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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Stirn gegen die Wand. Schließlich trieben sie ihn ins Freie hinaus. Sie bemerkten den Zigeuner, einer von ihnen lachte dröhnend, ein Gewehrkolben traf die Schulter des Woiwoden, dem der Schmerz das Gesicht verzerrte, sein Arm wurde taub. Trotzdem lächelte er, als hätte er den Mund voll Honigbrei. Er verengte die Augen und erkannte den Kerl, es war der Österreicher, der ihn am Tag ihrer Ankunft auf dem Hauptplatz in den Hintern gestochen hatte. Ein blonder Hüne, wieder hatte er ihm wehgetan.
    Ich werde dich umbringen, sagte er in der Zigeunersprache und verbeugte sich demütig.
    Was laberst du, stinkender Zigeuner?!
    Ich reiße dir das Herz heraus, grinste Gilagóg, und mit einem Mal erschrak er mehr vor sich selbst als vor dem Österreicher, denn alles, was er einmal ausgesprochen hatte, musste er auch tun. Jetzt musste er auf seine Worte mehr achtgeben als auf sein Gold!
    Imre grinste ebenfalls breit.
    Er wünscht Ihnen ein langes Leben und Gesundheit, Herr Offizier, sagte er.
    Steh auf!, bedeutete der Soldat dem Zigeuner.
    Gilagóg erhob sich langsam, er hätte sich wegducken können, doch er wusste, dass er sich besser nicht widersetzte. Von dem Schlag kippte Gilagógs Kopf zur Seite. Auch Imre stand auf.
    Lassen Sie das!, sagte er leise.
    Wer sind Sie? Die kalten blauen Augen sahen ihn an.
    Mein Name ist Imre Schön.
    Ich heiße Vogel, sagte der andere, haben Sie es sich gemerkt?
    Sie heißen Vogel, ich habe es mir gemerkt.
    Der nächste Schlag traf ihn, er klammerte sich an die Tischkante, um nicht hinzustürzen. Blut tropfte ihm auf die Hand, offenbar aus der Nase.
    Merk dir, wer keine Angst hat, dem tu ich nie etwas. Ich schlage nur die, die schon zittern. Und du, er stieß ihn gegen die Brust, hast Angst.
    Imre antwortete nicht. Der Soldat musterte sie zufrieden, dann trat er zum nächsten Tisch. Nach einigen Minuten schloss sich die Tür. Jemand seufzte, Frau Léni wischte das Blut auf. Ein Landwirt fluchte leise. Ein langer, gebeugter Mann erhob sich, in seinen Augen blitzte es kämpferisch, er schlug mit der Faust in die Luft, das ist einfach unerträglich, zischte er, dagegen muss man bitte sehr etwas tun. Das ist, bitte sehr, …
    Aber setzen Sie sich doch, Kigl!, wies ihn eine volltönende Bassstimme zurecht, die kommen zurück und schlagen Ihnen die Nase zu Brei!
    Der Redakteur setzte sich unverzüglich und griff nach dem Glas. Ein verächtliches Lächeln lief über sein Gesicht, als würde er denken, unter was für feiges Volk er geraten war.
    Kigl konnte auch dann schreiben, wenn um ihn herum gelärmt wurde, man ihn gegen die Schulter stieß, wenn er angeredet wurde, antwortete er sogar. Er gehörte zu den Leuten, die alles wissen, was man wissen muss, er wusste, wo die besten Zigarren und der beste Tabak zu bekommen waren und wann es sich lohnte, das städtische Dampfbad zu besuchen, weil sich gerade die besten Debattierer im Becken aufhielten, er wusste, wann es eine niveauvolle Theateraufführung gab und wanneine miserable und warum ein Gedicht fortschrittlich war. Er verkündete, dass es Leben auf dem Mond gab! Die Engländer hätten unter der Führung eines gewissen Yellow-Smith heimlich eine Kanonenrakete hinaufgeschickt. Er wusste, warum die ungarische Revolution gescheitert war und in welcher Scheune der ungarischen Puszta sich Petőfi verbarg. Er wusste von Wurzelmama und von Nero Koszta, er kannte die Legenden rund um den Grasmusikanten. Nur wo sich sein Sohn befand, wohin ihn die Kämpfe verschlagen hatten, wusste Kigl nicht. Sein Sohn war im Süden verschollen, und seitdem trank der Redakteur mehr als zuvor. Während der Revolution hatte Kigl eine Zeitung herausgegeben, die Szegeder Nachrichten, die jedoch nach der Kapitulation eingestellt wurden. Es ging das Gerücht, dass Kigl die Zeitung bald wieder erscheinen lassen wolle.
    Der Woiwode kniff die Augen zusammen, er wollte mehr sehen. Dabei hatte er sich schon unter seinen Leuten entdeckt. Er war es und auch wieder nicht, es kam ihm vor, als würde er durch einen geriffelten Wasserspiegel blicken. Verlegen zupfte er an seinem Schnurrbart, Imre lächelte, sieh hier, deutete er, und Gilagóg staunte, denn dort, wo Somnakaj hätte stehen sollen, waren nur die Umrisse einer Blume zu erkennen.
    Was ist das für ein Zauber?!
    Das ist kein Zauber.
    Schick deine Tochter zu uns, Gilagóg. Sie heißt Somnakaj, nicht wahr? Lass sie in mein Haus, ich werde auf sie achtgeben. Ich lehre sie leben.
    Sie lebt doch, schüttelte der Woiwode den

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