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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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flüsterte Imre, warf sich den Morgenmantel über und lief aus dem Schlafzimmer, mit zitternden Fingern stöberte er nach einem Glas und stakste erst zurück, nachdem er es in einem Zug geleert hatte.
    Ich bitte dich inständig, sei vernünftig!, flüsterte er und zweifelte nicht, dass er die Lage damit nur verschlimmerte. Er wusste, es war sein Fehler, denn in ihrem bald zwei Jahre dauernden Ringen hatte er den Realitätssinn verloren. Auch er hätte Fragen gehabt, er hätte sie vielleicht auch beantworten können, doch das wollte er nicht mehr. Ob Adam tot war? Ja, er war sicherlich tot. War Adam der Geliebte seiner Frau gewesen? Ja, schon möglich, es war etwas zwischen ihnen passiert, vielleicht etwas Bedeutungsvolleres als die Abenteuer, die der Körper zu bieten hat. War Adam sein Halbbruder? Ja, wahrscheinlich war er das, doch was für eine Verantwortung könnte er anstelle seines Vaters tragen, der sich dafür, dass man ihn zugrunde gerichtet hatte, revanchierte, indem er andere zugrunde richtete? Was wollte Klara von Adam? Suchte sie in ihm das, worüber weder er noch Peter verfügte, diese zögerliche und doch berauschende Leichtigkeit, mit der seine eigene Umständlichkeit und Peters Schwere nicht konkurrieren konnten? Faszinierte Klara Adams Einsamkeit, sein Schmerz und sein Leiden?! Wirklich?! Wie er das satt hatte! Er war nicht fähig, seiner Frau zuzuhören. Er sahund hörte sie gar nicht, und alles, was er an ihr wahrnahm, war die erbitterte Anstrengung seiner Phantasie, es war ein anderes Wesen, das er niederzuringen, zu zähmen hatte, dem er, und sei es mit Gewalt, den eigenen Willen aufzwingen musste. Nach Adams Tod beanspruchte Klara das alleinige Recht zu trauern. Das Schlimmste war, dass sie recht hatte.
    Nein, sagte Klara, und er senkte nur den Kopf.
    Einmal fiel sie ohne ein Wort über ihn her und biss ihn in die Schulter. Die Wildheit ihres stummen Zorns war furchterregend.
    Er eilte zu Gilagóg, als würde er fliehen. Es war Vormittag, die düsteren, fetten Wolken verschlangen einander, die Zigeuner feierten irgendein Fest, sie aßen, tranken, vergnügten sich. Als der Woiwode Imre sah, nickte er ihm zu und nahm einen kräftigen Schluck aus der grünbäuchigen Flasche. In einer Ecke des Hofs wurde ein Lamm gebraten, langsam drehte es sich um die eigene Achse. Eine Frau begoss es mit Bier und summte dabei. Imre setzte sich neben Gilagóg, seit Somnakajs Genesung war der Zigeuner freundlicher.
    Seine Tochter phantasiere keinesfalls, sagte er. Dieser Bursche sei in ihr Lager gekommen, müde und zerschlagen sei er gewesen, Wunden hätten seinen Körper verunziert, trotzdem habe sein Blick geglänzt. Er sei wohl kein alltäglicher Mensch gewesen! Wurzelmama wie auch Herr Wurm und Herr Blatt hätten ihn begleitet. Der Woiwode drückte Imre einen Becher in die Hand, der Wein war sauer, tat aber gut. Gilagógs Augen glänzten glasig, seine Sätze beendete er mit Schlucksern. Einige Burschen zeigten auf sie und lachten wiehernd. Imre bemerkte es. Einen Woiwoden zu verspotten gehörte sich nicht. Neben dem Lagerfeuer tanzte Barka, ihr Haar wirbelte gleich einer schwarzen Sturzflut, nicht weit von einer hölzernen Wiege winselten die Zwillinge wie Hunde. Zwei junge Männer malträtierten Geigen mit monotonen, eingelernten Bewegungen, eine Frau schüttelte lachend ihre Rassel, sie löste ihr rotes Kopftuch und schloss sich dem Tanz an. Imre sah hilflos zu, Barka winkte,er solle kommen, mit ihr tanzen, sie schüttelte ihre Brüste, schob den Schoß vor, zeigte die Hinterbacken. Sie ist eine gute Liebhaberin, nur etwas wild, brummte der Woiwode. Mit den Zwillingen werde ich noch mein Kreuz haben, setzte er hinzu und lachte auf, Barka spuckte aus, die Zwillinge begannen zu brüllen. Gilagóg ging ins Haus und holte den Wahrhaftigen, er ließ ihn wie ein Kind auf dem Schoß sitzen. Er sog sich mit Luft voll und prustete Habred an, damit seine Knochen nicht so leuchteten. Das blaue Licht wurde grau, und Gilagóg nahm ihm das Tuch vom Mund.
    Gebt mir Geld!, ächzte Habred sofort.
    Wir geben dir welches, Bruder, der Woiwode gab ihm zu trinken, den ganzen Becher Wein goss er in das runzelige Gesicht hinein, der rote Saft floss dem Wahrhaftigen den Hals hinunter, er drohte zu ersticken, schluckte aber fleißig. Imre sah zu, als sähe er ein Märchen. Der Wahrhaftige rülpste.
    Gebt mir Geld!, stotterte er mit schwerer Zunge.
    Gebt mir Geld!
    Imre erhob sich, um zu gehen.
    Der Woiwode rief ihm nach.
    Pass auf

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