Blumen Für Sein Grab
gepolstert gewesen war, doch davon war auf den abgewetzten Sitzflächen nichts mehr zu sehen. Ein Gasfeuer in einem Kamin ließ das Zimmer mit seinem orangefarbenen Schein ein wenig freundlicher aussehen.
»Ich habe überall angerufen.« Molly warf sich in einen der Sessel.
»Ich habe gefragt, ob die Leute kommen und ihre Haustiere abholen können. Die meisten können nicht. Natürlich nicht; könnten sie ihre Tiere mit nach Hause nehmen oder wären sie überhaupt zu Hause, würden sie ihre Lieblinge bestimmt nicht hergebracht haben. Aber ich bin allein, und ich schaffe die Arbeit nicht! Außerdem ist mir nicht besonders danach, um die Wahrheit zu sagen.« Zu hören, wie diese tapfere Frau eingestand, dass sie nicht im Stande war, allein klarzukommen, war in Merediths Ohren eines der traurigsten Geständnisse, die sie jemals gehört hatte.
»Das tut mir sehr Leid, Molly«, war alles, was sie sagen konnte.
»Wenn es Ihnen hilft, führe ich die Hunde für Sie spazieren.«
»Danke, gerne. Möchten Sie einen Drink?« Das Angebot bezog sich eindeutig auf Alkohol, doch Meredith sagte:
»Ich könnte uns einen Tee kochen, wenn Sie möchten.«
»Wie Sie meinen.« Ein wenig später kehrte Meredith mit einer Kanne Tee zurück. Aufmunternd sagte sie:
»Ich bin sicher, dass die Polizei Martin irgendwann findet. Wenn nicht die englische, dann die französische. Sie wurde informiert.« Molly schüttelte halsstarrig den Kopf.
»Ein gejagter Fuchs verkriecht sich unter der Erde.« Sie hob die geröteten, doch immer noch scharfen Augen und sah Meredith ins Gesicht.
»Und genau das hat er auch getan. Er läuft nicht davon. Er ist irgendwo untergetaucht und wartet ab, bis der Aufruhr sich gelegt hat und die Suche nach ihm eingeschlafen ist. Bis die Hunde wieder an die Leine genommen werden. Ich habe darüber nachgedacht, und so würde ich es an seiner Stelle machen.«
»Sie könnten Recht haben«, antwortete Meredith vorsichtig.
»Aber wo soll er untertauchen? Er ist ein Fremder, ein Ausländer. Er hat keine Freunde hier.«
»Er kann sich überall verkriechen! In den Wäldern, in einem leer stehenden Haus. In dieser Gegend gibt es reichlich verlassene Farmen, alte Scheunen, baufällige Landarbeiterhäuser! Ich habe es Selway gesagt, und er meint, er würde es überprüfen. Aber er kann sie nicht alle überprüfen! Er weiß überhaupt nicht, wo sie alle stehen oder wie viele es gibt! Niemand weiß das!« Molly trank von ihrem Tee.
»Aber falls er sich noch in der Nähe herumtreibt, dann werde ich ihn finden!«
»Machen Sie keine Dummheiten, Molly!« Molly funkelte Meredith über den Rand ihrer Tasse hinweg an.
»Warum nicht? Was bleibt mir denn noch außer meiner Rache? Mein Ehemann ist vor Jahren davongelaufen. Ich habe Nevil ganz alleine großgezogen. Wir sind immer irgendwie zurechtgekommen. Wir waren Freunde, nicht nur Mutter und Sohn, bis diese Frau …« Sie stotterte in ihren Tee und verstummte. Sie meinte natürlich Rachel. Doch in Wirklichkeit war Rachel nur der Katalysator gewesen, der Nevils unterdrückte Gefühle zum Ausbruch gebracht und zu einem unbedeutenden Akt von Boshaftigkeit geführt hatte. Doch Molly brauchte jemanden, dem sie die Schuld geben konnte. Jemanden, der nicht sie selbst war.
Früh am folgenden Morgen bog ein alter klappriger Lieferwagen in die Auffahrt von Malefis Abbey. Am Steuer saß der Schriftführer des einheimischen Vereins der Vogelfreunde.
»Wo sind sie denn, die kleinen Racker?«, erkundigte sich der wackere Mann, während er einen Stapel Schuhkartons mit Luftlöchern in den Deckeln aus dem rostübersäten Vehikel lud.
»Ray!«, rief Meredith.
»Das kannst du nicht machen! Das sind Alex’ Kanarienvögel!«
»Und ob ich das kann! Wer soll sich um die Tiere kümmern? Ich werde es bestimmt nicht tun! Sie bekommen alle ein gutes neues Zuhause. Sie werden schließlich nicht eingefangen und abgeschlachtet! Bitte hier entlang, Mr. Eagleton.«
»Das ist doch nicht sein richtiger Name, oder?«, zischte Meredith, während sie Rachel in die Orangerie folgte.
»Ich werde oft wegen meines Namens auf den Arm genommen«, sagte Mr. Eagleton, der ein außerordentlich gutes Gehör besaß.
»Ich bin daran gewöhnt. Ah, da seid ihr ja, meine kleinen Hübschen! Eine wundervolle Sammlung, die Ihr verstorbener Gemahl da hatte, Mrs. Constantine.« Er verstand sein Fach, und innerhalb einer halben Stunde saßen sämtliche Vögel in ihren Schachteln. Kaum waren die Vögel fort, wurden eine Leere
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