Blumen fuer Polt
wenn die was
angestellt haben sollten, werden wir eben durchgreifen.“
„Durchgreifen? Ich weiß nicht recht...“, sagte die
Lehrerin leise.
„Sie stecken mit dem doch unter einer Decke.“
Manfred Wieser schaute verächtlich drein.
Karin Walter stand auf und verließ den Raum.
Polt betrachtete die vier Männer ruhig. „Ich habe
den Zettel natürlich nicht weitergegeben, Herr Wieser. Die Gendarmerie hat mit
der Sache nach wie vor absolut nichts zu tun. Ich werde mich auch so lange
nicht mehr mit euren Buben treffen, bis ihr wieder anders denkt. Aber die Angelegenheit
ist damit nicht erledigt. Eure Kinder haben panische Angst, und zwar nicht vor
mir. Die haben irgend etwas Schreckliches erlebt. Man muß ihnen helfen.“
„Noch was?“ Manfred Wieser schaute zu Polt hoch wie
ein Hund, der sich fürchtet, aber gleich beißen wird.
„Nein.“ Der Gendarm erhob sich langsam und wandte
sich zum Gehen.
Polt hätte gerne noch in Brunndorf seinen Freund,
den Friedrich Kurzbacher, besucht, aber das Hoftor war versperrt, und so bog
Polt in die schmale Straße ein, die zur Kellergasse führte. Er hatte den ganzen
Tag über nicht auf das Wetter geachtet, doch jetzt sah er, daß von Osten her,
über der bewaldeten Kuppe des Grünbergs, blauschwarze Wolken aufgezogen waren.
Als er die ersten Preßhäuser erreichte, brach das Gewitter los. Polt duckte
sich im prasselnden Regen.
„Halt! Herein da!“
Der Gendarm bremste und sah Josef Schachinger in der
offenen Tür seines Preßhauses stehen. „Das erste Gewitter, Herr Inspektor! Der
Sommer kommt.“
Polt wischte sich mit einem Taschentuch den Regen
aus dem Gesicht und schlug die Uniformmütze gegen den Balken der Weinpresse.
„Kellerarbeit, Herr Schachinger?“
„Nicht wirklich. Ein paar Flaschen sollte ich
etikettieren, aber das hat keine Eile. Ich hab's zu Hause nicht mehr
ausgehalten. Gehn wir in den Keller?“
„Nichts lieber als das.“
Inspektor Polt konnte sich gut an Schachingers
unterirdisches Reich erinnern. Die Kellerröhre drang stark gekrümmt in die
Tiefe vor und endete in einer Art Höhle, in der ein Tisch und Sessel standen.
Vor gut zwei Jahren war Polt hier mit vier Weinbauern zusammengesessen. Alle waren
sie damals des Mordes an Albert Hahn verdächtig gewesen, auch der Schachinger.
Der Weinbauer öffnete eine schlanke Flasche. „Der
ist was für uns, Inspektor, gerade erst abgefüllt. Ein leichter, frischer Wein,
goldrichtig für einen Tag wie heute.“ Er füllte die Gläser. Simon Polt hielt
seines gegen das Licht. „Da steckt ein prächtiger Sommer drin“, erinnerte er
sich.
„Ja, aber auch ein Herbst zum Fürchten“, ergänzte
der Schachinger. „Ich kann mich nur darüber wundern, daß der Wein so geworden
ist, wenn ich daran denke, wie die Trauben ausgeschaut haben.“ Die beiden
kosteten. Polt legte beifällig den Kopf schief. „Ein Welschriesling?“
„Alle Achtung. Wenn Sie als Gendarm auch so treffsicher
sind...“
„Oh je. Derzeit bin ich eher eine Zielscheibe, aber
lassen wir das.“ Polt trank sein kleines Glas leer. Schachinger nahm einen
Weinheber vom Haken. „Jetzt ist ein Weißburgunder dran. Den habe ich noch im
Faß, ist lange auf der Mutter gelegen.“
„Auf wem bitte?“
„Auf der Hefe, Inspektor. Die Trauben sind sehr reif
gewesen, und die Gärung hat lange gedauert. Da läßt man ihn dann besser liegen
und rührt ihn immer wieder auf, das harmonisiert die Säure. Haben die Alten
auch schon so gemacht.“ Schachinger füllte den Weinheber. Polt beobachtete
ihn, wie er auf der Leiter stand und sein Körper einen Bogen zwischen die
Wölbung des Kellers und die Rundung des großen Fasses zeichnete. Er fragte
sich, ob dieses Bild nicht eigentlich schon von gestern war. „Es geht nichts
über einen schönen Faßkeller“, sagte er, als die Gläser wieder gefüllt waren,
„zum Teufel mit Plastiktanks und Stahlbehältern.“
Der Schachinger drehte sein Glas zwischen den Fingern.
„Ich weiß nicht, wie das werden soll. Vor ein paar Wochen ist der Wurm Walter
gestorben. Glauben Sie, daß irgend jemand seiner Witwe die Fässer abnimmt? Ja,
Wiener wollen den Keller und das Preßhaus haben, als billiges
Wochenendquartier. Aber was ich Ihnen erzählen wollte: Meinem Buben, dem Peter,
geht's besser. Ich habe schon geglaubt, daß ihn der Hahn, diese Drecksau, fürs
Leben ruiniert hat, als er ihn damals gewaltsam in den Keller gezerrt hat.
Aber er lernt jetzt ganz gut und hat auch wieder Freunde gefunden. Da ist
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