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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Scham umkehren wollte, weil er seit Minuten feige und hilflos dastand, hörte er, dass drinnen im Haus gestritten wurde. Er wusste, dass Imre nicht zu Hause war, er hatte ihn ja wenige Minuten zuvor weggehen sehen, in seinem leichten weißen, hinten gespaltenen Überzieher wirkte er auch jetzt fremd auf ihn. Dieser Mensch war wirklich sein Bruder? Na und, wenn schon. Er redete ihn nicht an, wollte nicht mit ihm sprechen. Doch dass Klara nicht allein war, hatte er nicht gewusst. Eine ärgerlich knurrende, drohende Stimme kam durch das offene Fenster. Klara antwortete mit kurzen Sätzen, das Dröhnen von Eisenschien mit dem Rieseln von Perlen zu streiten. Dann wurde es still. Einige Augenblicke später rannte Peter Schön wutschnaubend aus dem Haus, schlug das Tor hinter sich zu und brüllte. Als Echo ertönte ein scharfer Pfiff. Einen Steinwurf entfernt, beim Tor des Nachbarhauses wartete eine stoppelbärtige, dunkelhäutige Gestalt auf ihn − Pietro, der lange nicht gesehene seltsame Italiener. Adam war sich nicht sicher, ob Pietro ihn bemerkt hatte. Der Italiener war schlau, Adam hatte ihm seine Gemütlichkeit nie wirklich geglaubt, vielleicht suchte er deshalb seine Gesellschaft. Doch die beiden gingen bereits davon. Es sah so aus, als würde Pietro von einem Riesen begleitet, und da fiel Adam die Prophezeiung des Italieners ein.
    Im nächsten Moment beugte sich Klara aus dem Fenster und sah Peter mit höhnischem, bitterem Blick hinterher, Adam trat vor, sagte aber nichts. Ihre Augen weiteten sich, sie lachte unbefangen auf.
    Kommen Sie, kommen Sie bitte herein!
    Adam stieg langsam die Treppe hinauf, vor der Tür zögerte er. In der Wohnung roch es süßlich nach Erde, wie an jenem Januarmorgen, als er zuletzt hier gewesen war. Er nahm auch einen langsam auskühlenden und verfliegenden, störrischen Männergeruch wahr, der noch vor einigen Minuten alles hier beherrscht hatte, offenbar die Ausdünstung Peter Schöns.
    Er wollte, dass ich mit ihm durchbrenne, sagte Klara lächelnd.
    Doch Sie wollten nicht, sagte Adam. Er stand linkisch in der Diele. Klara winkte ihm, ihr zu folgen.
    Glauben Sie bloß nicht, dass er wirklich böse ist. Er spielt nur. Peter ist klug! Er spielt immer das, was notwendig ist, sie schnitt eine Grimasse. Sie traten in den Salon.
    Ich kann nicht spielen, sagte Adam.
    Sie müssen auch nicht, antwortete Klara.
    Im hinteren Zimmer begann der Kleine zu weinen und verstummte gleich wieder. Die Tür war offen, Klara stand schon auf der Schwelle, Adam hatte nicht den Mut, näher zu treten.
    Ich verstehe überhaupt nichts mehr, er schüttelte den Kopf.
    Dann ist es ja gut, sagte Klara und wandte sich wieder ihm zu. Besser, Sie verstehen nichts! Wollen Sie sich nicht setzen?
    Verlegen verneinte Adam, dann setzte er sich und legte die Hände auf die Knie.
    Das letzte Mal … haben wir uns geduzt, wenn ich mich richtig erinnere.
    Klara sah ihn aufmerksam an, wann war das?
    Als … als ich sehr krank war.
    Als Sie krank waren, haben Sie sehr schöne Sachen gesagt.
    Nein, nein, protestierte Adam, ich habe sicher nur wirr geredet.
    Sie haben mir von einem Schwan erzählt!
    Es ist so schwer … etwas zu sagen, Adam senkte den Kopf.
    Dann sagen Sie nichts.
    Klara lachte auf.
    Wissen Sie was, Sie machen, was Sie wollen. Sie machen, wozu Sie Lust haben! Und ich auch!
    Nun senkte sich leichter, wirbelnder Nebel über Adams Augen. Er holte tief Luft, rieb sich das Gesicht, ihm ging durch den Kopf, dass er ohnmächtig werden, vor ihr zusammensacken würde, und wie peinlich das wäre. Er stand auf, setzte sich wieder. Klara lächelte ihn an, dadurch wurde das Wirbeln noch leichter. Gut, er würde nicht ohnmächtig werden, sich keine Schande machen. Klara schnappte sich ein Buch und begann zu lesen, als wäre er nicht da. Adam staunte, er wagte nicht, sich zu rühren. Was ging hier vor?! Auf Klaras Gesicht fiel ein Schatten, draußen zogen Wolken auf, sie blätterte, dann schlug sie die Seiten zurück und ließ das Buch in den Schoß fallen. Sie blickte über Adams Schulter hinweg. Später stand sie auf, öffnete die Tür der Vitrine und ließ Likör in blumengemusterte Gläser rinnen, eines reichte sie Adam, das andere trank sie selbst aus. Tiefe Stille umfing sie, schwer und drückend. Der Likör schmeckte eher bitter als süß. Klara sagte nichts, sie ging hinaus, ihr Summen klang aus dem Nachbarzimmer herüber. Sie kam bald wieder zurück, die Stirn gerunzelt, als sei ihr etwas Unangenehmeswiderfahren. Dann

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