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Blumen fuer Polt

Blumen fuer Polt

Titel: Blumen fuer Polt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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gelassen
haben. Waren sie womöglich wie er gewesen? Gedankenlos dem dumpfen Drängen tierischer
Triebe folgend? Wir werden es wohl nie erfahren.
    Polt wurde jedesmal ärgerlich, wenn er diese Zeilen
unter die Augen bekam. Auch dem eitlen Tropf von Redakteur war der Willi egal
gewesen. Und ob seine Eltern nicht auch aus verzweifelter Not gehandelt haben
könnten, interessierte ihn nicht. Hauptsache, er konnte sich als Schreiber
wichtig machen. Willis Tod hatte später in einer zweizeiligen Notiz Platz
finden müssen.
    Polt lächelte böse. Dann zerknüllte er die Zeitung,
trug sie vors Haus, hielt ein brennendes Zündholz daran und schaute befriedigt
zu, wie das schwülstige Elaborat in Flammen aufging. Mit neu erwachter
Tatkraft holte er sein Fahrrad hervor, bestieg es mit einiger Mühe und stellte
dann fest, daß alles halb so schlimm war.
    Erst wollte er zum Runhof, weil er sich Sorgen um
Frau Breitwieser machte. Er versuchte sich vorzustellen, wie das Leben der
beiden alten Leute im Gutshof an der Grenze ablief. Was redeten sie miteinander
nach all den Jahren? Und wie wurden sie mit der drohenden Gerichtsverhandlung
fertig? Frau Breitwieser schien resigniert zu haben und wirkte kraftlos. Ihr
Mann machte sich zwar auch keine Illusionen, was die Zukunft betraf, hielt aber
den Kopf aufrecht. Als er auf der Suche nach seiner Frau in die Dienststelle
gekommen war, hatte allerdings auch er einen erbärmlichen Eindruck gemacht.
    Polt kam zum Schluß, daß es besser sei, die beiden
vorerst in Ruhe zu lassen. Er nahm in Brunndorf einen Feldweg, der zurück
nach Burgheim führte, und überquerte die Gleise der stillgelegten Lokalbahn. Es
hieß, daß sie im Dienste des Fremdenverkehrs neu belebt werden sollte.
Fremdenverkehr! Das Wiesbachtal war ein verwunschener Fleck Erde. Die wenigen
privaten Weinkunden kamen, kauften und gingen, und kaum einer nahm sich Zeit
für den langsamen Rhythmus des Hügellandes und hatte ein Gespür für seine ruhige,
eindringliche Melodie.
    In Burgheim fand sich Polt, ohne es wirklich gewollt
zu haben, vor Aloisia Habesams Kaufhaus wieder. Er trat ein, und gleich umfing
ihn jene seltsame Mischung aus Gerüchen, die er schon als Bub gemocht hatte:
Waschpulver, Schokolade, Kaffee, Äpfel und noch viel mehr. Schon gut, in
Nuancen mochte sich die Komposition geändert haben, aber schließlich kam es auf
den Einklang der Gegensätze an, auf die Harmonie im Chaos. Frau Habesam tauchte
aus der dämmrigen Wunderwelt ihrer Lagerräume auf, erschrak beim Anblick des
lädierten Gendarmen und sagte dann überraschend sanft: „Um Himmels willen,
Inspektor. Kann ich Ihnen helfen?“
    Polt betrachtete interessiert eine Fernsehleuchte in
Form einer venezianischen Gondel. „Mir geht es ganz gut, Frau Habesam.“
    „Männergeschwätz. Aber meinetwegen. Und was führt
Sie zu mir?“
    „Eigentlich nichts.“ Polt hatte die Gondel wieder
ins Regal gestellt und bewunderte nun einen Schwan aus weißem Porzellan, in
dessen hohlem Rücken eine gelbe Kerze steckte. „Oder doch. Ich habe eine
Neuigkeit für Sie. Ihr Fahrrad wird nicht wieder gestohlen werden.“
    Frau Habesams kleine Augen blitzten auf. „So! Und
wer war's?“
    „Sag ich nicht.“ Polt griff gedankenverloren nach
einem Stück Lilienmilchseife und roch daran.
    „Ist auch nicht notwendig.“ Zu Polts Erstaunen stahl
sich ein mütterliches Lächeln in Frau Habesams Gesicht. „Und sagen Sie den
kleinen Banditen, daß sie bei mir wieder einkaufen können. Einkaufen habe ich
gesagt, nicht stehlen.“
    Polt grinste. „Geht in Ordnung. Bis bald also!“
    „Warten Sie einen Augenblick, Inspektor.“ Frau
Habesam warf Polt einen verschwörerischen Blick zu. „Sie sollen erfahren, wie
klug es ist, eine ehrsame Kauffrau zu unterstützen.“ Sie ging nach hinten, kam
gleich wieder und drückte Polt ein klein zusammengefaltetes Stück Papier in die
Hand. „Damals, als die Geschichte mit den gestohlenen Schokobananen passiert
ist, habe ich die vier Knaben natürlich gefilzt. Und mir entgeht nichts. Nehmen
Sie's nur mit.“
    „Danke!“ Polt schob das Papier in die Hosentasche
und schaute zur Tür. Manfred Wieser, der Vater von Klaus, trat ins Geschäft.
„Ich habe Ihr Fahrrad draußen gesehen, Inspektor, ich muß mit Ihnen reden,
sofort.“
    „Ja?“ Polt fühlte sich unbehaglich.
    „Sie waren mit dem Klaus und den anderen zusammen.
Seitdem hat der Bub noch keinen Bissen gegessen und einschlafen hat er auch
nicht können. Was haben Sie mit ihm

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