ist ein Organ, und schon seit langem wissen wir, dass wir mit dem Gehirn denken und eben nicht mit dem Bauch oder den Geschlechtsorganen. Nun lässt sich jedem Gedanken, jedem Gefühl, jedem Willensakt natürlich irgendeine Gehirnaktion zuordnen, und welche das ist, kann man heute naturgemäß immer genauer darstellen. Auf diese

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