Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
Vom Netzwerk:
und breitete die Arme aus, wie wahr, alles geht zugrunde, was kann man tun, Amen.
    Der Priester wies mit einer ausladenden Bewegung um sich und sprach weiter.
    Doch im Himmelreich werden wir neu geboren! Hier im Staub der Erde sind wir nur zu Gast, deshalb ist unsere heiligste Aufgabe, uns in Würde auf die ewige Seligkeit vorzubereiten, die uns erwartet! So wie unsere teure Hingeschiedene!
    Wir nehmen Abschied von dir, unserer Schwester!
    Wir nehmen Abschied von dir, Klara!
    Entsetzt umklammerte Pelsőczy den Arm des Mädchens, doch sie bedeutete ihm, es ist nichts passiert, Papa, es ist nichts passiert! Auch ich bin ein bisschen mitgestorben, nicht nur du.So hatte es seine Richtigkeit! Erdklumpen polterten auf den Sarg, Pelsőczy räusperte sich und schwankte so sehr, dass zu befürchten stand, er könnte in die Grube stürzen. Das Mädchen schloss die Augen, und im Innern, in der durch die geschlossenen Lider geschützten Welt, die ihr allein gehörte, drängte sich das weiße Gesicht eines Jünglings hervor, der sie ansprach.
    Sei ganz ruhig, sagte er zu ihr.
    Liebe mich nur!

Der Tod eines Schwesterchens
    Der Vater roch wieder nach Alkohol, offenbar hatte er in Kleidern geschlafen, die Jacke war verknautscht, der Hemdkragen schmutzig. Unfrisiert und stoppelbärtig, mit schweren Tränensäcken im schmalen Gesicht, wartete er, bis Klara mit ihrer Morgentoilette fertig war und einen Schluck Milch und ein Stück Hefezopf verzehrt hatte. Dann nahm er sie wortlos bei der Hand, und sie verließen das Haus. Es war früher Morgen, Dunst legte die Straßen mit Watte aus. An einer Ecke blieb Pelsőczy plötzlich stehen, berührte ihr Haar und strich über die widerspenstigen Locken. Sie erschrak. Ob sie das blaue Seidenband, das sie in letzter Zeit trug, zu Hause vergessen hatte? Die Stadt war stumm, als wären alle fortgezogen, obwohl doch gewöhnlich um diese Zeit schon die Fuhrwerke rumpelten, die mit Gemüse, Obst und Fischen beladenen. Sie waren Richtung Theiß unterwegs, zwischen Häusern mit kleinen Fenstern, die sich wie Pilze aneinanderlehnten. In den Gärten krümmten sich Robinien gegen den Himmel, Flieder wucherte über die Zäune, in manchen Höfen trockneten Netze und Reusen. Nicht einmal die Morgenluft konnte den stickigen Geruch vertreiben, der aus den Häusern dunstete. Die Straßen liefen leer dem anwachsenden Licht entgegen, da und dort schlug ein Hund an und machte sich im nächsten Moment davon.
    Vor einigen Tagen hatte Klara gesehen, wie ein MädchenStockhiebe bekam. Es war eine öffentliche Züchtigung gewesen, das Mädchen mochte ungefähr so alt sein wie sie, es hatte sich verkauft. Klara hörte, wie die Leute flüsterten, Hure, Hure. Kleines Dreckstück, wiederholte ein Herr mit Zylinder immer wieder. Klara wurde wütend, sie verabscheute die Schaulustigen, die sich versammelt hatten, um der Züchtigung zuzusehen. Am nächsten Tag kam ein solcher Sturm auf, dass die gewaltige Scheune neben der Burg zusammenstürzte, die auch jenem Mädchen als Zuflucht gedient hatte. Was jetzt wohl mit ihr war, konnte man eine solche Prügelstrafe überleben? Sie selbst hatte ja noch nie Schläge bekommen. Ob sie auch nur eine weitere Ohrfeige ertragen würde?!
    Klara wurde beklommen zumute. Hier in der Nähe war sie vor Jahren mit der Mutter entlanggefahren, als auf einmal am Himmel Tausende von Vögeln durcheinanderwirbelten, hinter der nächsten Biegung sah sie zwischen Wasserläufen unzählige weiße Vögel ihr Gefieder putzen. Schatten huschten über den Wagen hinweg, sie schrien auf sie herunter. Es waren Möwen! Damals hatte sie es mit der Angst zu tun bekommen, wie jetzt auf dem Weg zum Schiff. Eine der Möwen flog tief und hackte nach ihr.
    Sie bogen um eine Ecke, und sogleich veränderte sich die Welt. Fensterläden einstöckiger Bürgerhäuser gingen auf, Kissen kamen an die frische Luft. Marktfrauen und Bauern hatten es eilig, sie schoben beladene Karren zum Hauptplatz, Korbflechter, Schilf- und Pantoffelverkäufer tauchten auf. Sie balancierten über die Planken des Hafens, das hätte lustig sein können, doch Klara war bange, sie reckte den Kopf. Schillerndes Licht ritzte den Dunst über dem Wasser, weiße Schatten, Möwen ließen sich mit der Strömung treiben, um dann ärgerlich kreischend zurückzufliegen. Ein paar Schritte entfernt ankerten Kähne, die mit Weizen beladen waren, lustlos klatschte das Wasser gegen ihre Bäuche. Klara klammerte sich an den Vater.
    Wo ist unser Schiff, Papa?!
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher