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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Imre, du sagst etwas anderes, antwortete er trocken, indem er ihn zum ersten Mal duzte, du wirst einmal über mich sprechen. Lange und wunderschön wirst du über mich sprechen, und ich weiß nicht, wo ich dann sein werde, nirgends mehr, und doch werde ich bei dir sein.
    Imre schüttelte den Kopf, als verstünde er nicht.
    Adam hatte lange nicht mehr so viel geredet, nun war er müde. Wir reden, schwätzen etwas, und doch bleibt nur die Hoffnungslosigkeit. Wer du bist, was du bist, es ist unwichtig. Imre betrachtete nur sein müdes Gesicht, wie ihm der Wind das Haar zauste, dann warf er einen Blick auf die kleine Gruppe von Offizieren, die in der Nähe zusammenstand, bevor er wieder Adam ansah.
    Ich will nicht aufdringlich sein, aber wenn du irgendetwas brauchst … er konnte den Satz nicht beenden.
    Das, was ich brauche, können Sie mir nicht geben.
    Gut, aber auch dann bist du mein Bruder, sagte Imre Schön leise.
    Adam zuckte die Achseln, ich habe zu tun, er überließ Imre sich selbst. Als er über den Hof ging, war ihm, als würde ihm das Herz brechen.

Dreiunddreißig Wunden und das glückliche gemeinsame Leben
    Die Stadt erlebte schwere Tage, der Krieg war aussichtslos, und Anfang Juni wurden die Ärzte von verdächtigen Fällen alarmiert. Doktor Schütz hielt sich den Kopf vor Wut, die vertrocknete alte Frau, die neben dem Minoritenkloster wohnte, lag in den letzten Zügen. Sie hatte Cholera. Die Seuche begann wieder zu wüten, aus den nördlichen Stadtbezirken wurden Fälle gemeldet, aber auch aus der Unteren Stadt oder aus Tápé. Von wo die Cholera eingeschleppt worden war, ließ sich nicht feststellen. Vielleicht aus dem Süden, vielleicht hatten Familien, die vor den Russen flohen, sie aus Siebenbürgen mitgebracht, vielleicht musste sie auch gar nicht eingeschleppt werden, sondern hatte sich Ende letzten Jahres nur verkrochen, hatte nur Kraft gesammelt, um erneut Verheerungen anzurichten.
    Am zwölften Juli hielt Kossuth zum zweiten Mal in Szeged Einzug, diesmal hatte er gleich die Regierung mitgebracht, er verhandelte mit irgendeinem rumänischen Politiker und richtete abermals das Wort an die Stadt. Der vom Balkon des Kárász-Hauses sprechende Reichsverweser wurde mit solchem Jubelgeschrei empfangen, als hätte er die Siegesnachricht gebracht. Kossuth sprach nicht so weihevoll wie im Oktober des Vorjahres. Wenn die Menschen hinter seine Worte blickten, sahen sie die nahende Dunkelheit. Adam mischte sich unter die Menge, er musste ständig lächeln. Die Gebäude der Stadt waren beflaggt, Fackelschein schwankte, in den Fenstern blinkte Kerzenlicht, Musik schmetterte. Wieder strömte das Volk ins Freie, Arme und Wohlhabende, Soldaten und Bürger, viele diskutierten über das Gesetz zur Gleichberechtigung der Juden, man hätte den Moses-Gläubigen die Emanzipation nicht zugestehen dürfen, darunter würden die Ungarn noch zu leiden haben. Wie gewöhnlich interessierte Adam auch das nicht. Imre und Klara tauchten nicht auf, vergebens stand er vor ihrem Haus herum.
    In der Stadt tagte die Nationalversammlung, Szeged glich einem Kranken im Fiebertraum. Die Menschen waren laut, auf den Straßen bildeten sich spontane Grüppchen, sie disputierten und ereiferten sich. Als wüssten sie, dass sie nicht mehr lange an dergleichen teilhaben würden, doch noch einmal, zum letzten Mal, mussten sie sich glauben machen, dass sie siegen konnten. Dabei hatten sie nicht ein Fünkchen Hoffnung, nur konnte man sich mit gesundem Verstand nicht mit der Niederlage abfinden. Sie konnten nicht glauben, dass es nur noch darum ging, in welcher Form die Bestrafung über sie hereinbrechen würde. Die Russen fraßen sich nach Nordungarn und Siebenbürgen hinein, der Hufschlag der Kosakenpferde kam dröhnend näher, hinter ihnen keuchten die Tscherkessen, die den Namen Allahs schrien, wenn sie in den Kampf stürmten. Jene Szegeder Bürger, die für den Frieden eingetreten waren und die man während der Revolution so oft gedemütigt und verspottet hatte, die man eingesperrt und bei Wasser und Brot hatte schmachten lassen, sie gingen jetzt mit vielsagender Miene auf der Promenade spazieren, als seien sie davon überzeugt, dass es bald Bedarf nach ihrer Arbeit und ihrem Sachverstand geben würde.
    Es war Ende Juli, welcher Tag, wusste Adam nicht genau, es interessierte ihn nicht. Wann immer möglich, ging er zum Haus Klaras und wartete, doch den Mut, an das Tor mit dem grünen Rahmen zu klopfen, hatte er nicht. Als er einmal schon voll

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