Blumen fuer Polt
Hand an den Jeans ab.
„Gehen wir hinauf?“
Polt gab sich einen Ruck. „Ja, gehen wir.“
Oben angekommen, waren beide ein wenig außer Atem.
Unter ihnen lag ein sanftes Gewirr von Hügeln, kleine Weingartenhütten standen
zwischen den Reben. Tieferwärts waren die Kirchtürme von Burgheim und Brunndorf
zu sehen, und dazwischen ragte der Schlot eines Ziegelofens hoch, der in den
50er Jahren zusperren hatte müssen. Nicht einmal für die Abwicklung des
Konkurses war genug Geld dagewesen.
Karin trat an den Rand des Absturzes und schaute vorsichtig
hinunter. „Da ragen Steine aus dem Löß, und der Regen hat turmartige Gebilde
ausgewaschen.“
„Das hat der Willi alles zu spüren bekommen, beim
Hinunterfallen.“ Simon Polt legte den Arm um ihre Schulter. „Hast du dich
übrigens umgeschaut, unter deinen Schulkindern?“
Sie streifte seinen Arm ab. „Natürlich habe ich
das.“
„Ja und?“
„Nichts Konkretes, beim besten Willen nicht.“
„Aber etwas macht dich stutzig, nicht wahr?“
„Du kennst mich schon viel zu gut.“ Karin riß
unwillig einen Grashalm aus. „Es gibt da so etwas wie eine Lausbubenbande in
der ersten Klasse. Was die so treiben, ist nicht immer harmlos und manchmal
auch richtig boshaft. Andererseits: Besonders der Anführer, der Klaus, ist ein
heller Kopf. Und er hat Sinn für Kameradschaft. Wie auch immer. Mit denen ist
irgendwas los, da bin ich mir ziemlich sicher. Sie sind lauter und aggressiver
als sonst und dann wieder völlig unkonzentriert.“
„Und seit wann ist das so?“
„Ich weiß, was du hören möchtest, Simon. Aber so auffällig
sind diese Buben auch wieder nicht. Erst nach unserem Gespräch, als ich
genauer hingeschaut habe, bin ich aufmerksam geworden. Ich habe dann mit dem
Klaus geredet. Aber außer einer patzigen Antwort habe ich nichts zu hören
bekommen.“
„Hast du ihn direkt auf den Willi angesprochen?“
„Nein, hab ich nicht. War doch
reichlich ungeschickt gewesen, oder?“
„Jaja. Und wie komme ich an die vier heran?“
„Ich habe befürchtet, daß du das willst. Vorerst
gibt es für mich nur zwei Möglichkeiten. Sieh zu, daß du wieder einmal zum Verkehrsunterricht
in die Hauptschule eingeteilt wirst. Dann kannst du dir ein erstes Bild von
den Buben machen. Oder du hast Glück und erwischst sie in der aufgelassenen
Kellergasse zwischen Brunndorf und Burgheim. Dort spielen sie gerne, ich
glaube, dort ist für sie so eine Art Räuberhauptquartier. Hast du was zu schreiben?“
„Klar, als stets dienstbereiter Gendarm. Also?“
„Klaus Wieser, Toni Sauer, Franz Heindl und Robert
Oller sind die Namen.“
„Danke.“ Polt faltete den Zettel sorgfältig zusammen
und steckte ihn in die Hemdtasche. „Vor ein paar Tagen war ich übrigens wieder
einmal auf der Suche nach Frau Habesams gestohlenem Fahrrad. Diesmal ist es im
Feuchtbiotop von Brunndorf gestanden mit einer Sackpuppe auf dem Sattel. Wie
findest du das?“
Karin schwieg vorerst. Dann sagte sie leise: „Die
vier haben bei Frau Habesam Hausverbot, weil sie Schokobananen gestohlen
haben, wenn nicht mehr.“
„Da schau her.“
„Jaja, da schau her! Weißt du was? Ich habe Angst.“
„Mir geht's nicht viel besser, aber irgendwie muß
die Sache ja weitergehen. Ich bin überzeugt davon, daß die Buben nichts
wirklich Ernstes angestellt haben, aber ich brauche Klarheit, damit sie für
mich aus dem Spiel sind.“
„Um jeden Preis?“
„Um jeden angemessenen und
vernünftigen Preis.“
„Müssen Männer so sein,
Simon?“
„Ich versteh nicht.“
„Wie denn auch.“
Schweigend kehrten die beiden zu ihren Fahrrädern zurück.
Karin schaute auf die Uhr. „Um Himmels willen. Höchste Zeit für den Sparverein
im Gasthaus Stelzer.“ Schon war sie unterwegs und legte ein beachtliches Tempo
vor. Simon Polt hatte einige Mühe, ihr zu folgen. Dann ging es die Kellergasse
bergab. Vor Karl Gapmayrs Preßhaus teilte eine gepflasterte Wasserrinne den
Asphalt. Die Lehrerin bremste, im gleichen Augenblick kippte das Fahrrad nach
vorn, sie wurde über den Lenker geschleudert, versuchte mit den Armen ihren
Sturz noch abzufangen, prallte schwer mit dem Kopf auf die Fahrbahn und blieb
auf dem Rücken liegen.
Polt rannte zu ihr. Karin war bewußtlos. Eine Platzwunde
am Hinterkopf blutete stark, auch aus der Nase sickerte Blut. Jetzt erst
bemerkte Polt Karl Gapmayr, der neben ihn getreten war. „Schnell! Einen Arzt!“
Der Weinbauer legte ihm beruhigend die Hand auf die
Schulter. „Schon
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